Putin-Lexikon
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Privater, politisch unabhängiger Presse-Blog zum Thema
Osteuropa und Russland
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PUTIN-LEXIKON:
BRISANTE AKTEURE DER PUTIN-ÄRA, DIE SCHLAGZEILEN ERZEUGTEN
K1
(Kab-Kal)
KABAEVA, Alina Maratovna
II III IV
V VI VII VIII IX X XI XII (bekannte ehem. russ.
Sportlerin, mehrfache russ. Meisterin, Europa- u.
Weltmeisterin in der Disziplin rhythmische
Gymnastik.
Ihr Vater Marat Kabaev ist tatar. Herkunft u.
ein Profi-Fussballtrainer u. ehem. Fussballspieler in
Usbekistan, wo Kabaeva auch geboren wurde. Ihre Mutter,
eine Russin, spielte in der nationalen
Basketball-Mannschaft von Usbekistan.
Dopingskandal u. Rücktritt: Ende Aug. 2001 waren
Alina Kabaeva u. ihre Konkurrentin Irina Chashchina bei
den "Goodwill Games" in Brisbane auf das
verbotene Diuretikum Furosemid positiv
getestet worden. Kabaeva wurde für ein Jahr gesperrt, ein
weiteres Jahr wurde ihr auf Bewährung erlassen. Die
Medaillen, die Kabaeva u. Chashchina bei den "Goodwill
Games" im Aug. u. bei der WM im Okt. 2001 in Madrid gewonnen
hatten, wurden von einer FIG-Kommission einkassiert.
Der Dopingfall war aufsehenerregend, weil es zuvor über
einen Zeitraum von 20 Jahren keinen einzigen positiven
Befund bei russ. Teilnehmerinnen an Wettkämpfen in dieser
Gymnastiksportart gegeben hatte, obwohl bei Hunderten von
Gymnastinnen aus der Sowjetunion u. aus Russland
Dopingkontrollen durchgeführt worden waren. In der Zeit
ihrer Dopingsperre von 2001-2 betätigte sich Kabaeva als
Sportkommentatorin des russ. Fernsehsenders "7 TV". Im
Okt. 2004 gab Kabaeva ihren Rücktritt vom Sport bekannt. Bei der EM 2007 in Baku,
Aserbaidschan; wurde u.a. Kabaeva
ausgewählt, um Russland zu vertreten. Am Vorabend des
Wettbewerbs zog sich Kabaeva jedoch verletzungsbedingt
zurück. 2007 beendete sie praktisch ihre
Sportkarriere. 2007 absolvierte sie in Abwesenheit die
"Moscow State University of Service" u. 2009 die nach
Lesgaft benannte "St. Petersburg State University of
Physical Culture". 2008 verteidigte sie ihre Dissertation
zum Thema "Inhalte der sportlichen u. gesundheitsfördernden
Phase des Trainings von Vorschulkindern in Rhythmischer
Sportgymnastik“ u. erhielt den Grad einer Kandidatin der
Pädagogischen Wissenschaften. Die
Pläne für Kabaevas Teilnahme an den Olymp. Spielen 2008
von Peking, VR China, wurden wiederholt angekündigt, aber
sie erfüllten sich nicht. Bei der Eröffnungsfeier zu
den Olymp. Winterspielen
2014 in Sotschi war Kabaeva russ.
Fackelträgerin. 2015 war sie Ehrengast bei der WM von
Stuttgart, Deutschland. 2017 war sie offizielle
FIG-Botschafterin für rhythmische Gymnastik bei der WM
von Pesaro, Italien.
2003 veröffentlichte die russ. Ausgabe des Magazins Maxim erotische Aufnahmen von Kabaeva.
2006 wurde sie von den Leserinnen des russ.
Frauenmagazins Glamour zur "Frau des Jahres", im
gleichen Jahr in die "Top 10 Sexy" in
der Kategorie Sport gewählt. 2011 erschien Kabaeva
auf dem Titelblatt von Vogue Russia. In der
Rangliste der "100 einflussreichsten Frauen Russlands“
belegte sie in der Zeitschrift Ogonjok vom März
2014 den 8. Platz.
Politik: 2001-5 war Kabaeva Mitglied des
"Obersten Rats" der Kreml-nahen Partei "Einiges Russland", danach bis 2007
Mitglied der "Gesellschaftl. Kammer RF", nahm aber
praktisch nicht an deren Arbeit teil. 2005 unterzeichnete
sie zusammen mit anderen Pop-
u. Sportstars einen "Brief zur Unterstützung des
Urteils gegen die ehem. Führer von Yukos", um so ihre Loyalität
gegenüber dem Putin-Regime zu beweisen. 2005
überreichte Präsident s. Vladimir
Putin Kabaeva den Orden "Für Verdienste um das
Vaterland IV. Grades". Ausserdem wurde sie mit
dem "Orden der Freundschaft" /2001/ sowie mit der
"Ehrenurkunde des Präsidenten RF /2013/ ausgezeichnet.
2007-14 war sie Abgeordnete der 5.
u. 6. Staatsduma RF für die Partei "Einiges
Russland" u. stv. Vorsitzende des Duma-Ausschusses
für Jugendfragen. In dieser Funktion stimmte sie 2012
für das umstrittene "Dima-Jakovlev-Gesetz", das
US-Staatsbürgern die Adoption russ. Kinder untersagt, u.
beteiligte sie sich an der Ausarbeitung des Gesetzes über „ausländische Agenten“
u. dem „Dima-Jakowlew-Gesetz“, das US-Bürgern verbietet,
russische Kinder zu adoptieren („Schurkengesetz“). 2008-14
war sie Vorsitzende des "Öffentl. Rats" der von s. Aleksej
Mordashov gegründeten "Nationalen Mediengruppe" NMG,
eines Kreml-nahen Medienimperiums, dem Dutzende
Presseorgane angehören, u.a. die Zeitung Isvestija, die Petersburger
TV-Station "5. Kanal", der "Erste Kanal" sowie "REN-TV". Im Sept. 2014 kündigte
Kabaeva die Niederlegung ihres Mandats in der Staatsduma
an, um den ihr angebotenen Verwaltungsratsvorsitz in der
NMG zu übernehmen. Die
Entscheidung der berühmten Duma-Abgeordneten, ihr Mandat
vorzeitig aufzugeben, sei völlig überraschend gekommen, hiess es in der russ. Presse.
Offenbar habe Kabaeva das Geschäft der parlamentar.
Tätigkeit vorgezogen. Die Eigentümer der von Putin-Leuten
konrollierten NMG sind einerseits die "Bank Rossija" von s. Jurij Kovalchuk
sowie die von Mordashov geleitete "Severstal Group", "Surgutneftegaz", "Sogaz", wo der Sohn von s. Sergej
Ivanov eine führende Position innehat/te, u. nicht zuletzt
"Gazprom"
selbst. Als Vorstandsvorsitzende ersetzte Kabaeva bei NMG
Kirill Kovalchuk, den Neffen von Jurij Kovalchuk u. Sohn
seines Bruders Mikhail, der das "Kurchatov Institut"
leitet. Innerhalb der NMG war sie ab 2016 Vorsitzende des
Direktionsrats der Zeitung "Sport Express AG". Seit April 2018
führt sie die eigene "Stiftung Anna Kabaeva" als
Generaldirektorin.
Privates u. Beziehungen zu Putin: Bis
2002 war Kabaeva eine gläubige Muslimin. 2003 wurde berichtet,
dass sie zum Christentum konvertiert sei. 2002-6 hatte Kabaeva
eine Affäre mit einem Polizeihauptmann namens David Museliani,
der damals stv. Leiter der Presnenskoe-Polizeibehörde in
Moskau war. Anfang 2006 trennte sich das Paar. 2008 berichtete
die russ. Zeitung Moskovskij
korrespondent, dass der russ. Präsident V.
Putin sich von seiner Frau Ljudmila habe scheiden lassen u.
Alina Kabaeva heiraten werde. Diese
Nachricht wurde im Westen auch von Spiegel, Stern, Die
Welt u. Die Presse verbreitet. Die
Pressesprecherin Kabaevas, E. Ovchinnikova, sagte, Kabaeva
werde diese Nachricht nicht kommentieren u. verlangte, dass
die Zeitung einen Widerruf abdruckt. Im April sagte Putin
auf einer Pressekonferenz in Sardinien als Antwort auf eine
Frage über die Veröffentlichung im Moskovskij
korrespondent, dass in dieser Geschichte „kein
einziges Wort der Wahrheit enthalten" sei. Nach
der Veröffentlichung dieser Story
wurde Moskovskij korrespondent
wahrscheinlich auf Druck der Sonderdienste des Kremls
eingestellt.
2010 verbreiteten Medien erneut Gerüchte über eine geheime
Hochzeit von Putin u. Kabaeva.
2013 wurden in New York Post
u. Paris Match entsprechende Informationen
über die private Verbindung zwischen Kabaeva u. Putin
veröffentlicht. Kabaeva selbst äusserte sich öffentlich
nicht zu diesem Thema, ausser in
einem Interview mit dem Sportmagazin Bolshoj
Sport von
2013, in dem sie sagte, dass sie keine Kinder habe.
Nach 2015 verschwand Kabaeva aus dem öffentl. Rampenlicht,
nahm nicht mehr an gesellschaftl. Anlässen teil, gab keine
Interviews mehr u. war nicht mehr im TV zu sehen. Vor ihrem
Verschwinden gab sie noch an, dass sie einen Mann
kennengelernt habe, den sie sehr liebe. Über die angebliche
Liebesbeziehung Kabaevas mit Putin, von der laut John Sweeney
im Buch "Der Killer im Kreml", S. 162, s. Natalja Pelevina
erstmals erzählte, existieren nur unklare, konfuse
Informationen, die möglicherweise teilweise stimmen oder
aber auch jeder Grundlage entbehren. Angeblich haben sie
mehrere Kinder miteinander. Zuerst hörte man davon, dass um
2007 ein Sohn geboren worden sei, zumal damals im Internet
einschlägige Fotos auftauchten. Laut Pelevina soll Kabaeva
zwei Jahre später einen weiteren Sohn bekommen haben.
Irgendwann soll sie in einer Moskauer Klinik, wo sonderbare
Vorkommnisse stattfanden, während Kabaeva sich dort
aufgehalten haben soll, sogar Zwillinge geboren haben. Die
Zeitung Moskovskij
korespondent, die dem ehem. KGB-Oberst s.
Aleksandr Lebedev gehörte, meldete im April 2008, dass
Kabaeva mit Putin verlobt sei, obwohl Putin zu dieser Zeit
offiziell noch mit Ljudmila verheiratet war /die Scheidung
wurde erst 2013 vollzogen/. Die Verlobungsmeldung wurde vom
Kreml dementiert, das Blatt geschlossen u. Lebedevs Bank
wurde bedroht, sein Vermögen stark entwertet. Im März
2015 vermeldeten CH-Medien, v.a. Blick, NZZ u. Tessiner Blätter, dass
Kabaeva in diesem Monat in der Luxusklinik Sant´Anna in
Lugano-Sorengo, Schweiz,
ein Mädchen zur Welt gebracht habe.
Die Klinik soll Putin von s. Silvio Berlusconi empfohlen
worden sein, in der auch einige seiner Enkel zur Welt kamen.
Man habe die Frau im Tessin gesehen. 2019 war
von der Geburt von männlichen Zwillingen die Rede, die
sie im Moskauer Kulakov-Forschungszentrum für
Geburtshilfe auf die Welt gebracht haben soll. Von einer
Vaterschaft war nichts zu erfahren. Insgesamt soll Putin
also 7 oder 8 Kinder mit 3 Frauen - Ljudmila Putina, s.
Svetlana Krivonogich u. Alina Kabaeva - haben, aber das
blieben Spekulationen u. Gerüchte, u. niemand von den
direkt Betroffenen hat jemals bestätigt - oder
dementiert, bestritten oder geleugnet, was effektiv
passiert oder nicht passiert sein soll.
Lediglich Putin-Sprecher s. Dmitrij Peskov, der für seine
Abstreitungspraxis international berüchtigt ist, sagte
gegenüber Forbes, dass nichts an den Gerüchten
dran sei. Die russ. Botschaft in Bern sagte dazu, dass man
„nur
offizielle Meldungen kommentiere". Das Putin-Regime
behandelt solche Themen bekanntlich wie ein Staatsgeheimnis.
Im Aug. 2021 trat
Kabaeva mit einem Ehering in der Öffentlichkeit auf.
Im April 2022 wurde die 38-Jährige nach langer Abwesenheit
wieder in Moskau bei Proben der Wohltätigkeitsveranstaltung
"Alina Festival“ in der VTB Arena gesehen. Die
anonyme
Tessiner Quelle, die in der Schweizer TA-Media-Presse
im Mai 2022 über
die Geburt von Kabaevas Kind in Lugano Auskunft gab,
bestätigte, dass Kabaevas Beziehung zu dem 30 Jahre
älteren Putin tatsächlich existierte u. dass sie 2 Söhne
mit Putin habe. Der erste Sohn sei 2015 in besagter
Luganeser Klinik geboren worden, der zweite 2019 in
Moskau. Die zuständige Gynäkologin
sei eine vor langem in die Schweiz ausgewanderte Russin,
die Putin aus dessen „Leningrader Jugendzeit her kannte u.
eine vertrauensvolle Beziehung mit ihm aufrecht hielt". Die
CH-Presse wusste ferner darüber zu berichten, dass Kabaeva „längere
Zeit in einer Villa hinter hohen Mauern in Cologny
bei Genf gelebt" haben soll, wobei die CH-Bundesbehörden
nichts davon wissen wollen. Ob es sich um die Villa des
Putin-Amigos s. Gennadij Timchenko handelt, der in dieser
Gemeinde lebt oder lebte, blieb ungeklärt.
Kritik:
Von Kritikern der Zivilgesellschaft wie dem "Forum
Freies Russland" wird Kabaeva
Lobbyarbeit für antidemokrat. Gesetze, Initiativen u.
Kontrolle über die führenden Propagandamedien des Landes
sowie Vetternwirtschaft vorgeworfen. Kabaeva,
die heute als integraler Bestandteil mit den mächtigsten
Organen des Putin-Regimes, von dem sie u. ihre Familie
geschützt wird, fest verbunden ist, ist andererseits im
Zusammenhang mit einer Reihe von skandalträchtigen
Aktivitäten zu nennen. Es ist bemerkenswert u.
symbolisch, dass Kabaevas plötzlicher Aufstieg in den
obersten Machtstrukturen Russlands mit einem
Dopingskandal zusammenfiel, bei dem sie für 2 Jahre von
der Teilnahme an Wettbewerben ausgeschlossen wurde. Das
Forum kritisiert insbes. den Umstand, dass sie 2005
zusammen mit anderen Pop- u. Sportstars den "Brief zur
Unterstützung des Urteils an die ehem. Führer der Yukos"
unterzeichnete, in dem das Urteil gegen s. Mikhail
Khodorkovskij bestätigt wurde, sowie dass ihr Name unter
dem neuesten Gesetzentwurf in Bezug auf NGO´s mit dem
Status "ausländischer Agent“ steht. Dieses als Reaktion
auf die wachsende Protestaktivität der Russen u. Russinnen
erlassene Gesetz markierte bekanntlch einen staatl.
Angriff auf zivilgesellschaftl. Strukturen mit dem Ziel,
diese zu diskreditieren u. die rechtlichen Voraussetzungen
für ihre Verfolgung zu schaffen. Darüber hinaus war
Kabaeva wie erwähnt an der Ausarbeitung eines weiteren
Gesetzes aus dieser Kategorie beteiligt - dem sog. "Dima
Jakovlev-Gesetz", das US-Bürgern verbot, russ. Kinder zu
adoptieren. Natürlich ist die ganze boulevardeske
Geschichte mit ihrer angeblichen privaten Beziehung zu
Putin, mit dem sie mindestens 2 Söhne haben soll, ein
bemerkenswerter Fall für sich, scheint jedoch weitgehend
die Privatangelegenheit Kabaevas zu sein, deren
Konsequenzen sie selbst zu tragen
hat, zumal sie sich dazu öffentlich nicht äusserte. Als
Vorstandsvorsitzende der kremlnahen "National Media Group"
NMG ist sie jedoch zusammen mit Putin u. seinen Freunden
für die Ergebnisse der russ. /Medien-/Politik unmittelbar
verantwortlich. Inwieweit Kabaeva
diese Organsation/en/ wirklich leitet u. Einfluss in ihnen
hat, oder ob sie nur als eine vorgeschobene Strohfigur des
Putin-Clans dient, ist eine andere Frage.
Sanktionen 2022: Der russ. Überfall auf die Ukraine vom
Feb. 2022 diente laut
Kabaeva dazu, „Doneck u. Lugansk vor
den Nazis zu schützen“. Damit adoptierte sie die
offizielle Kreml-Propaganda. Mit dem "Z" im Hintergrund zeigte Kabaeva in
Moskau ihre Unterstützung für Putins Krieg gegen die
Ukraine. Im Aug. 2022 berichtete ORF.at, dass
Kabaeva als Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die
Ukraine nach GB u. der EU - jeweils im Mai 2022
- auch von den USA auf eine entsprechende Sanktionsliste
gesetzt worden sei. Aus Angst
vor eskalierenden Spannungen zwischen Russland u. den
USA angesichts der angeblichen Intimbeziehung Kabaevas
zu Putin hielt die US-Regierung die Sanktion vorerst
zurück. Die US-Behörden betrachten Kabaeva als Mutter
von mind. 3 Putin-Kindern. Die ehem. Turnerin wird
„verdächtigt, an der Verschleierung von Putins persönl.
Vermögen im Ausland beteiligt zu sein". Anfang Aug. 2022
setzte das "Office of Foreign Assets Control"
OFAC des US-Finanzministeriums Kabaeva schliesslich auf
die Liste der "Specially Designated Nationals and
Blocked Persons", was dazu führte, dass ihr Vermögen
eingefroren u. US-Personen der Handel mit ihr untersagt
wurde. Die Sanktionen wurden
auch von Kanada, Australien
u. der Schweiz übernommen. Seit 2018 figuriert sie
auch auf der Sanktionsliste der Ukraine.
In der Begründung der
EU-Sanktionen vom 3. Juni 2022 gegen Kabaeva hiess es:
„Kabaeva ist Vorstandsvorsitzende der National Media
Group NMG, einer Holdinggesellschaft, die grosse Anteile
an fast allen bedeutenden russ. Bundesmedien besitzt,
die die Propaganda der russ. Regierung reproduzieren.
Sie ist eng mit dem russ. Präsidenten Vladimir Putin
verbunden. Daher ist sie verantwortlich für Massnahmen
u. Strategien, die die territoriale Integrität,
Souveränität u. Unabhängigkeit der Ukraine untergraben.“
Das brit.
Aussenministerium setzte ferner die Grossmutter
Kabaevas, eine gewisse Anna Zatsepilina, auf die
Sanktionsliste, da sie kurioserweise als
Geschäftspartnerin von Putins Freund s. Gennadij
Timchenko betrachtet wird. Putins Ex-Frau Ljudmila /Ocheretnaja/
sowie einige Putin-Verwandte u. nahe Freunde des
Präsidenten landeten bereits im Mai auf der
entsprechenden GB-Sanktionsliste.
Einkommen/Vermögen: Laut einer Reihe von
Veröffentlichungen besass Kabaeva 2009 das höchste
Einkommen eines "Star-Abgeordneten" der Staatsduma RF u.
unter den Abgeordneten-Athleten: Gemäss
Einkommenserklärung waren es 12,9 Mln. Rubel. Nach
offiziellen Angaben belief sich das Einkommen Kabaevas
für 2011 auf 11,5 Mln. Rubel. Kabaevas Besitz umfasste
ein Grundstück von 7200 m², 3 Wohnungen, Mercedes-Benz
Autos u. 1 Porsche Cayenne. Nach Recherchen von The Insider belief sich
das Einkommen Kabaevas für 2018 auf satte 785 Mln.
Rubel, was um ein Vielfaches höher sei als die Gehälter
von Top-Managern in ähnlichen Positionen. "Open Media" schätzte 2019 den Wert
der auf Kabaeva u. ihre Familie registrierten Immobilien
auf 1,25 Mrd. Rubel, inkl. 6 Wohnungen, 2 Häuser u. 70
Morgen Land in 4 Regionen. Die Mutter u. Grossmutter
Kabaevas sollen Besitzer von Wohnungen /gewesen/ sein,
die Hunderte Mln. Rubel gekostet hätten. Die Wohnungen
seien von Personen gekauft worden, die Präsident Putin
nahe stünden, u.a. von s. Gennadij Timchenko.)
KADYROV, Akhmat
Abdulhamidovich II III IV V VI (gew. oberster Tschetschenführer,
ehem. Präsident der Republik Tschetschenien, RF. Akhmat
u. seine Frau Ajmani wurden in der Kasachischen
SSR geboren, wohin seine Familie 1944 deportiert wurde u.
von wo sie im April 1957 nach Tschetschenien in das Dorf
Tsentaroj - heute Akhmat-Jurt genannt - im Bezirk
Shali - heute Kurchaloj, zurückkehrte. Die Kadyrovs
gehören einem der grössten tschetschen. Clans an, dem Tajp
bzw. Tejp Benoj. In religiöser Hinsicht
betrachtet sich die Familie als Anhänger des Hadschi-Muriden-Virds von Scheich Kunta-Hadshi Kishiev, die sich zum
Qādirīya-Zweig des Sufi-Islams bekennen; dieser
Richtung gehören seit 1992 alle höchsten Geistlichen
Tschetscheniens an. Während
Akhmat-Hadzhi Kadyrov
als
Mufti
von Ichkerien im 1. Tschetschenienkrieg noch
klar auf der Seite der Unabhängigkeitskämpfer
stand u.
den "Dschihad"
ausrief, begannen 1996 seine Auseinandersetzungen
mit s. Aslan Maskhadov u. Shamil
Basaev,
denen er vorwarf, sich von den sogenannten
Wahhabiten,
d.h. den vom islamischen Ausland unterstützten Fundamentalisten,
vereinnahmen zu lassen. Hinter diesen ideolog.
Konflikten steckte wohl auch ein erbitterter polit.
Machtkampf mit dem 1997 zum Präsidenten
Tschetscheniens gewählten Maskhadov, der zur Tötung Kadyrovs aufrief.
Mit Beginn des 2. Tschetschenienkriegs 1999
wechselte Kadyrov jedoch die Seiten, d.h. er stellte sich
offen auf die Seite Russlands. Im März 2000 befürwortete er
die Einführung einer direkten Präsidialherrschaft in
Tschetschenien für die Zeit bis zu den neuen
Präsidentschaftswahlen in der Republik. Im Juni 2000 wurde
er per Dekret des Präsidenten RF s. Vladimir Putin zum
Leiter der Verwaltung der Tschetschen. Republik ernannt u.
trat als Mufti von Tschetschenien zurück. 2001
unterzeichnete er ein Dekret, das die Aktivitäten religiöser
Organisationen, die sich zum Wahhabismus bekennen, in
Tschetschenien verbot. Ab 2001 war er ausserdem Chef des
lokalen Ablegers der russ. staatl. Ölgesellschaft "Rosneft". 2001 schloss er sein Studium
an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften des Instituts
für Verwaltung u. Wirtschaft in Makhachkala, Dagestan, ab.
Im Sept. 2003 verteidigte er am Institut für soziopolit.
Studien der RAW seine Dissertation zur Erlangung des Grads
eines Kandidaten der Politikwissenschaften zum Thema
"Russ.-tschetschen. Konflikt: Entstehung, Wesen, Lösungen".
Im Okt. 2003 wurde er in einer umstrittenen Wahl mit 80,84%
der Stimmen u. bei einer Wahlbeteiligung von 87,7% zum
Präsidenten der Republik Tschetschenien gewählt u. trat sein
Amt als Präsident der Republik Tschetschenien an. Alle
anderen Kandidaten, die in den Umfragen vor Kadyrov lagen,
sahen sich unter dem Druck des Kremls gezwungen, ihre
Kandidatur zurückzuziehen. Maskhadov bezeichnete die Wahl -
ebenso wie viele westl. Politiker u.
Menschenrechtsorganisationen - als Farce u. rief zum
Widerstand gegen die russ. Streitkräfte auf.
Kadyrov kündigte an, hart gegen seine Widersacher vorgehen
zu wollen. Sein Sohn Ramzan kommandierte die
berüchtigte, mehrere Tsd. Mann umfassende Leibgarde der
"Kadyrovcy".
Am Morgen des 9. Mai 2004 kam er nach der Abnahme einer
Militärparade bei einem Sprengstoffanschlag in einem
Stadion in der Hauptstadt Groznyj ums Leben. Obwohl er
strengstens bewacht wurde, wurde er vor laufenden Kameras
von einer explodierenden Mine erfasst, die unter der Tribüne
angebracht worden war, auf der er u. ein paar Gefolgsleute
der Regierung den Feierlichkeiten zum "Tag des
Sieges" der Sowjetunion über das faschist. Deutschland
beiwohnten. Kadyrov wurde schwer verletzt u. starb auf dem
Weg ins Krankenhaus, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu
haben. Mit ihm kamen nach offiziellen Angaben 7 Personen ums
Leben, unter ihnen der Vorsitzende des Staatsrats der
Republik Tschetschenien, Hussein Isaev, währed über 50
Personen verletzt wurden. An der Tribüne seien vor dem
Anlass Reparaturarbeiten ausgeführt worden, hiess es. Der
Sprengsatz wurde nicht gefunden, weil er im Beton
eingelassen worden war. Als Organisator des Anschlags
bekannte sich der tschetschen. Rebellenführer s. Shamil
Basaev, aber auch
der „Emir des Distrikts Vedeno“ u. "stv. MP" der "Tschetschen. Republik Ichkerien",
Sulejman Elmurzaev, bekannt auch
als „Amir Khairulla“. Während Basaev 2006 liquidiert
wurde, wurde Elmurzaev im April 2007 bei einer
Spezialoperation im Bezirk Vedeno eliminiert. Nach
der Ermordung Kadyrovs trat der russ. Präsident Putin -
anders als bei bisherigen Anschlägen - umgehend vor die
Fernsehkameras u. kündigte Vergeltung gegen die tschetschen.
"Banditen" u. "Terroristen" an. Putin nannte den ermordeten
Tschetschenenpräsidenten im TV einen "heroischen Menschen";
einen Tag später, am 10. Mai, wurde Akhmat Kadyrov durch ein
Erlass des Präsidenten RF postum die Auszeichnung "Held der RF" verliehen. Nach
dem Tod Kadyrovs
wurde s. Sergej
Abramov
amtierender Präsident der Tschetschen. Republik. Im
Aug. 2004 wurde der kremltreue s. Ali Alkhanov zum
neuen Präsidenten des Landes gewählt. Ab Nov.
2005
übernahm
Akhmat Kadyrovs
Sohn s.
Ramzan Kadyrov immer
mehr wichtige polit. Ämter in der Politik Tschetscheniens
bis zur Erlangung der vollen Macht im Land,
die eine neue Phase der von Putin abgesegneten
Schreckensherrschaft in Tschetschenien einleitete.)
KADYROV, Ramzan Akhmatovich
II III IV-doku arte 2018 V-doku russ. 2018 / 2004 V
VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI XXXII XXXIII XXXIV XXXV XXXVI XXXVII XXXVIII XXXIX XL XLI XLII XLIII XLIV XLV XLVI XLVII XLVIII XLIX XLX XLXI XLXII XLXIII XLIX Sonderausgabe
der
"Russland-Analysen"
(Nr. 454, Juli
2024) über
Ramzan Kadyrov
u. seinen Clan
(pdf)
(russ.-tschetschen.
Politiker, Oberhaupt der Republik Tschetschenien, RF. Jüngstes Kind u. 2. Sohn in der Familie
von s. Akhmat u. Ajmani Kadyrov. Während des 1. Tschetschenienkriegs kämpfte
Ramzan zusammen mit seinem Vater in den Reihen der
tschetschen. Separatisten gegen die russ. Streitkräfte. Nach
diesem Krieg arbeitete Ramzan seit 1996 als Assistent u.
persönl. Leibwächter seines Vaters, des Mufti Akhmat-Khadzhi Kadyrov
der tschetschen. Republik Itschkerien. Im Herbst 1999
trat Ramzan zusammen mit seinem Vater auf die Seite der
Bundesbehörden RF u. bekämpfte zusammen mit Russland die
Rebellen von Itschkerien. Seit Akhmat Kadyrov 2000 Leiter
der Interimsverwaltung des "neuen" Tschetscheniens wurde,
führte Ramzan den Sicherheitsdienst seines Vaters. 2000-2
war Ramzan Inspektor für Kommunikation u. Spezialausrüstung
in der Zentrale einer separaten Polizeiabteilung in der
Verwaltung für innere Angelegenheiten des Innenministeriums
Tschetscheniens, zu deren Aufgaben die Bewachung von
Regierungsgebäuden u. die Gewährleistung der Sicherheit der
Spitzenführer der Republik Tschetschenien gehörten. Nachdem
sein Vater im Okt. 2003 zum Präsidenten von
Tschetschenien gewählt worden war, wurde Ramzan Leiter des
präsidialen Sicherheitsdienstes. Offiziellen Statistiken
zufolge gab es 2000-3 5 Attentatsversuche auf Ramzan
Kadyrov. Dieser verhandelte mit Mitgliedern illegaler
bewaffneter Gruppen über deren Wechsel auf die Seite der
Bundesregierung. Viele ehem. militante Rebellen, die sich
ergaben u. in der Liste des Sicherheitsdienstes des
Präsidenten der Tschetschen. Republik eingetragen waren,
stellten Ende 2003 die grosse Mehrheit der
"Kadyrovcy",
der berüchtigten, mehrere Tsd. Mann umfassenden
Leibgarde des tschetschen. Präsidenten, eine
paramiltär. Einheit, die nicht oder nur formell dem
Innenministerium RF unterstellt ist. 2003-4
diente Ramzan als Assistent des Innenministers von
Tschetschenien. Er war Mitglied des Staatsrats der Republik
aus dem Bezirk Gudermes.
Am 9. Mai 2004 kam Präsident Akhmat Kadyrov bei einem
Sprengstoffanschlag in Groznyj ums Leben.
Nach dem Tod seines Vaters avancierte Ramzan Kadyrov zur
wichtigsten Figur in der tschetschen. Politik.
Am 10. Mai 2004, einen Tag nach dem Tod seines
Vaters, wurde Ramzan zum 1. stv. Vorsitzenden /Vize-MP/ der
Regierung der Republik ernannt. Als solcher überwachte er
den "silovoj blok" /Machtblock/ Tschetscheniens. Der
Staatsrat u. die Regierung Tschetscheniens wandten sich an
den Präsidenten RF s. Vladimir Putin mit der Bitte, die
Gesetzgebung zu ändern, damit Ramzan Kadyrov sich als
Kandidat für das Amt des Präsidenten Tschetscheniens
registrieren lassen könne; die Altersgrenze, um für dieses
Amt wählbar zu sein, betrug 30 Jahre - Ramzan Kadyrov war zu
diesem Zeitpunkt bloss 28 Jahre alt, also musste er 2 Jahre
warten. Putin änderte die Gesetzgebung jedoch nicht.
Nach
dem Tod Akhmat Kadyrovs
wurde s. Sergej Abramov
amtierender Präsident der Tschetschen. Republik, u.
im Aug. 2004 wurde der kremltreue s. Ali Alkhanov
zum neuen Präsidenten des Landes gewählt. Ab
Okt. 2004 war Ramzan Kadyrov Berater des bevollmächtigten
Vertreters des Präsidenten RF im südlichen Föderationskreis,
s. Dmitrij Kozak, in Fragen der Zusammenarbeit mit den
Strafverfolgungsbehörden des Föderationskreises. Ab Nov.
2004 leitete er den Vergütungsausschuss.
Regierungschef:
Am 18. Nov. 2005 hatte der tschetschen. PM Sergej
Abramov einen Autounfall u. wurde dabei schwer
verletzt. Am selben Tag ernannte der tschetschen.
Präsident Ali Alkhanov Ramzan Kadyrov zum
amtierenden Vorsitzenden der Regierung der
Republik Tschetschenien. Ab Jan. 2006 war Kadyrov
Vorsitzender der Regierungskommission zur
Bekämpfung des Drogenhandels in der Republik
Tschetschenien, ab Feb. Sekretär der
Regionalabteilung der kremlnahen Partei "Einiges Russland". Ende Feb.
2006 trat Abramov, der sich immer noch in
Behandlung befand, als PM zurück. Am 4. März 2006
schlug Ali Alkhanov der Volksversammlung
Tschetscheniens die Kandidatur Ramzan Kadyrovs für
das Amt des Vorsitzenden der Regierung der
Republik vor, die einstimmig angenommen wurde. Am
selben Tag unterzeichnete Alkhanov ein Dekret zur
Ernennung Kadyrovs zum MP Tschetscheniens. Der
Vorsitzende der Volksversammlung Tschetscheniens,
Dukuvakha Abdurakhmanov, kommentierte die
Kandidatur u. sagte, Kadyrov habe „seine Fähigkeit
bewiesen, die Wirtschaft u. nicht nur die
Sicherheitskräfte zu leiten". In wenigen Monaten
wurden unter MP Ramzan Kadyrov in Tschetschenien
so viele Aufträge für Bau- u.
Restaurierungsarbeiten wie nie zuvor ausgeführt.
In Groznyj u. anderen Städten Tschetscheniens
wurden Moscheen, Sportkomplexe, Krankenhäuser u.a.
neu errichtet oder renoviert. Bis zum 30.
Geburtstag Kadyrovs im Okt. 2006 wurden in Groznyj
der "Akhmat Kadyrov Prospekt" im Stadtzentrum u.
ein restaurierter Flughafen eröffnet. Im
Frühjahr 2006 entbrannte ein Konflikt zwischen MP
Kadyrov u. Präsident Alkhanov. Kadyrov
beanspruchte für sich nun die volle Macht in der
nordkaukas. Minirepublik, die nicht grösser ist
als die Ostschweiz. Aber auf der Seite Alkhanovs
meldeten sich einige Anführer der den
Bundestruppen unterstellten Kampfeinheiten zu
Wort, die die Vergrösserung des Einflusses von
Kadyrov vermeiden wollten. So kam es im April zu
einem Gefecht zwischen den Wachen des Präsidenten
Alkhanov u. des MP Kadyrov, das zu einem Treffen
zwischen Kadyrov u. Alkhanov mit Putin führte.
Im Aug. verweigerten die
Abgeordneten des Oberhauses des tschetschen.
Parlaments vermutlich auf Initiative Kadyrovs die
Zulassung A. Elmurzaevs, eines von Alkhanov
vorgeschlagenen Kandidaten für das Amt des
Vorsitzenden des Obersten Gerichts von
Tschetschenien. Ihre Ansichten taten Alkhanov u.
Kadyrov laut in der Presse kund: Dabei sagte
Kadyrov u.a., dass man Alkhanovs Team „schon
längst vertreiben sollte".
Präsident
/ Oberhaupt Tschetscheniens: Am 15. Feb. 2007
trat Tschetscheniens Präsident Alkhanov zurück, was von
Präsident Putin akzeptiert wurde. Gleichzeitig unterzeichnete
Putin ein Dekret zur Ernennung Ramzan Kadyrovs zum amtierenden
Präsidenten Tschetscheniens. Am 1. März schlug Putin Kadyrovs
Kandidatur zur Prüfung durch das tschetschen. Parlament vor u.
informierte Kadyrov darüber bei einem Treffen in
Novo-Ogarjovo. Am 2. März wurde seine Kandidatur von 56 von 58
Abgeordneten beider Kammern des tschetschen. Parlaments
unterstützt. Am 5. April fand in Gudermes die feierliche
Amtseinführung Ramzan Kadyrovs als Präsident der
Tschetschen. Republik statt. Nachdem Kadyrov die
Präsidentschaft in Tschetschenien übernommen hatte,
stabilisierte sich die Lage in der Republik im Vergleich zu
den Vorjahren, trotz des schweren traumatischen Kriegserbes,
das die Tschetschenen zu ertragen hatten. Der
Schlüsseleinfluss auf die Karriere Ramzan Kadyrovs war u. ist
die Unterstützung des russ. Präsidenten Vladimir Putin. Ihm
gegenüber bekundete Kadyrov öffentlich wiederholt seine
persönl. Loyalität, bewunderte seine Aktivitäten u. nannte ihn
„den Retter des tschetschen. Volkes“. Putin unterstützte
seinerseits Kadyrov öffentlich u. enthielt sich jeder direkten
Kritik an ihm oder seiner Politik, obwohl die kriminelle Natur
des Kadyrov-Regimes in Tschetschenien offensichtlich war.
Ramzan Kadyrov setzte im Einvernehmen mit Putin die von seinem
Vater geführte Politik fort, wobei seine Herrschaft zusätzlich
durch einen übersteigerten Kadyrov-Personenkult
gefestigt werden sollte.
2015 schien jedoh nicht mehr ganz klar, ob Kadyrov eine
Garantie oder mehr eine Gefahr für die Sicherheit der Region
darstellte. Kadyrov regierte immer selbstherrlicher u. für
den Kreml schwerer kontrollierbar. Seine
Loyalitätsbekundungen gegenüber dem Kreml können auch als
Machtdemonstration gesehen werden; im Dez. 2014 erklärte er
vor 20 Tsd. bewaffneten Männern im Stadion von Groznyj: „Wir
sind die Infanterietruppen Putins.“ Es gebe Aufgaben, die
keine Luftwaffe, keine Marine, keine Armee u. keine
Nuklearwaffen bewältigen könnten, sondern nur Freiwillige.
Ob der überaus misstrauische Putin dem von den als listig u.
freiheitsliebend geltenden Tschetschenen an den Tag gelegten
Schmeichelkurs vertraut, ist eine andere Frage. Andererseits
können die Russen in Tschetschenien jederzeit wieder
militärisch zuschlagen, wenn sie dort ein Machtvakuum oder
eine Abtrünnigkeit feststellen. Die Zeit Ramzan Kadyrovs ist
trotz der Brutalität seines Regimes dennoch immerhin durch
eine grossangelegte Bautätigkeit u. die Wiederherstellung der
Infrastruktur Tschetscheniens gekennzeichnet, was
hauptsächlich durch Subventionen aus dem föderalen Haushalt
ermöglicht wurde. s. Sergej Naryshkin, Leiter der
Präsidialverwaltung RF, kündigte 2008 die Zuweisung von 120
Mrd. Rubel zur Finanzierung des Zielprogramms der lokalen
Behörden an. Nach Angaben des Finanzministeriums RF, die 2011
von der New York Times zitiert wurden, wurden mehr
als 90% des republikan. Haushalts von Moskau gebildet. 2015
betrug der Einnahmenteil des tschetschen. Haushalts 57 Mrd.
Rubel, während über 20 Mrd. Rubel in Form von Subventionen der
Bundesregierung bereitgestellt werden sollten. Eine weitere
Geldquelle stellte die 2004 von Ramzan Kadyrov gegründete
"Akhmat Kadyrov-Stiftung" dar, die über verschiedene
gemeinnützige Projekte u. Bauprogramme finanziert werden
sollte. Nach Angaben des Politikers selbst werde das Geld für
diese Stiftung hauptsächlich von „ehem. Freunden von Akhmat
Kadyrov“ u. tschetschen. Unternehmern, die ausserhalb der
Republik lebten, gespendet. Die Stiftung ist Miteigentümerin
vieler Immobilienobjekte in der Republik. Ein weiteres Merkmal
von Kadyrovs Herrschaft war die Islamisierung der Republik.
Der Präsident sprach sich oft für die Scharia oder ihre einzelnen Regeln aus.
Während Kadyrovs Präsidentschaft wurden in Groznyj die Moschee
"Herz Tschetscheniens", benannt nach
Akhmat Kadyrov, die Russ. Islamische Universität,
Hāfiz-Koranschulen
u. eine Klinik für islamische Medizin eröffnet. Kadyrov, der
selbst in den Medien regelmässig tiefe Religiosität zeigt,
unterstützt den für Tschetschenien traditionellen Sufi-Islam; seine aktive Verbreitung ist
zu einem der Mittel geworden, mit denen Kadyrov gegen den
islamischen Radikalismus, den sog. Salafismus, ankämpft. Nach Angaben der
von Kadyrov geleiteten Antiterrorkommission Tschetscheniens
ging die Zahl der Terroranschläge in der Republik im Jahr 2007
um 72,5% zurück.
Im Okt. 2007 führte Kadyrov bei den Wahlen zur 5.
Staatsduma RF die regionale Liste der kremlnahen Partei
"Einiges Russland“ in der Republik Tschetschenien an. Die
Partei, eigentl. mehr eine Bewegung zur Unterstützung des
Kremls, erhielt über 99% der Stimmen bei einer
Wahlbeteiligung von über 99% - typisch für den russ.
besetzten Nordkaukasus. Anschliessend lehnte Kadyrov das
gewonnene Abgeordnetenmandat ab. Gleichzeitig wurde in der
Republik ein Referendum abgehalten, das zu einer Änderung
der Struktur des republikan. Parlaments u. zur Ersetzung
der Direktwahl des Präsidenten Tschetscheniens durch die
Zustimmung für seine Kandidatur durch das Parlament
führte. Ramzan Kadyrov hat s. Adam Delimkhanov
wiederholt zum stv. MP Tschetscheniens in den Jahren
2006-7 u. zum Abgeordneten der Staatsduma RF seit 2007
ernannt. Ein weiterer engster Vertrauter Kadyrovs ist der
Vorsitzende des Parlaments der Republik Tschetschenien s.
Magomed Daudov, der als „die
zweiteinflussreichste Person in Tschetschenien“ gilt. 2008
u. 2014
war Kadyrov Mitglied des Präsidiums des Staatsrats RF.
Eine Foto des Trios ist hier zu sehen.
2008 war gekennzeichnet von einem Konflikt
zwischen den Wachen Kadyrovs u. den Soldaten des
"Vostok"-Bataillons, wobei es bei einer Blockade durch die von
Kadyrov kontrollierten Spezialdienste in Gudermes zum Tod
zweier Soldaten des Bataillons kam. Im Stammhaus der Brüder s.
Jamadaev wurde eine Durchsuchung durchgeführt. Ramzan Kadyrov
beschuldigte s. Sulim Jamadaev öffentlich, Morde u.
Entführungen begangen zu haben, einschliessl. des Todes von
Zivilisten während einer Säuberungsaktion im Dorf Borozdinovskaja
2005.
Sulim war ein russ.-tschetschen. Freischärlerführer
u. Offizier gewesen. Im Mai wurde Jamadaev von
seinem Posten entfernt. Im Nov. löste das
Verteidigungsministerium RF die GRU Specnaz "Vostok"- u. "Zapad"-Bataillone auf u.
beseitigte damit die letzten Kadyrov-untreuen Einheiten, die
von Tschetschenen besetzt waren. Während "Zapad" vom
Berufsoffizier s. Said-Magomed Kakiev kommandiert wurde, wurde
"Vostok" von dem umstrittenen Jamadaev-Clan kontrolliert, der mächtig
genug war, um mit Kadyrov zu konkurrieren. Kakiev u. 3 der
Jamadaev-Brüder besassen die Auszeichnung "Held der RF“. Die
Brüder unterhielten einen eigenen TV-Sender u. mehrere andere
Unternehmen in Tschetschenien u. Moskau. Ruslan Jamadaev
vertrat
2003-7 für die Partei "Einiges
Russland" als
Abgeordneter der Staatsduma RF Tschetschenien. Ruslan u. Sulim
wurden 2008 bzw. 2009 vermutlich von Seiten des Kadyrov-Clans
liquidiert. Im Okt. 2009 wurde ein Attentat auf Kadyrov unter
Beteiligung eines Selbstmordattentäters vereitelt. Der
Attentäter, ein militanter Kämpfer aus der Stadt Urus-Martan,
wurde getötet, als er versuchte, sich dem Veranstaltungsort
für die Eröffnung einer Gedenkstätte zu nähern, wo sich
Kadyrov u. der tschetschen. Abgeordnete der Staatsduma RF,
Adam Delimkhanov, aufhielten. Im Nov. 2009 verlieh der
Präsident RF, s. Dmitrij Medvedev, Kadyrov per Dekret den Rang
eines Generalmajors der Polizei. Im Aug. 2010 liess Kadyrov
vom tschetschen. Parlament den Namen des obersten Beamten der
Tschetschen. Republik von "Präsident" in "Oberhaupt" ändern,
da er der Meinung war, dass es in einem einzigen Staat nur
einen Präsidenten geben sollte. Im Okt. 2010 sagte Kadyrov in
einem Interview mit dem US-Magazin Newsweek, dass
er „möchte, dass Putin Präsident auf Lebenszeit wird. Ich
liebe ihn, wie ein Mann einen Mann lieben kann. Diejenigen,
die ihn kritisieren, sind keine Menschen, sie sind meine
persönlichen Feinde. Solange Putin mich unterstützt, kann ich
alles tun - Allahu Akbar!“. In einem Interview mit der NZZ vom Nov. 2011 sagte
Kadyrov, Putin sei sein Idol. Auch Putin sparte nicht mit Lob
an die Adresse des Tschetschenen, den er "Verteidiger Russlands" nannte.
Ende Feb. 2011 legte Präsident RF Medvedev Kadyrovs Kandidatur
dem tschetschen. Parlament zur Genehmigung für eine 2.
Amtszeit vor. Am 5. März wurde Kadyrov einstimmig im Amt
bestätigt. Am 5.
April 2011 trat er offiziell sein Amt als Oberhaupt der
Republik Tschetschenien für eine 2. Amtszeit an. Bei den
Staatsduma-Wahlen vom Dez. 2011 führte Kadyrov erneut die
Liste der Partei "Einiges Russland" an, die erneut über 99%
der Stimmen erhielt. Bei der Präsidentschaftswahl 2012 erhielt
Vladimir Putin in Tschetschenien 99,73% der Stimmen bei einer
Wahlbeteiligung von 99,59%. Die Ergebnisse dieser Wahl werden
von Kritikern als vollständig gefälscht betrachtet.
Unabhängige Wahlbeobachter führten unter Berufung auf
Sicherheitsbedenken keine Aktivitäten in Tschetschenien durch.
Im Aug.-Sept. 2012 hatten Kadyrov u. der Präsident von
Inguschetien, s. Junus-Bek Evkurov, einen Streit über die
Verwaltungsgrenze zwischen ihren Republiken. Kadyrov kündigte
die Notwendigkeit an, die Grenze der ingusch. Region Sunzha zu
Tschetschenien zu revidieren. Daraufhin wurde der Streit durch
den Gesandten des Präsidenten im Föderationskreis
Nordkaukasus, s. Aleksandr Khloponin, beigelegt.
Ukraine 2014: 2014 äusserte sich Kadyrov lautstark
über die Annexion der Krym durch Russland u. den
bewaffneten Konflikt in der Ostukraine/im
Donbass. Obwohl Kadyrov wiederholt zugab, dass viele
Tschetschenen in der Ostukraine kämpften, wies er gleichzeitig
darauf hin, dass es sich um Freiwillige u. nicht um reguläre
Einheiten handelte. Im Juli 2014 verhängte die EU gegen
Kadyrov wegen Unterstützung der Aktionen der Separatisten in
der Ukraine Sanktionen in Form eines Einreiseverbots u. des
Einfrierens von Vermögenswerten. Im Dez. 2014 eröffnete der
SBU der Ukraine ein Strafverfahren gegen Kadyrov „aufgrund
terrorist. Drohungen gegen Volksabgeordnete der Ukraine“,
nachdem Kadyrov befohlen hatte, sie nach Tschetschenien
auszuliefern. Im Sept. 2015 wurde er selbst auf die
Sanktionsliste der Ukraine gesetzt. 2015 gab es Berichte, wonach
Tschetschenen in der Ostukraine auch auf der Seite der
Ukrainer u. gegen die russ. Seperatisten kämpften.
Karikaturen-Skandal 2015: Im Jan. 2015 reagierte
Kadyrov nach einem Terroranschlag auf die Redaktion der
Zeitung Charlie Hebdo in Paris auf den
Aufruf s. Mikhail Khodorkovskijs, keine einzige „Publikation
ohne eine Karikatur des Propheten“ zu hinterlassen, mit einem
Post auf seinem "Instagram"-Account, in dem er Khodorkovskij
einen „Feind aller Muslime in der Welt“ nannte u. hinzufügte,
dass es in der Schweiz Menschen gebe, die „den flüchtigen
Verbrecher zur Rechenschaft ziehen werden“. Als nach
Khodorkovskijs Äusserung der Radiosender "Ekho Moskvy" auf
seiner Website eine Umfrage lancierte, ob als Reaktion auf den
Terroranschlag in Paris Mohammed-Karikaturen veröffentlicht
werden sollten, bei der 2/3 der Abstimmenden dies bejahten,
gab Kadyrov eine Erklärung ab, in der er behauptete, dass der
Chefredakteur des Radiosenders, s. Aleksej Venediktov, „Ekho
Moskvy zum wichtigsten antiislamischen Sprachrohr gemacht“
habe, u. forderte, dass die Behörden den Sender zur Ordnung
rufen sollten, sonst werde „es solche geben, die es tun u.
Venediktov zur Rechenschaft ziehen werden." Venediktov u. eine
Reihe von Kommentatoren betrachteten diese Aussagen als
eindeutige, wenn auch sorgfältig formulierte Drohungen. Auf
Initiative Kadyrovs fand in Groznyj eine Massenkundgebung
unter dem Motto „Liebe zum Propheten Muhammad u. Protest gegen
Karikaturen“ statt. Verschiedenen Schätzungen zufolge nahmen
mehrere Hunderttausend Menschen daran teil; in der Republik
wurde inoffiziell ein Ruhetag ausgerufen, Kadyrov selbst
sprach auf der Kundgebung.
Im März 2016 ernannte Präsident RF Putin Kadyrov aufgrund des
Ablaufs seiner Amtszeit zum Interimschef der Republik
Tschetschenien. Bei der regulären Wahl vom Sept. 2016 gewann
Kadyrov nach offiziellen Angaben die Wahl mit 97,56% der
Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 94,8%. Anfang Okt. trat Kadyrov sein
wiedergewonnes Amt bei einer entsprechenden Zeremonie an.
Covid-19:
Im April 2020 kritisierte Ramzan Kadyrov auf "Instagram"
die Novaja gazeta wegen eines Artikels über die
Verbreitung von COVID-19 in der Republik, rief
dazu auf, der Veröffentlichung der Zeitung nicht zu
glauben, u. forderte vom FSB u. den russ. Behörden, die
Journalisten zu stoppen. Später schrieb Kadyrov, dass er
die Novaja gazeta mit dem Radiosender "Ekho
Moskvy" verwechselt habe, erklärte aber, dass er keinen
Unterschied zwischen diesen Pressemedien sehe. Am 21. Mai
2020 wurde Kadyrov selbst mit Verdacht auf COVID-19 in seinem Airbus A319
Business Jet von Groznyj nach Moskau gebracht u. in eine
Klinik eingeliefert. Die Ärzte beurteilten seinen Zustand
als stabil, obwohl sich seine Gesundheit nach der SARS-Infektion
verschlechtert hatte. Viele kritische Äusserungen im
Netzwerk wurden durch Kadyrovs Vorschlag ausgelöst, dass
Bürger, die nicht gegen eine Coronavirus-Infektion geimpft
wurden, an letzter Stelle medizinisch zu
versorgen seien.
Wiederwahl 2021: Bei seiner erneuten Wahl zum
Oberhaupt der Republik Tschetschenien, für die ihn die
Partei "Einiges Russland" wieder aufstellte, im Sept. 2021
stellte Kadyrov mit 99,7% der Stimmen bei einer
Wahlbeteiligung von 94,42% einen Weltrekord auf, wie die
internationale Agentur "Interrecord“ mitteilte. Kadyrov
sei von 711´973 Wählern der Republik unterstützt worden;
andere Kandidaten für das Amt des Oberhaupts von
Tschetschenien, Khalid Nakaev u. Isa Khadzhimuradov,
hätten nur 0,12% bzw. 0,15% der Stimmen erhalten.
Während die kremlnahe Partei "Einiges Russland" die Wahl
als „frei u. fair" bezeichnete, gingen bei der
unabhängigen Wahlbeobachter-NGO "Golos"
zu dieser Parlamentswahl über 4000 Beschwerden wegen Verletzungen des Wahlrechts bei der
Stimmabgabe ein.
Schulische u. akadem. Ausbildung: Ramzan Kadyrov
besuchte die allgemeinbildende
Mittelschule in seiner heimatl. Siedlung Tsentaroj. 2004 schloss er
sein Jurastudium am Institut für Wirtschaft u. Recht
in Machatschkala, Dagestan, mit Auszeichnung ab. Trotz
Zweifeln an seiner intellektuellen, akadem. u. wissenschaftl.
Leistung sollte Ramzan Kadyrov als bedeutender Akademiker in
die Geschichte seines Landes eingehen. Laut einem Interview
von s. Anna Politkovskaja mit Kadyrov, das im Juni 2004 in Novaja
gazeta veröffentlicht wurde, absolvierte er die
Zweigstelle des Moskauer Instituts für Wirtschaft in Gudermes,
habe jedoch Schwierigkeiten gehabt, das Thema seiner
Diplomarbeit u. das Rechtsgebiet, das er studiert hatte, zu
benennen. Ab 2004 war er Student der Russ. Akademie für
öffentl. Verwaltung beim Präsidenten RF. Im Jan. 2006 wurde
Kadyrov "auf Wunsch angesehener Wissenschaftler" für die
Tatsache, dass unter ihm in Tschetschenien „die
negativen Erscheinungen, die im Zusammenhang mit den
Aktivitäten illegaler bewaffneter Gruppen aufgetreten sind,
überwunden werden", der Titel eines Ehrenmitglieds der "Russ.
Akademie der Naturwissenschaften" RAEN verliehen. Im Juni 2006
verteidigte er seine Dissertation an der Staatl. Technischen Universität von Dagestan
für die Erlangung des Grads eines Kandidaten der
Wirtschaftswissenschaften zum Thema "Optimale Verwaltung der
Vertragsbeziehungen zwischen den Hauptakteuren der
Bauindustrie“ im Fachgebiet "Wirtschaft u. Verwaltung der
Volkswirtschaft: Ökonomie, Organisation u. Verwaltung von
Unternehmen, Branchen, Komplexen / Bauwesen“. Im Juli 2006
wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der
Tschetschen. Republik gewählt. 2006 wurde Kadyrov auch der
Titel eines Ehrenprofessors der "Modernen
Geisteswissenschaftl. Akademie" u. 2007 derjenige eines
Honorarprofessors der Tschetschen. Staatsuniversität
verliehen. 2011 bereitete er sich für die Verteidigung einer
Doktorarbeit in Wirtschaftswissenschaften mit dem Titel
"Verwaltung der Wiederherstellung u. Entwicklung der
Baubranche der Tschetschen. Republik: Theorie, Methodik,
Praxis“ vor. Die Verteidigung sollte im Sept. 2011 an der
Staatl. Technischen Universität von Dagestan stattfinden. Die
Dissertation sei vollgestopft gewesen mit mathemat. Begriffen,
die einigen Experten seltsam vorkamen, zumal Kadyrov die
exakten Wissenschaften nicht studierte. 2014 wurde Kadyrov
auch noch Honorarprofessor an der 2009 mit Putins Segen eingeweihten u. nach
Scheich Kunta-Hadshi Kishiev benannten Russ. Islamischen Universität in
Groznyj. Im Dez. 2015 verteidigte Kadyrov an der Universität
von Dagestan schliesslich seine Doktorarbeit zur Erlangung des
Grads eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften zum Thema
"Organisation u. Verwaltung des Investitions- u. Bausektors u.
Wiederherstellung der Baubranche in einer Region mit
zerstörter Wirtschaft“.
Religion: In religiöser Hinsicht betrachten sich
Ramzan Kadyrov u. seine Familie als Anhänger des Hadschi-Muriden-Virds von Scheich Kunta-Hadshi Kishiev, die sich zum
Qādirīya-Zweig des Sufi-Islams bekennen; dieser Richtung
gehören seit 1992 alle höchsten Geistlichen Tschetscheniens
an. Kadyrov machte zusammen mit seinem engen Vertrauten
Magomed Daudov einen Hadsch nach Mekka u. besuchte mehrmals
die heilige Kaaba. Er ist auch der Hüter der heiligen
Reliquien des Propheten Muhammad. 2012, nach der Ausstellung
heiliger Reliquien in Groznyj, übergab Scheich Akhmad Bin
Muhammad Al-Khazradshi der Familie Kadyrov u. dem tschetschen.
Volk vier Reliquien zur ewigen Aufbewahrung – das Haar des
Propheten Muhammad, wobei die Ehre, eines der beiden Haare zu
behalten, M. Daudov zuteil wurde.
Mutter, Gemahlin u. Kinder Ramzan
Kadyrovs: Die
Mutter von Ramzan Kadyrov,
Ajmani Nesievna Kadyrova /II/, ist die Witwe Akhmat Kadyrovs u. wird „Mutter
des Volkes" genannt. Sie leitet die "Akhmat Kadyrov Stiftung" –
Ramzan ist einer der Mitbegründer der Stiftung, die nach
eigenen Angaben umfangreiche gemeinnützige Aktivitäten in
der Republik tätigt u. gleichzeitig viele
grosse Immobilienobjekte in Tschetschenien über
Unternehmen kontrolliert, die die Stiftung mitbegründet
hat. 2006 adoptierte Ajmani Kadyrova auf Wunsch Ramzans
einen 16-jährigen Schüler des Waisenhauses von Groznyj,
einen gewissen Viktor Piganov, der nach der Adoption
den Namen Visita Akhmatovich Kadyrov erhielt.
Im Okt. 2020 ernannte Ramzan Kadyrov seinen
Adoptivbruder Visita zum stv. Leiter der tschetschen.
Abteilung von "Rospotrebnadzor". 2007
adoptierte Ajmani wiederum auf Ramzans Bitte hin einen
weiteren 15-jährigen Jungen. Im Aug. 2023 verhängten das US-Finanzministerium Sanktionen gegen
Ajmani Kadyrova u. ihr Internationales Kinderlager
"Artek" auf der Krym.
s. Marija Zakharova, Sprecherin des Aussenministeriums RF,
kam der vom bösen Westen bestraften Kadyrov-Mutter zu Hilfe
u. kommentierte diese Entscheidung in ihrem "Telegram"-Kanal
mit dem üblichen Sarkasmus wie folgt: „Wenn dies ein Lager
zur Geschlechtsumwandlung für Minderjährige oder ein Ort zum
Erfahrungsaustausch von Transgender-Gemeinschaften wäre,
dann würde Washington es mit Zuschüssen in Millionenhöhe,
mehrjährigen Visa u. allen möglichen Auszeichnungen u.
Nominierungen überhäufen“.
Ramzan
Kadyrov ist mit Medni Musaevna Ajdamirova verheiratet,
die er in der Schule kennenlernte. Medni arbeitet als
Modedesignerin u. gründete 2009 das Modehaus "Firdaws" in
Groznyj, das muslimische Kleidung herstellt. Das Paar hat 10
Kinder: 4 Söhne – Akhmat, Zelimkhan, Adam u. Abdullah,
u. 6 Töchter: Ajshat Ramzanovna Kadyrova
– seit 2016 Direktorin des Modehauses "Firdaws" u. seit 2021
Kulturministerin
/II/ der Tschetschen. Republik, sowie
Karina, Khedi, Tabarik, Ashura u. Ejshat. Ausserdem wurden
2007 2 Adoptivsöhne - Waisen aus einem Waisenhaus - von
Kadyrov adoptiert.
Kritik: Eine Reihe von (westl. u. russ.)
Kritikern sprach von Tschetschenien als einem Gebiet, in dem
„russ. Gesetze nicht gelten“. Es besteht der Verdacht, dass es
sich bei Tschetschenien um einen klassischen Unrechts-,
Verbrechens- u. Terrorstaat handelt, der von Putins
Unrechtssystem toleriert u. begünstigt wird. Ferner wurden
gewisse theokrat. Züge der staatl. Herrschaft ausgemacht. In
einem
Vortrag von 2016 /II/ über Tschetschenien unter Kadyrov
mit dem Titel „Bedrohung der nationalen Sicherheit“
bezeichnete s. Ilja Jashin, stv. Vorsitzender der
Partei "PARNAS", das Regime in Tschetschenien
als einen „quasi-islamischen Staat“ mit ausschliesslicher,
unbeschränkter Vollmacht Kadyrovs, ein Regime der persönl.
Macht Ramzan Kadyrovs, der im Land alle wichtigen polit. u.
wirtschaftl. Strukturen kontrolliere, u. rief zur Abberufung
Kadyrovs als Oberhaupt Tschetscheniens auf, um einen 3.
Tschetschenienkrieg zu verhindern. Laut Sergej Markov
ist Kadyrov der anerkannte Führer Tschetscheniens, der
unbestrittene Autorität in der Bevölkerung geniesst. Als Typ
gilt Kadyrov aber weitherum als komplett ungehobelt, deftig,
derb u. grobschlächtig, aber nicht unbedingt als tollpatschig
oder unbeholfen - in der Schweiz könnte man ihn vielleicht
durchaus als urchig bezeichnen, wenn er nicht derjenige wäre,
der er ist. Der Journalist Grigorij Shvedov , Chefredakteur
der Internet-Zeitung Kavkazskij uzel, beschrieb
Kadyrovs Herrschaft auf drei Säulen beruhend – Propaganda,
Angst u. echte Popularität. Gleichzeitig habe Kadyrov Mitte
der 2000er Jahre einigen Berichten zufolge eine gewisse
Abneigung, Verachtung u. Angst unter den Einwohnern
Tschetscheniens hervorgerufen. Verschiedene
Menschenrechtsaktivisten u. Journalisten sprachen vom
pathologischen Schrecken, der in Kadyrovs Tschetschenien
herrsche. Laut diesen wurde die Terrorisierung der
Bevölkerung Tschetscheniens vom Moskauer Zentrum
gebilligt, um den Geist des Separatismus in dieser Republik
endgültig auszurotten. Kadyrov, der diese Aufgabe erhalten u.
erfolgreich bewältigt habe, sei „eher ein russ. Soldat“ als
ein tschetschen. Patriot. Die Sicherheitskräfte der
Tschetschen. Republik, die nur formell dem föderalen
Innenministerium unterstellt sind, werden als Kadyrovs
„persönl. Armee“ betrachtet u. stellen eine einzigartige
Situation in Russland dar, wo die staatl. Machtstrukturen laut
Gesetz den Bundesbehörden u. nicht den Oberhäuptern der
föderalen Subjekte unterstellt sind. Jonathan Littell, der die
Islamisierung der Republik unter Kadyrov im Allgemeinen
negativ bewertete, würdigte dennoch die Tatsache, dass Kadyrov
die offene Feindschaft zwischen bestimmten Sufi-Gruppen
eindämmen konnte. Der religiöse Faktor als wichtiger
Bestandteil von Kadyrovs Politik wurde vom Politologen Aleksej Malashenko
festgestellt: Kadyrov nutze die Religion als polit. Hebel, um
seine eigene Autorität zu stärken. Liz Fuller von RFE/RL charakterisierte das in
Tschetschenien etablierte religiöse Modell als einen Hybrid,
der durch selektive Entlehnung von Elementen des Sufismus u.
des traditionellen sunnit. Islams gebildet werde, was
letztlich der Essenz des Sufismus widerspreche. Eine der
Folgen von Kadyrovs Islamisierung sei die gedemütigte Position
von Frauen in Tschetschenien, die verpflichtet seien, die
strengen Scharia-Normen zu befolgen, andernfalls sie
riskierten, Opfer von Behinderung oder Gewalt zu werden.
Einige Menschenrechtsaktivisten betrachten manche Neuerungen,
die durch Kadyrovs Befehle eingeführt wurden, als „neu
erfundene Traditionen“, die in der Scharia nicht wirklich
existierten, aber durch Verweise auf sie geheiligt würden, um
beispielsweise die Unterdrückung von Frauen zu
rechtfertigen. Laut einer Anfang 2015 vom Moskauer "Levada-Zentrum" durchgeführten Umfrage
bekundeten etwa 55% der Russen Vertrauen in Kadyrov. Damit
stieg die Zahl der ihm vertrauenden Russen im Vergleich zu
2006 um 22%. Etwa 33% der Befragten gaben an, dass Kadyrovs
Aktivitäten zur vollständigen Befriedung des Lebens im
Nordkaukasus beigetragen hätten.
Obwohl sich die Quantität der Terroranschläge in der Republik
wie erwähnt verringerte, trafen weiterhin Berichte über
schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien ein, die
nun Kadyrov selbst angelastet wurden, sodass er selbst ins
Visier diverser Menschenrechtsorgansationen u. Staaten
geriet, die ihn auf ihre schwarzen Listen setzten.
So verzeichnete "Memorial" 2006 187 Entführungen in
Tschetschenien, von denen 11 Fälle mit dem Tod u. 63 mit dem
Verschwinden des Opfers endeten; 2007 waren die entsprechenden
Zahlen 35, 1 bzw. 9. Im April 2008 stellte der
Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg,
fest, dass sich in Tschetschenien „viele Dinge im Bereich der
Menschenrechte in eine positive Richtung verändert haben“.
Gleichzeitig führte Kadyrov laut "Memorial" u. "Human Rights
Watch" die Praxis der Kollektivbestrafung für
militante Kämpfer der Gegenseite ein. Kadyrov konnte aber auch
viele ehem. Separatisten u. Rebellen überzeugen, sich auf die
Seite der tschetschen. Behörden zu stellen. Ehem. militante
Kämpfer der Separatisten wurden aber offenbar nicht
amnestiert, u. jeder Beliebige von ihnen konnte "auf Wunsch
inhaftiert" oder im Fall von gesuchten gefährlichen Anführern
liquidiert werden, wie folgende Beispiele illustrieren. Im
Sept. 2007 bezeichnete s. Garri Kasparov den tschetschen. Präsidenten s.
Ramzan Kadyrov als „Banditen“,
worauf das tschetschen. Parlament eine Klage wegen Beleidigung
gegen Kasparov einreichte.
Systemat. Tötung von
polit. Gegnern u. Staatsfeinden im Rahmen der
Terrorismusbekämpfung: In den Regierungszeiten Akhmad
u. Ramzan Kadyrovs wurden – meist in Kooperation mit der
Bundesarmee,
dem Innenministeriums u. dem
FSB – zahlreiche
ehem. separatist. Kämpfer u. militante Vertreter der
"Tschetschen. Republik Ichkerien", die
Moskau unterschiedslos als Terroristen einstufte, in
ihren Untergrundverstecken aufgespürt u. gnadenlos vernichtet.
Unter den prominentesten "Opfern" dieser Tötungen waren solche
wie s. Aslan Maskhadov /2005/, Shamil Basaev
/2006/ u. Sulejman
Elmurzaev /2007/.
Rebellenführer s. Salman Raduev wurde schon
im März
2000 von einer Sondereinheit
des FSB festgenommen u. im Dez. 2001 zu lebenslanger
Haft verurteilt, in der er im Dez. 2002 starb. Ausser
ihnen wurde eine Reihe zweitrangiger, aber nicht weniger
legendärer Rebellen des Widerstands von
Staates wegen während entsprechender Sonderoperationen
eliminiert, so Arbi Baraev /2001/, s.
Movsar Baraev, s. Aslambek Abdulkadzhiev u. s. Rizvan
Akhmadov /2002/ sowie Vakha Arsanov /2005/.
Im Sept. 2004
umstellte Kadyrov mit Mitarbeitern seines Sicherheits- u.
Beamten des tschetschen. Polizei-Patrouillenpostendienstes
eine grosse, auf etwa 100 Personen geschätzte Truppe der
sog. "Gardisten“ Aslan Maskhadovs, die vom Leiter seiner
persönl. Leibwache, s. Akhmed Avdorkhanov,
angeführt wurde, zwischen den Dörfern Alleroj u.
Meskhety, wo Avdorkhanov mehrere Einwohner getötet hatte,
die mit den Bundesbehörden zusammenarbeiteten. Während des
mehrtägigen Kampfes wurden laut Kadyrov 23 Kämpfer getötet,
während auf Kadyrovs Seite 2 Polizisten ums Leben kamen u.
18 verwundet wurden. Kadyrov behauptete,
dass Avdorkhanov, der entkommen konnte, selbst schwer
verletzt worden sei.
Im März 2005 wurde s. Aslan Maskhadov bei
einer Spezialoperation
des
FSB in
der Ortschaft Tolstoj-Jurt getötet. Akhmed
Avdorkhanov wurde vergiftet u. starb im Sept.
2005. Sein jüngerer Bruder s. Zaurbek
Avdorkhanov, ebefalls ein
ehem. Feldkommandant u. Teilnehmer des 2.
Tschetschenienkriegs auf der Seite
der "Tschetschen. Rep. Ichkerien", kam
Ende Juli 2012 im Rahmen einer Sonderoperation des FSB
in Inguschetien zusammen mit seinem Bruder Ibragim u.
einem anderen Kämpfer ums Leben.
Im Juli 2006 gab das FSB an,
s.
Shamil Basaev,
der sich zur Ermordung Akhmat Kadyrovs bekannte,
sei infolge einer lange geplanten Operation des
russ. Geheimdienstes in Inguschetien liquidiert
worden. s.
Abdul
Halim Sadulaev,
ein berühmter Anführer islamist. Gruppierungen in
Tschetschenien, wurde ebenfalls 2006 in seiner Heimatstadt
Argun durch russ. Sondereinsatzkräfte aufgespürt u.
eliminiert.
Im April
2007 war der sog. „Emir des Distrikts Vedeno“ u. stv.
MP der "Tschetschen. Republik Ichkerien",
Sulejman Elmurzaev,
bekannt auch als „Amir Khairulla“, der ebenfalls die
Verantwortung für den Anschlag auf Akhmat Kadyrov vom
9. Mai 2004 übernommen hatte, an der Reihe u. wurde
bei einer Sonderoperation im Bezirk Vedeno,
Tschetschenien, erledigt. s.
Khusejn Gakaev, ein weiterer
Anführer der "Bewaffneten Kräfte der Tschetschen.
Republik Ichkerien",
wurde im
Jan. 2013 nach Angaben des Innenministeriums RF während
einer Sonderoperation im Bezirks Vedeno, Tschetschenien,
mit 11 anderen Militanten getötet.
Sein Nachfolger als tschetschen. Separatistenführer, der
legendäre s. Doku Umarov,
Führer des 2007 gegründeten "Kaukasus-Emirats",
verstarb 2013 an den Folgen einer Vergiftung, die er
sich ungeschickterweise selbst zugezogen hatte. Noch ein
Name ist in der langen Reihe in staatlichem Auftrag ermordeter
Tschetschenen zu erwähnen, derjenige s. Supjan Abdullaevs,
Vizepräsident Tschetscheniens unter Doku Umarov u. einer der
massgeblichsten Veteranen des tschetschen. Untergrunds.
Dieser hocherfahrene Kommandeur der islamist. Mudschaheddin
des Kaukasus wurde 2011 während einer Spezialoperation in
der Region Sunzha in Inguschetien getötet. Ein
weiterer ehem.
tschetschen. aufständ. Befehlshaber, s. Aslan Bjutukaev,
der ebenfalls ein enger Mitarbeiter Doku Umarovs war, wurde
im Jan. 2021 zusammen mit seiner Gruppe von Militanten bei
einer Sonderoperation in Tschetschenien getötet.
Andere wie s. Tarkhan Gaziev, der an zahlreichen
bewaffneten Angriffen auf russ. Sicherheitskräfte beteiligt
war u. 2006 von Doku Umarov zum Kommandeur der Südwestfront
der "Bewaffneten Kräfte der Tschetschen. Republik Ichkerien"
ernannt wurde, konnte aus Tschetschenien fliehen. Auch s. Akhmed
Zakaev,
ehem. Brigadegeneral der tschetschen. Armee, Kultur- u.
Aussenminister u. stv. MP der nicht anerkannten
"Tschetschen. Republik Itschkerien" unter
Aslan Maskhadov, lebt seit Jan. 2002 im Exil in GB. Er
wurde von der Generalstaatsanwaltschaft RF beschuldigt,
1991-2001 eine Bandenformation geschaffen sowie terrorist.
u. gewöhnl. Verbrechen begangen zu haben. Ausserdem
beschuldigten die russ. Behörden Zakaev der Vorbereitung
des Terroranschlags auf das Theater
Dubrovka in Moskau von 2002.
Erwischt
wurden auch einige
islamist. Tschetschenienkämpfer
saudiarab. u. kuwait. Herkunft
wie s. Dzhamal Abu-Kutejb, s. Abu Al-Valid u. s. Omar
Abu-Said, die 2004-5 bei Gefechten mit FSB-Einheiten
oder Bundestruppen in Inguschetien bzw. Tschetschenien
ums Leben kamen.
Rolle der "Kadyrovcy": Menschenrechtsaktivisten
werfen Kadyrov systematische Menschenrechtsverletzungen
vor, darunter illegale Entführungen, Folter, aussergerichtl.
Hinrichtungen, Vergewaltigungen,
Erpressung, Inhaftierung von Journalisten
u. Aktivisten der Zivilgesellschaft u. verwandte Verbrechen.
Die Täter u. Verantwortlichen dieser Verbrechen seien meistens
bei den sog. "Kadyrovcy" zu finden.
1994 als irreguläre Miliz in Form des "141. Motorisierten
Spezialregiments" entstanden, wurden sie von Akhmat
Kadyrov als persönl. Leibwache eingesetzt. Während
des 2. Tschetschenienkrieges ab 1999 wurden
die "Kadyrovcy"
dazu benutzt, um als Miliz auf der Seite Russlands
gegen
die tschetschen. Separatisten zu kämpfen. Der
Begriff "Kadyrovcy" wird in Tschetschenien als Sammelbegriff
dafür verwendet, um sich auf bewaffnete, ethnisch tschetschen.
Männer u. autonom handelnde paramilitär. Einheiten unter der
Kontrolle des Oberhaupts der Tschetschen. Republik, Ramzan
Kadyrov, zu beziehen –
obwohl sie nominell unter dem Dach der
2016 als Nachfolgerin der Inneren Truppen des Innenministeriums RF gegründeten
u. von Putins berüchtigtem Armeegeneral s.
Viktor Zolotov befehligten
Nationalgarde Russlands stehen.
2005 zweiteilig errichtet als "Akhmad
Kadyrov 2. Strassenpatrouillenregiment der Polizei", kurz
"PPSM-2" bzw. "Kadyrov Regiment" genannt,
u. als "Ölregiment Neftepolk",
sind diese Einheiten offiziell für die Sicherheit auf den
Strassen u. von Industriestandorten zuständig. In Wirklichkeit waren/sind beide
Strukturen an sog. "Anti-Terror-Operationen" beteiligt,
die laut Menschenrechtsgruppen von schweren
Menschenrechtsverletzungen wie Entführungen, Folter u.
Mord begleitet werden, um Kadyrovs Clan-Herrschaft zu
festigen, wie Beobachter, die in Tschetschenien tätig
sind, sagten. Vor
den "Kadyrovcy" fürchten sich viele Tschetschenen mehr als
vor den Russen, da
ihre Angehörigen im Gegensatz zu den russ. Soldaten
während des Kriegs sich „an keine Rechtsnormen gebunden"
fühlten, wie entsprechende Berichte festhielten.
Nach einschlägigen Berichten sollen
die "Kadyrovcy", die etwa 19
Tsd. Mann umfassen u. von denen eine beträchtliche Zahl
Personen eine kriminelle Vergangenheit haben sollen, während
vieler Jahre ungezählte Landsleute entführt, gefoltert u.
getötet haben. Gelegentlich
waren auch Mitglieder der russ. Sicherheitskräfte
betroffen. Im Juni 2005 warf s. Bislan Gantamirov, ehem.
stv. MP u. Minister für Information u. Presse der
Tschetschen. Republik, dem tschetschen. Sicherheitsdienst
„Entführung u. Ermordung von FSB-Mitarbeitern“ u.
„Gangstertum auf dem Territorium des gesamten
Nordkaukasus“ vor.
Im April 2006 bezeichnete s. Mikhail Babich, ehem. Leiter
der tschetschen. Regierung u. ehem. Gesandter des
Präsidenten RF im Föderationskreis Volga sowie ehem.
Mitglied des Föderationsrats der Staatsduma RF, in der er
stv. Vorsitzender des Verteidigungsausschusses war, die
bewaffneten Formationen Kadyrovs als „eine absolut illegale
Struktur“. Im Okt. 2006 behauptete die deutsche
Menschenrechtsgruppe "Gesellschaft für bedrohte Völker" GfbV,
die Kadyrov als „Kriegsverbrecher“ brandmarkte, dass bis zu
75% der jüngsten Fälle von Mord, Folter, Vergewaltigungen u.
Entführungen in Tschetschenien von Ramzan Kadyrovs
paramilitär. Kräften begangen worden seien. Der
Ermittler der "Memorial-Gruppe" erklärte in seinem Bericht der "Jamestown-Stiftung" von 2006:
„In Anbetracht der von uns gesammelten Beweise haben wir
keinen Zweifel daran, dass die meisten Verbrechen, die jetzt
in Tschetschenien begangen werden, das Werk von Kadyrovs
Männern sind. Wir haben auch keinen Zweifel daran, dass
Kadyrov persönlich daran beteiligt war, Menschen zu schlagen
u. zu foltern. Was sie tun, ist reine Gesetzlosigkeit. Um
die Sache noch schlimmer zu machen, jagen sie auch
Unschuldige, deren Namen von jemandem genannt wurden, der
gefoltert wurde.“ Im Nov. 2006 veröffentlichte "Human Rights
Watch" ein Informationspapier über Folter in
Tschetschenien, das es für die 37. Sitzung des
UN-Ausschusses gegen Folter vorbereitet hatte. Das Papier
bestätigte u.a. die Existenz von Folter durch Einheiten
unter dem effektiven Kommando Ramzan Kadyrovs „sowohl in
offiziellen als auch in geheimen Gefängnissen" in
Tschetschenien u. des anhaltenden „Verschwindenlassens“ von
Menschen. In vielen Fällen seien die Täter so zuversichtlich
gewesen, dass ihre Misshandlungen keine Konsequenzen nach
sich ziehen würden, so dass sie nicht einmal versucht
hätten, ihre Identität zu verbergen. 2006 kam ein Video ans
Tageslicht, in dem bewaffnete Männer, die Ramzan Kadyrov
treu ergeben waren, den abgetrennten Kopf eines getöteten
tschetschen. Rebellenkämpfers vorführten, um ihn im Dorf
Kurchaloj als Warnung für die örtliche Bevölkerung
öffentlich auszustellen. Der Kopf wurde mit einer
blutbefleckten Hose u. angesteckter Zigarette auf einer
Pfeife befestigt. Im Sept. 2005 ereignete sich ein ähnlicher
Vorfall, der von "Memorial" u. Kavkazkij uzel
dokumentiert wurde. Es handelte sich um „schockierende
Details" einer Sonderoperation, die von Ramzan Kadyrovs
loyalen Truppen damals in der Stadt Argun u. der Siedlung
Tsotsin-Jurt durchgeführt wurde. Dabei wurde ein
abgetrennter Kopf auf ein Rohr einer Fussgängerbrücke über
den Khulkulau-Fluss gelegt, damit er „allgemein sichtbar“
war, um die Passanten abzuschrecken.
2005 entführten unbekannte Männer den Vater des
separatist. Feldkommandanten s. Doku Umarov, Khamad
Umarov, seine Frau u. seinen einjährigen Sohn.
Einige Monate zuvor war sein Bruder Ruslan Umarov, Vater von
vier Kindern, von maskierten Männern in Uniform entführt
worden. Während die Frau u. der Sohn später befreit wurden,
blieben der Vater u. der od. die Brüder verschwunden. Im
April 2007 erklärte Umarov, sein 74-jähriger Vater sei in Gefangenschaft ermordet
worden. Auch seine Schwester Natalja Khumaidova wurde
im Aug. 2005 in Urus-Martan von "nicht identifizierten
bewaffneten Männern" entführt, aber einige Tage später nach
Protesten freigelassen. In den vergangenen Jahren wurden
auch ein Cousin namens Zaurbek u. Neffe Roman Ataev
entführt, von denen man danach nichts mehr gehört hatte.
Anfang März 2007 erklärte s. Ljudmila
Alekseeva, die Leiterin der Menschenrechtsorganisation der
Moskauer Helsinki-Gruppe: „Kadyrov ist schuld an der
Entführung vieler unschuldiger Menschen. Ihre Leichen wurden
später mit Spuren von Folter gefunden.“ Im Mai 2007
appellierten über 100 Mitglieder der polit. u. kulturellen
Elite von UK/GB an den Präsidenten RF Vladimir Putin,
„Frieden u. Gerechtigkeit“ in Tschetschenien
wiederherzustellen, u. nannten Kadyrovs Präsidentschaft „ein
Regime der Angst u. Unterdrückung“. Kadyrov selbst
bestritt die Anschuldigungen, persönlich an Folter u. Mord
beteiligt gewesen zu sein, u. warf/wirft
Menschenrechtsaktivisten vor, voreingenommen zu sein u. im
Interesse ausländ. Geldgeber zu arbeiten. Laut "Memorial"
wurden 2006-7 mehrere Dutzend Mitarbeiter von tschetschen.
Strafverfolgungsbehörden, die von Kadyrov kontrolliert wurden,
der Erfindung von Terrorismusfällen für schuldig
befunden, als unschuldige Menschen unter dem Vorwand der
Eliminierung militanter Kämpfer massakriert wurden. In ihrer
letzten öffentl. Rede vom 5. Okt. 2006 sprach s. Anna
Politkovskaja,
die sich fatalerweise auf die Berichterstattung über
Tschetschenien spezialisiert hatte u. ins Visier Kadyrovs
geriet, über eine ähnliche Praxis.
Kadyrov wird ferner vorgeworfen, die Praxis der kollektiven
Verantwortung eingeführt zu haben. Für die Handlungen
militanter Kämpfer könnten ihre Angehörigen bestraft werden,
indem deren Häuser nieder- oder abgebrannt werden. Wenn ein
Militanter in Tschetschenien einen Polizisten oder eine andere
Amtsperson ermordet, werde die Familie des Militanten
unverzüglich aus Tschetschenien ausgewiesen, ohne das Recht
auf Rückkehr zu haben, u. ihr Haus werde zusammen mit dem
Fundament abgerissen. Im Mai 2016 schätzten
Menschenrechtsaktivisten die Zahl der von Unbekannten
niedergebrannten Häuser von Angehörigen von Militanten auf
mehrere Dutzend.
Laut dem Bericht "Inofficial Places of Detention in the
Chechen Republic“ vom Mai 2006 der "International
Helsinki Federation for Human Rights", deren
Ehrenvorsitzende der 2020 verstorbene ehem. Sowjetdissident
s. Jurij Orlov war, gab/gibt es in der Republik
Tschetschenien mehrere illegale Gefängnisse. Auch
im entsprechenden Memorandum von "Human Rights Watch" vom Nov.
2006 zu Handen der 37. Sitzung des UN-Ausschusses gegen Folter
über die Anwendung von Folter in Tschetschenien wurde über
geheime Gefängnissen in Tschetschenien berichtet, die von
"Kadyrovcy“ betrieben wurden, darunter 2 "private" Gefängnisse
in Kadyrovs Familiendorf in Tsentaroj. bzw. Akhmat-Jurt,
wo sich das Stammhaus od. das Hauptquartier der
Kadyrovs befindet. Berichten zufolge seien die Felder
um Tsentaroj vermint u. alle Zufahrtswege durch
Kontrollpunkte blockiert. Als Anfang Mai 2006 eine
Europarat-Delegation der Kommission für die Verhütung von
Folter CPT Tsentaroj inspizieren wollte, sei sie zunächst am
Betreten der Ortschaft gehindert worden. Am nächsten Tag
wurden sie dennoch ins Dorf hineingelassen, während die
Repuliksführung das Geschehene als Missverständnis erklärte.
Laut Menschenrechtsaktivisten gab dies Kadyrov Zeit, Spuren
zu verwischen. Die Ermittler kamen zum Schluss, dass solche
Geheimgefängnisse dazu genutzt worden seien oder
genutzt würden, um Häftlinge zu foltern, Informationen zu
erhalten oder Familienmitglieder von Militanten als Geiseln zu
halten.
Laut einem entsprechenden Bericht des Menschenrechtszentrums
"Memorial" werden Frauen in Tschetschenien
unterdrückt u. in eine machtlose Position gebracht,
ihre Menschenrechte würden grob verletzt, Widerstand gegen
Gewalt werde hart unterdrückt u. bestraft, u. es gebe keine
staatl. Strukturen, die Frauen vor Willkür u. häuslicher
Gewalt schützen könnten. Der Bericht nannte das Beispiel des
Schicksals zweier davon betroffener tschetschen. Frauen,
Zulikhan Chataeva, einer Grundschullehrerin, die 2010 von
Unbekannten entführt wurde, u. Kheda Khamzatova, einer tschetschen.
Sängerin armen. Herkunft, die einen Gesangswettbewerb gewann
u. in die Türkei geflohen war.
Verdacht der Zwangsheirat u. Ehrenmorde: Im Mai
2015 wohnte Kadyrov einer Hochzeit bei, bei der der
Polizeichef Nashud Guchigov seine zweite Frau heiratete,
die zu diesem Zeitpunkt nur 17 Jahre alt war. Die Hochzeit
konnte erst nach einem Fürsprechen stattfinden, da es in
Tschetschenien sonst illegal sei, Minderjährige zu
heiraten. Beobachter gingen von
einer Zwangsheirat aus. Laut des Schweizer Tages-Anzeigers befürworte
Kadyrov u.U. die
Tötung junger Frauen. Als 7 Frauen tot in Groznyj
aufgefunden wurden, habe Kadyrov verkündet, dass die Opfer
getötet worden seien, weil sie «ein unmoralisches Leben»
geführt hätten. In einem weiteren Fall soll der
Tschetschenenführer einen Vater aufgerufen haben, dessen
Tochter zu töten. Das Mädchen habe der Polizei gemeldet,
von ihrem Vater missbraucht worden zu sein. Kadyrovs soll
dies wie folgt kommentiert haben: „Was
ist das für ein Mann, der seine Tochter nicht umbringt?
Schämen sollte er sich."
In einer Talkshow mit s. Tina
Kandelaki, die 2018 auszugsweise in einer von arte
veröffentlichten Dokumentation unter dem Titel "
Kadyrov der Schreckliche" gezeigt wurde,
sagte Kadyrov, dass Kandelaki die tschetschen.
Kleiderregeln „nicht
respektiere"; sie sei „zu
aufreizend angezogen"; er „versuche,
sie nicht anzuschauen". „Wenn
eine Frau halb nackt auf der Arbeit erscheint, können
sich die Männer nicht konzentrieren. Ich schaue sie an
u. habe das Bild dann Tag u. Nacht im Kopf." /17:05/
Gefördert wurden unter Ramzan Kadyrov junge attraktive
Sängerinnen, die eingängige tschetschen. Lieder zum
Besten geben sollen u. die v.a. den gültigen
Kleiderregeln in Tschetschenien entsprechen. /Bsp. I Bsp. II Bsp. III/
Kadyrov befürwortet die Polygamie.
Er meinte, wenn alle Männer mehrere Frauen hätten,
müssten sie keine Geliebten nehmen u. das Problem zu
weniger Geburten werde gelöst.
Drohungen gegen die Opposition: Im
Okt. 2003 beschuldigte der ehem. tschetschen. Beamte u.
Präsidentschaftskandidat Shamil Buraev den tschetschen.
Sicherheitsdienst der „Jagd auf Dissidenten“. Im Jan. 2016 fand in Groznyj eine
Massenkundgebung zur Unterstützung Kadyrovs u. gegen die
„systemfremde Opposition“ statt, die vom Gewerkschaftsbund
der Republik organisiert wurde u. an der nach Angaben des
Innenministeriums der Republik 1 Mln. Menschen teilnahm.
Gemäss früherer Äusserungen Kadyrovs über die
Oppositionellen hatte er dazu aufgerufen, diese als
„Volksfeinde“ zu behandeln. Ende Jan. 2016 erschien auf
Kadyrovs "Instagram"-Seite ein Video, in dem die
Oppositionellen s. Mikhail Kasjanov u. s. Vladimir
Kara-Murza im Fadenkreuz u. mit der Überschrift „Wer es
nicht verstanden hat, wird es verstehen“ abgebildet waren.
Der "PARNAS"-Vorsitzende Kasjanov hielt
Kadyrovs "Instagram"-Post für eine „direkte Morddrohung“,
während Kara-Murza ihn als „Anstiftung zum Mord“
bezeichnete. Nach diesen Drohungen der tschetschen.
Führung forderten alarmierte Oppositionelle,
Menschenrechtler, Intellektuelle u. kritische Medien in
Russland nach Angaben der Agentur Interfax,
der Kreml müsse Ramzan Kadyrov sofort abberufen. Als
Antwort schlug Kadyrov den Oppositionellen vor, ihn zu
verklagen, u. bezeichnete das Verhalten seiner Gegner als
„hysterisch“. Im März gab Kasjanov bekannt, dass der FSB
sich geweigert habe, seinem Antrag auf Eröffnung eines
Strafverfahrens zu diesem Vorfall nachzukommen, u. fügte
hinzu, dass „eine solche Antwort des FSB bedeute, dass der
Leiter der Sonderdienste u. aller anderen Machtstrukturen,
der Präsident RF V. Putin, diese Methoden des polit.
Kampfes mit ihm u. der Demokrat. Koalition PARNAS“
billige.
Vorwürfe
der Auftragsmorde u. Entführungen:
Menschenrechtsvertreter u. polit. Gegner warfen Kadyrov
wiederholt vor, an Auftragsmorden, Entführungen u.
Entführungsversuchen beteiligt zu sein. Eine Reihe von
Journalisten, Menschenrechtsaktivisten u. Politikern, die
Kadyrov kritisierten, wurden sowohl in Russland als auch im
Ausland entführt u./od. getötet. s. Umar Israilov, ein ehem.
Kämpfer der tschetschen. Rebellen u. späterer Kadyrov-Wächter,
der nach Österreich floh, behauptete, Kadyrov habe eine Liste
mit 300 persönl. Feinden, die vernichtet werden sollten. In
einem Interview vom Mai 2009 mit der Zeitung Die Presse
bezeichnete Kadyrov die Behauptungen von der Existenz einer
„Hitliste“ als „Idiotie“. Die wichtigsten Fallbeispiele
vermuteter Auftragsmorde:
- Im Okt. 2006 wurde s. Anna Politkovskaja,
Journalistin der Novaja gazeta u. Autorin
zahlreicher kritischer Veröffentlichungen über Ramzan Kadyrov
u. sein Gefolge, die Kadyrov Verbrechen u.
Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien vorwarfen, in
Moskau erschossen. Zu den Hauptversionen des Verbrechens
gehörten ein von Kadyrov angeordneter Mord. Politkovskaja
hatte in einem Interview erklärt, Kadyrov habe ihr mit dem Tod
gedroht. Kadyrov wies diesbezügl. Anschuldigungen zurück u.
sprach von einer Verunglimpfung seiner Person. Im Dez. 2012
wurde der erste Schuldspruch im Mordfall Politkovskaja
gefällt: Ein gewisser D. Pavljuchenkov, früherer Mitarbeiter
der Moskauer Zentralverwaltung für innere Angelegenheiten,
wurde zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Person, die den
Mord angeordnet hatte, war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch
nicht identifiziert worden.
- Im Nov. 2006 wurde s. Movladi Bajsarov,
Oberstleutnant des FSB, in Moskau von Beamten des tschetschen.
Innenministeriums erschossen, nachdem ihn das tschetschen.
Innenministerium 5 Tage zuvor wegen Entführung u. Mordes auf
die föderale Fahndungsliste gesetzt hatte. Bajsarov befehligte
eine Sondereinheit in Tschetschenien, die nicht von den
offiziellen tschetschen. Behörden, sondern von einer
operativen FSB-Abteilung im Nordkaukasus kontrolliert wurde,
die nach ihrer Auflösung in einem illegalen Zustand existierte
u. mit Kadyrov verfeindet war. Vor seinem Tod wollte Bajsarov
angeblich vor der Generalstaatsanwaltschaft RF in seinem Fall
u. gegen seine polit. Gegner aussagen. Nach Angaben der
tschetschen. Sicherheitsbeamten mussten sie schiessen, als
Bajsarov die Detonation einer Granate vorbereitete. Bajsarovs
Unterstützer u. eine Reihe von Journalisten sahen den Vorfall
als geplanten Mord an. Ende Nov. schloss die
Staatsanwaltschaft des Moskauer Südbezirks das Strafverfahren
ab u. kam zum Schluss, dass die tschetschen. Polizisten
rechtmässig gehandelt hatten.
- Über das Schicksal der Kadyrov-Rivalen
Ruslan u. Sulim
Jamadaev, mit denen der Clan des Präsidenten in
einem offenen Machtkampf abrechnete, wurde oben im
Zusammenhang mit ihren ehem. Funktionen berichtet. s.
Ruslan Jamadaev wurde im Sept. 2008 in
seinem Auto im Zentrum von Moskau erschossen. Im März 2009
wurde in Dubai, VAE, wo er seit kurzem gelebt
hatte, auf Ruslans Bruder s.
Sulim Jamadaev ein Attentat verübt, an dessen
Folgen er am nächsten Tag verstarb. Die Polizei von Dubai
beschuldigte s. Adam Delimkhanov, Kadyrovs engen
Vertrauten, den Mord organisiert zu haben. "Interpol"
setzte Delimkhanov auf die internationale Fahndungsliste.
In beiden Mordfällen wurde die Auftraggeberschaft von
Seiten Kadyrovs vermutet. Sulim Jamadaev, der
auf der föderalen Fahndungsliste stand, sagte in einem
Interview mit Novaja gazeta, dass eine
Sondergruppe aus Tschetschenien mit der Aufgabe nach Moskau
entsandt worden sei, um seinen Bruder auf die gleiche Weise
wie Bajsarov zu eliminieren. Gleichzeitig wies er Hinweise
zurück, wonach Kadyrov an der Ermordung seines Bruders
beteiligt gewesen sei. Der jüngere Bruder von Ruslan u.
Sulim, Isa Jamadaev, warf jedoch ebenfalls Kadyrov vor, die
Brüder getötet u. versucht zu haben, eine Blutrache gegen
ihn auszurufen; aber im Aug. 2010 kündigte er öffentlich die
Versöhnung mit dem Tschetschenenführer an. 2010 verurteilte
ein Gericht 3 direkte Täter des Verbrechens.
- Im Jan. 2009 wurde besagter s. Umar Israilov bei
einem Entführungsversuch in Wien, Österreich, getötet. Im
April 2010 erklärte die österreich. Staatsanwaltschaft, sie
sei zum Schluss gekommen, dass Ramzan Kadyrov die Entführung
angeordnet habe; man verfüge jedoch nicht über ausreichende
Beweise, um Anklage gegen ihn zu erheben. Der Pressesprecher
des tschetschen. Präsidenten, Alvi Karimov, erklärte, dass
Ramzan Kadyrov nicht an der Entführung beteiligt gewesen sei.
2011 verurteilte ein österreich. Gericht 3 Personen des
Mordes, von denen eine Person lebenslange Haft erhielt.-
Im Juli 2009 wurde die tschetschen.
Menschenrechtsaktivistin, "Memorial"-Mitarbeiterin u.
Journalistin s. Natalja Estemirova in Groznyj,
Tschetschenien, entführt. Am selben Tag wurde ihre Leiche in
einem Waldgürtel in Inguschetien gefunden. Die
Ermordung Estemirovas wurde von russ.
Menschenrechtsorganisationen sofort mit Ramzan
Kadyrov in Verbindung gebracht. s. Oleg
Orlov, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft "Memorial",
sagte, er wisse, wer für den Mord an Estemirova
verantwortlich sei: „Wir alle kennen diese Person. Sein Name
ist Ramzan Kadyrov, er ist der Präsident der Republik
Tschetschenien.“ Orlov warf dem
tschetschen. Oberhaupt u. berüchtigten Putin-Komplizen
vor, die Menschenrechtlerin bedroht u. vom Amt der
Vorsitzenden des Gesellschaftl. Rats von Groznyj entfernt
zu haben. In einer offiziellen Erklärung von "Memorial"
hiess es u.a., dass in Russland Staatsterror herrsche
u. man über die Morde in u. ausserhalb Tschetscheniens
informiert sei. Wer in Tschetschenien es wage, die
Wahrheit zu sagen u. die Behörden zu kritisieren, werde
getötet. Ramzan Kadyrov habe die Arbeit der
Menschenrechtsaktivisten in der Republik unmöglich
gemacht; er betrachte die Menschenrechtsverteidiger als „Feinde",
die „in Tschetschenien
keinen Platz haben, wenn sie einen schlechten Einfluss auf
das tschetschen. Volk
haben". Diejenigen, die Natalja Estemirova getötet haben,
hätten den Fluss wahrheitsgemässer Informationen aus
Tschetschenien stoppen wollen. Laut dem Chefredaktor der Novaja
gazeta, s. Dmitrij Muratov, handelte es sich um ein
polit. Attentat. Beobachter wiesen darauf hin, dass
Estemirovas Menschenrechtsaktivitäten, insbes. ihre
Untersuchungen u. Berichte über Entführungen,
aussergerichtlichen Hinrichtungen u. Folterpraktiken die
tschechn. Führung in Zorn versetzt hätten u. das Fass
wohl zum Überlaufen brachten. Eine der letzten Mitteilungen
Estemirovas war, dass die Leute des Tschetschenienführers
Kadyrov Menschen entführten u. öffentlich hinrichteten –
wahrscheinlich stand diese Nachricht in Zusammenhang mit der
von ihr durchgeführten Recherche über die Entführung von
Menschen durch Mitarbeiter der Abteilung für innere
Angelegenheiten des Rayons Kurchaloj. Kadyrov selbst
bezeichnete den Mord an Estemirova als „ungeheuerlich“ u.
versprach, dass er die Suche nach den Mördern persönlich
überwachen werde. Kadyrov wies aber die Behauptungen Oleg
Orlovs kategorisch zurück, rief ihn persönlich an u. sagte
ihm, dass er „sich schämen werde", wenn sich herausstellt,
dass seine Behauptungen unwahr sind. Ausserdem reichte
Kadyrov eine Klage gegen Orlov u. "Memorial" ein, der das
Gericht stattgab u. "Memorial" verpflichtete, eine
Widerlegung zu veröffentlichen. /Zur Ermittlung dieses Falls
s. ESTEMIROVA, Natalja./
- Im Feb. 2015 wurde der Co-Vorsitzende der Partei "RPR-PARNAS" u. Putin- u.
Kadyrov-Kritiker s. Boris Nemcov, im Zentrum Moskaus
in Sichtweite des Kremls von einem unbekannten Täter
erschossen. Im März beschuldigten die russ. Behörden
einen gewissen Anzor Gubashev u. einen gewissen s. Zaur
Dadaev, beide aus dem Nordkaukasus stammend, der Beteiligung
an dem Verbrechen. Nach Angaben der russ. Behörden gestand
Dadaev seine Beteiligung an dem Mord. Später widerrief er
jedoch seine Aussage mit der Begründung, sie sei unter Folter
erpresst worden. Etwa zur gleichen Zeit wurden 3 weitere
Verdächtige festgenommen, u. ein weiterer Verdächtiger soll
sich in Groznyj in die Luft gesprengt haben. Ferner sollte s.
Ruslan Geremeev,
Leiter einer Einheit des Bataillons "Sever", in der Zaur
Dadaev diente, u. ein Untergebener von s. Alinbek
Delimkhanov, als Verdächtiger im Zusammenhang mit dem
Mordfall Nemcov
aussagen. Nach dem Mord stand Geremeev in
Tschetschenien unter Schutz u. verliess später wahrscheinlich
Russland in Richtung VAE. Berichten zufolge wurde Gereemev
Ende April 2015 offiziell der Status eines Verdächtigen
zuerkannt. Die Motive für die Ermordung Nemcovs blieben
schleierhaft u. wurden allgemein mit seiner Kritik Putins u.
Kadyrovs sowie aufgrund angebl. islamfeindlicher Äusserungen
in Verbindung gebracht, an denen sich Kadyrov wegen
Beleidigung des Islams u.U. rächen wollte. Einige Beobachter
vermuteten sogar, dass Putin der direkte Auftraggeber des
Mordes gewesen sein könnte, weil Nemcov kurz vor seinem Tod
angekündigt hatte, den Entwurf eines Berichts über die russ.
Beteiligung am Krieg im Donbass zu veröffentlichen. In der
Nacht nach dem Attentat wurde Nemcovs Moskauer Wohnung
durchsucht u. alle Unterlagen, die sich auf seine geschäftl.
u. polit. Aktivitäten bezogen, wurden beschlagnahmt.
Oppositionelle Medien äusserten den Verdacht, dass dies getan
wurde, um eine Veröffentlichung dieses Berichts zu verhindern.
Teilinformationen über den Inhalt des Berichts wurden später
von Nemcovs Freunden enthüllt. Offenbar war die "Geheimsache"
oder "Operation" gegen Nemcov für Putin von grösster
Priorität, so dass der russ. Präsident die "persönl.
Kontrolle" über die Untersuchung der Ermordung Nemcovs
übernahm. Dabei wies er den Untersuchungsausschuss, das
Innenministerium u. den Bundessicherheitsdienst an, ein
einziges Team zusammenzustellen, um die Ermordung Nemcovs zu
untersuchen. Das Ermittlungsteam wurde von einem gewissen Igor
Krasnov geleitet, der zuvor einen versuchten Anschlag auf s.
Anatolij Chubajs u. die Morde an s. Stanislav Markelov u. s.
Anastasija Baburova untersucht hatte. Das Team wurde vom
Leiter des Untersuchungskomitees in Moskau, General Aleksandr
Drymanov, überwacht. Dieser hatte auch die Ermittlungen gegen
s. Nadezhda Savchenko, den 2. Prozess gegen s. Mikhail
Khodorkovskij u. s. Platon Lebedev sowie die Anklage wegen
Völkermords während des russ.-georg. Kriegs gegen das georg.
Militär überwacht. Laut "Bellingcat"-Analyse wurde Nemcov vor
seiner Ermordung von demselben FSB-Team verfolgt, das später
s. Vladimir Kara-Murza, s. Dmitrij Bykov u. s. Aleksej
Navalnyj vor ihren mutmassl. Vergiftungen verfolgte. Die
einzige Zeugin des Anschlags war Nemcovs ukrain. Freundin s.
Anna Durycka.
Spätere ballist. Untersuchungen förderten einige Widersprüche
zu Tage. Welche Rolle u. Bedeutung auf dem Hintergrund dieser
Umstände u. Fakten den Tschetschenen bei der Ermordung Nemcovs
zugedacht werden sollte, blieb dubios. Es könnte durchaus
sein, dass die Tschetschenen sich für diesen Anschlag
missbrauchen liessen, um von den eigentl. brisanten polit.
Hintergründen u. Tatsachen abzulenken. Im Juli 2017 wurde Zaur
Dadaev von einem russ. Gericht zu 20 Jahren Haft verurteilt,
während die anderen Angeklagten jeweils zwischen 11 u. 19
Jahren Haft erhielten.
- s. Rizvan Ibragimov,
ein kritischer tschetschen. Publizist, Schriftsteller
u. Lokalhistoriker, der für die
Online-Zeitung Kavkazskij uzel schrieb,
keine Ungerechtigkeit tolerierte u. in einem politisch
äusserst heiklen Umfeld des zunehmend aggressiven Putin-Kadyrov-Regimes seine
Position als kritisch denkender u. beobachtender Bürger
grundsätzlich u. hartnäckig verteidigte, verstarb
im Jan. 2021. Seine
Bücher wurden von tschetschen. Theologen u. Behörden
beanstandet u. aus den Geschäften der Republik entfernt. Kavkazskij
uzel berichtete, dass ein Gericht
in Tschetschenien im Juli 2016 mehrere Bücher von Rizvan
Ibragimov als extremistisch einstufte u. der Publizist
selbst in einem Strafverfahren angeklagt wurde. Während
des Prozesses gab er an, im April 2016 von
Sicherheitskräften entführt u. anschliessend mit
elektrischem Strom gefoltert worden zu sein. Ibragimov
ging davon aus, dass seine Strafverfolgung von der Führung
der Sicherheitskräfte Tschetscheniens angeordnet worden
war. Im Juni 2017 wurde Ibragimov vom Gericht wegen
Extremismus zu 2,5 Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Im Aug. 2020 äusserte sich Ibragimov empört darüber, dass
Ramzan Kadyrov das für die Bewohner der Republik
eingeführte Maskenregime ignoriert habe. Im Dez. 2020 gab
Ibragimov bekannt, dass das Kassationsgericht in
Pjatigorsk das Urteil aufgehoben u. den Fall für einen
neuen Prozess zurückgesetzt habe.
- Ende Dez. 2021 nahmen tschetschen. Strafverfolgungsbehörden
Dutzende Angehörige von Kadyrovs Kritikern fest, die aus
Russland ausgewandert waren, darunter ca. 40 Angehörige von Abubakar
Jangulbaev, einem Anwalt des "Komitees gegen Folter",
von denen die meisten zwar bald wieder freigelassen wurden. Im
Jan. 2022 brachen unbekannte bewaffnete Männer, die sich als
Polizisten aus Tschetschenien ausgaben, in Nizhnij Novgorod in die Wohnung von
Jangulbaevs Eltern ein, zwangen seine Mutter, Zarema
Musaeva Jangulbaeva, in ein Auto einzusteigen u. entführten
die Frau nach Tschetschenien, wo sie angeblich für eine
spätere Vernehmung als Zeuge in einem anderen Strafverfahren
zur Verfügung stehen sollte. Seitdem konnten weder Angehörige
noch ein Anwalt Kontakt zu ihr aufnehmen. s. Dmitrij Peskov,
der Pressesprecher des Präsidenten RF, sagte, dass der Kreml
diesen Vorfall nicht untersuchen werde u. kommentierte die
Nachricht über Musaevas Entführung als „fantastische
Geschichte, bei der wir es vorziehen, solchen Berichten ohne
Bestätigung nicht einfach zu glauben.“ Später erklärte er, er
habe kein Wort über eine fantastische Geschichte verloren.
Kadyrov nahm ein Video mit Drohungen gegen die Familie
Jangulbaev auf u. warf ihr Verbindungen zu "Telegram"-Kanälen
der Opposition u. zu Terroristen vor. Danach verliessen der Vater von Abubakar
Jangulbaev, Sajdi Jangulbaev, ein ehem. Richter am Obersten
Gerichtshof von Tschetschenien, u. seine Tochter Alija
Russland aus Angst um ihr Leben. Der Informations- u.
Presseminister Tschetscheniens, Akhmed Dudaev, gab bekannt,
dass sich Zarema Musaeva in einer Sonderhaftanstalt in Groznyj
befinde. Am selben Tag berichtete Abubakar Jangulbaev, dass
etwa 15 seiner Verwandten in Groznyj sich nicht gemeldet
hätten u. nicht zu Hause erschienen seien. Kadyrov kündigte
an, die tschetschen. Behörden würden alles tun, um die
Familienangehörigen von Sajdi Jangulbaev zu finden, u. im
Falle ihres Widerstands würden sie „vernichtet“ werden. Anfang
Feb. 2022 drohte Kadyrov Jangulbaev erneut. Am selben Tag
versprach Adam Delimkhanov, der tschetschen. Abgeordnete der
Staatsduma RF von der Partei "Einiges Russland", in einem
Video auf Tschetschenisch, den Familienmitgliedern Abubakar
Jangulbaevs u. denen, die sein Video ins Russische übersetzen
würden, die Köpfe abzuschlagen. Die EU forderte die russ.
Behörden auf, Zarema Musaeva unverzüglich freizulassen.
- Auch in Frankreich, Schweden u.
Deutschland
kam es zu Morden bzw. Mordaufträgen an Kritikern u.
Kontrahenten von Kadyrov.
Aussage zur Blutrache: Im Aug. 2022 schrieb Kadyrov in seinem
"Telegram"-Kanal, dass die Blutrache der
Tschetschenen kein Relikt des Mittelalters sei, wie
europäische Liberale fälschlicherweise glaubten. Sie sei
„das einzige u. effektivste Instrument zur Abschreckung von
Aggression u. Rücksichtslosigkeit, das sogar die
theoretische Möglichkeit eines vorsätzlichen Mordes auf Null
gebracht hat.“ Laut Kadyrov könnte auch gegen den ukrain.
Präsidenten Volodymyr Zelenskyj eine Blutrache ausgerufen
werden. Aber Kadyrov wies darauf hin, dass Zelenskyj eine
Geisel des Westens u. gezwungen sei, die Befehlen anderer
Leute Folge auszuführen.
Ritual
der öffentl. Entschuldigung u. Demütigung: Eine
der höchst archaischen u. unmenschlichen Methoden im Umgang
mit Kritikern des Kadyrov-Regimes wurde das Ritual der
öffentl. Demütigung u. Entschuldigung vor laufender Kamera
z.B. durch Personen, die sich negativ über die Aktivitäten
Ramzan Kadyrovs u./oder der tschetschen. Behörden äusserten.
Entsprechende Entschuldigungen wurden sogar zu einem Internet-Meme. Diese höchst fragwürdige
u. schikanöse Praxis begann im Dez. 2015 in Tschetschenien mit
der Entschuldigung einer Bürgerin namens Ajshat Inaeva im TV-Kanal "Groznyj", die den Führer der
Republik um Vergebung für ihre kritischen Worte bitten musste,
die sie zuvor von sich gegeben hatte. In dem Film sah man, wie
die Frau auf der Sofakante sass, den Blick auf den Boden
senkte u. mit Mühe die Tränen zurückhielt. Laut der Erzählung soll der Grund für
die Entschuldigung beim tschetschen. Führer eine auf
"WhatsApp" erschienene Audionachricht
der Mitarbeiterin eines Rehabilitationszentrums gewesen
sein, in der sie sich über die Praxis beschwerte, bei Bürgern
Vorauszahlungen für Wohnungen u. kommunale Dienstleistungen
einzusammeln. Gleichzeitig wurde Kadyrov für
„Schaufensterdekoration“ u. das Verteilen luxuriöser Geschenke
kritisiert. Bei einem Treffen mit dem Oberhaupt der Republik
widerrief Inaeva ihre Worte u. gab zu, dass sich
„wahrscheinlich ihr Verstand getrübt hatte". 2 Tage später
tauchte auf "Facebook" ein Video auf, in dem ein Tschetschene
namens Adam Dikaev ohne Hose auf einem Laufband „Mein bester
Freund ist Präsident Putin" sang. Eine Woche zuvor hatte
Dikaev ein Video auf "Instagram" kritisiert, in dem Ramzan
Kadyrov zu diesem Lied herumlief. 2015 war ein Video in Umlauf, das zeigte, wie Kadyrov
jungen Leuten, die einen Anschlag auf ihn planten, verzieh.
Tschetschenen müssen sich vor laufender Kamera auch dafür
entschuldigen, weil sie um Hilfe gebeten, mit Zauberinnen
kommuniziert oder bei einer Hochzeit geweint haben u.v.m. In
Tschetschenien sei das Erzwingen einer öffentl. Entschuldigung
eine Methode zur Kontrolle der Gesellschaft. Für Tschetschenen
sei das Konzept der "Ehre“ von äusserster Bedeutung, u. die
Demütigung, die mit einer Entschuldigung einhergeht, könne für
sie schlimmer sein als der Tod, wurde berichtet. Menschen, die
sich weigerten, sich öffentlich zu entschuldigen, seien
eingesperrt, geschlagen oder sogar getötet worden. Der
Informationsminister der Republik, Akhmed Dudaev, erläuterte seine Version
des Mechanismus zur Erlangung einer Entschuldigung: Demnach
wird eine betroffene Person kontaktiert, der erklärt wird,
dass sie gegen tschetschen. Traditionen verstossen habe. Diese
Person erkenne dies an u. veröffentliche eine entsprechende
Entschuldigung in den sozialen Medien. Die
Entschuldigungspraxis ging sogar über Tschetschenien hinaus,
als Kadyrov die Aufzeichnung einer Entschuldigung des
Krasnojarsker Abgeordneten Konstantin Senchenko
veröffentlichte.
- 2016
entschuldigte sich Roman Lavrukhin, Redaktor der
Stavropoler Ausgabe von Komsomolskaja pravda,
öffentlich bei Kadyrov, weil in einer Umfrage zur jährlichen
Bewertung der polit. Überlebenschancen der Regionalchefs die
Position Kadyrovs von „ausgezeichnet“ auf „gut“
heruntergestuft wurde. Lavrukhin habe dies mit dem Fehler
eines Journalisten erklärte, der die Daten der Bewertung
durcheinander gebracht habe. Er versprach, dass der Journalist
u. der Redaktor mit einer Geldstrafe gebüsst würden u. einen
Verweis erhielten.
- Im Feb. 2017 sagte der Moskauer Oberrabbiner [s. Pinchas]
Goldschmidt, dass „99% der Terroristen Muslime" seien.
Er musste sich vor
laufender Kamera bei allen Muslimen entschuldigen, u. der
Tschetschenenführer veröffentlichte seinen Beitrag auf
"Instagram". In dem Video versicherte Goldschmidt, er habe
nicht die Absicht gehabt, sich negativ über den Islam zu
äussern.
- Im Jan. 2018 bezeichnete der bekannte Videoblogger Danila Poperechnyj in
einer Parodie Kadyrov als „Chief Assistant" /„Главный
помощник"/, woraufhin er vom Minister für nationale Politik,
Aussenbeziehungen, Presse u. Information Tschetscheniens,
Dzhambulat Umarov, als „dummer Esel" bezeichnet wurde. Später
veröffentlichte Poperechnyj einen Eintrag in seinem
"Telegram"-Kanal, in dem es hiess, er werde sich nicht bei
Kadyrov entschuldigen, denn sein Videobeitrag sei in erster
Linie eine satirische Arbeit gewesen.
- Im Zusammenhang mit der Frage der Ehre, Demütigung u. Kritik
ist auch die Rekrutierung tschetschen. Kämpfer auf der Seite
Russlands im Krieg gegen die Ukraine zu sehen. Viele
Tschetschenen seien bereit, in den Krieg zu ziehen, um ihre
Familien vor Demütigung u. sich selbst vor Knast u. Folter
zu schützen. /Artikel dazu/
Verfolgung der LGBT-Gemeinschaft: In
einem Interview mit der Zeitung Zavtra nannte
Kadyrov 2009 Homosexualität „das Hauptproblem des
modernen Russlands“. 2017 erklärte er in einem Interview
mit dem US-Fernsehsender HBO, dass es in Tschetschenien
keine Menschen mit homosexueller Orientierung gebe.
Diejenigen, die Repressionsvorwürfe gegen Schwule
verbreiten, nannte Kadyrov „Teufel“, „Käufer“ u.
„Untermenschen“ /«шайтанами», «продажными» и «нелюдями/.
Im April 2017 berichtete die russ. Zeitung
Novaja gazeta erstmals über eine brutale,
staatlich organisierte Verfolgungswelle gegen
Homosexuelle in der Republik Tschetschenien.
In diesem Jahr machte "Human Rights Watch" u. im Jan. 2019
"Amnesty International" auf die
Verfolgung von LGBT-Menschen in Tschetschenien aufmerksam,
wo Ramzan Kadyrov sich wiederholt persönlich über diese
ausfällig geäussert hatte.
Das russ. LGBT-Netz berichtete, dass im Mai 2021
tschetschen. sprechende Männer einen gewissen Ibragim
Selimkhanov in Moskau entführten u. ihn gewaltsam
nach Groznyj brachten, wo er von den Behörden über
Homosexuelle in der Region befragt oder verhört wurde. Im
Zusammenhang mit Fragen der
Homosexualität sagte Kadyrov im Sept.
2019, dass einige europäische Organisationen
„unverhohlene Voreingenommenheit“ zeigten, wenn sie über
Tschetschenien diskutierten, u. es „verunglimpfen“
wollten. Im April 2021 reichten das "European
Center for Constitutional and Human Rights" ECCHR u. die
NGO "Russian LGBT Network" in Deutschland Strafanzege
gegen 5 Unterstützer des Tschetschenen-Chefs Ramzan
Kadyrov ein. Die Urheber der Klage beschuldigen 5 Beamte
Kadyrovs, mindestens 150 Menschen wegen ihrer sexuellen
Orientierung u. Geschlechtsidentität belästigt,
rechtswidrig festgenommen, gefoltert, vergewaltigt u.
zur Tötung gezwungen zu haben. Im Juni 2021
veröffentlichte die Schweizer Presse einen
entsprechenden Bericht über dieses Thema am Beispiel eines
anderen Betroffenen.
Im Juni 2021 erklärte Kadyrov in einem Interview, das von CNN
widergegeben wurde: „Wir haben hier keine solchen
Leute. Wir haben keine Schwulen.
Falls es welche gibt, nehmt sie mit nach Kanada"
/21:20/.
Im Sept. 2021 rief US-Präsident s. Joe Biden in seiner
Rede vor der UN-Vollversammlung die internationale
Gemeinschaft dazu auf, sich für LGBT-Menschen
einzusetzen – „von Tschetschenien bis Kamerun“. Als
Reaktion auf diese Rede kritisierte Kadyrov die
Äusserungen Bidens u. nannte sie „seltsam u. absurd“ /Quelle/. Bei der Kritik der
LGBT-Politik Kadyrovs sollte nicht vergessen werden,
dass auch die christlichen Kirchen eine homophobe
Politik gegenüber LGBTQ-Gruppen führen u. diese als
Sünder u.ä. betrachten u. diskriminieren. Besonders
scharf ist die Ablehnung v.a. von Seiten des Moskauer
Patriarchats der russ.-orth. Kirche von Patriarch
Kyrill, die
scheinbar eine wichtige Rolle in der homophoben
Kampagne, die das Putin-Regime in Russland entfacht
hat. Homophobie hat im christlichen
Russland u. im orthodoxen Raum insgesamt eine lange
u. unheilvolle Tradition.
Die Menschenrechtsbilanz
für Tschetschenien ist miserabel: Laut einem im Mai 2017 von "Human Rights Watch"
eröffentlichten Bericht baute Ramzan Kadyrov über mehr
als einem Jahrzehnt an der Spitze Tschetscheniens nach u.
nach ein Regime der persönl. Tyrannei in der Republik auf u.
löschte die geringsten Manifestationen abweichender
Meinungsbildung rücksichtslos aus. Gleichzeitig
gewährte das föderale Zentrum (Kreml) Kadyrov nahezu
vollständige Freiheit in Bezug auf
Menschenrechtsverletzungen u. Repressionen in seinem
Machbereich.
Das "Forum
Freies Russland" setzte
Ramzan Kadyrov auf seine sog. "Putin-Liste". Dem Tschetschenenführer wird
vorgeworfen: Errichtung eines autoritären diktatorischen
Regimes in der Tschetschen. Republik, zahlreiche
Menschenrechtsverletzungen in der Republik, Folter,
Entführung u. Ermordung von persönl. Gegnern u. Feinden
des Putin-Regimes in Russland im Rahmen der aktiven
Unterstützung der Diktatur Vladimir Putins durch
Tschetschenien. Ramzan Kadyrov habe von Beginn seiner
Tätigkeit als Führer der Tschetschen. Republik im
Interesse der russ. Behörden gehandelt u. ihre Gegner
verfolgt oder eingeschüchtert. Ramzan Kadyrovs persönliche
Wache, die „Kadyrovcy“, sei zu einem der wichtigsten
Straforgane des Putin-Regimes in Tschetschenien geworden,
das Gegner des Regimes im Nordkaukasus vernichte u. die
Opposition in der gesamten RF einschüchtere. Kadyrov u.
seine Leute würden vom Putin-Regime auch aktiv dazu
benutzt, um aussenpolit. Aggressionen durchzuführen, etwa
beim Einsatz tschetschen. Einheiten im russ. Krieg gegen
die Ukraine. Tschetschen. Sicherheitskräfte seien auch an
der Seite des syrischen Diktators s. Bashar al-Assad aktiv
an der Militäroperation in Syrien beteiligt /gewesen/.
Internationale
Sanktionen: Wie oben erwähnt verhängte die EU
gegen Ramzan Kadyrov im Juli 2014 wegen Unterstützung der
Aktionen der Separatisten in der Ukraine Sanktionen in Form
eines Einreiseverbots u. des Einfrierens von Vermögenswerten.
Im Zusammenhang mit der Verfolgung von LGBT-Menschen in
Tschetschenien führten nach GB auch die USA Sanktionen gegen
die Führung der Tschetschen. Republik ein. Im Dez.
2017 setzten die USA unter Präsident Trump Kadyrov auf die
sog. Magnitsky-Liste des OFAC /II III/ wegen „grober Verletzungen
international anerkannter Menschenrechte“. Es hiess u.a.: „Als
Chef von Tschetschenien kontrolliert Kadyrov eine Verwaltung,
die in Verschwindenlassen u. aussergerichtliche Tötungen
verwickelt ist." Das US-Finanzministerium verhängte
Sanktionen sowohl gegen Ramzan Kadyrov persönlich, der für
seine homophobe Rhetorik bekannt ist, als auch gegen eine
Reihe von Organisationen, die ihm nach Erkenntnis des
Ministeriums Einnahmen bringen. Das
US-Finanzministerium geht davon aus, dass der
Tschetschenenführer u. seine Organisation, die "Kadyrovcy",
die von den Amerikanern als ein Spezialregiment der russ.
Nationalgarde Viktor Zolotovs betrachtet wird, an einer
umfangreichen Reihe schwerer Verbrechen beteiligt sind.
Dabei wurden die Ermordung des Politikers s. Boris Nemcov,
die Entführung u. Folter von Menschen mit
nicht-traditioneller sexueller Orientierung, die
Inhaftierung von Journalisten u. Aktivisten der
Zivilgesellschaft u. andere Verletzungen der Rechte auf
Religions-, Versammlungs- u. Meinungsfreiheit genannt. Das
Aussenministerium RF antwortete, indem es sagte, dass es
Washingtons Sanktionen für „weit hergeholt“ u. „unbewiesen“
halte. Im Juli 2020 verhängte das
US-Aussenministerium Sanktionen gegen Kadyrovs Familie u.
Entourage. GB/UK schloss sich den Sanktionen an. Am 10. Dez.
2020, dem Tag der Menschenrechte, erweiterte das US-Finanzministerium die Magnitsky-Liste u. verhängte Internationalen
Sanktionen "gegen schwere Menschenrechtsverletzer",
wobei Ramzan Kadyrovs Rolle in dieser Beziehung besonders
stark hervorgehoben wurde. Von den neuen Sanktionen betroffen
waren insbes. die Organisation der "Kadyrovcy", die sich an
schweren Menschenrechtsverletzungen beteiligt habe bzw. deren
Mitglieder sich daran beteiligt hätten, aber auch die
"Akhmat Kadyrov-Stiftung", der "FC Akhmat", die Organisation
mit dem Namen "Akhmat Absolute Championship" u. der "Akhmat
Mixed Martial Arts Club". Die Sanktionen wurden auch von Kanada,
Australien, Japan, der Schweiz u. Ukraine übernommen.
Kadyrov
bezeichnete die neuen Sanktionen von USA u. UK im
Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien als absurd u. versicherte, dass diese
Sanktionen keine Rolle für die Lage in Tschetschenien
spielen würden.
Einordnung
der Situation Tschetscheniens unter Ramzan
Kadyrov durch Joshua Yaffa: „In den Jahren nachdem
Ramzan Kadyrov die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte,
baute er eine absolute u. weitreichende Autortät in
Tschetschenien auf. Den russ. Generälen u.
Geheimdienstoffzieren, die die Republik einst kontrolliert
hatten, entwand er die Macht ebenso wie internen Rivalen aus
anderen bekannten tschetschen. Clans. Mit der Zeit avancierte
er zur tschetschen. Version eines Feudalherrn: Offiziell war
er dem imperialen Zentrum untergeordnet, doch in seinem
eigenen Königreich konnte er weitgehend nach Belieben schalten
u. walten. ... Die Truppen der RF verschwanden aus dem Alltag.
Sie wurden an Kontrollpunkten u. Aussenstellen in den Bergen
zusammengezogen, u. auch dort sank ihre Zahl. Die
uniformierten Männer mit Automatikgewehren, die jetzt in der
Hauptstadt u. den kleinen Städten patrouillierten, waren nicht
russ., sondern tschetschen. Streitkräfte. Obwohl sie
theoretisch grossteils der Moskauer Zentralregierung
unterstellt waren, galt ihre Loyalität letztlich Kadyrov,
20-30 Tsd. Mann schlossen sich Einheiten an, die unter seinem
inoffiziellen Befehl standen. Viele von ihnen hatten zuvor als
Rebellen Krieg gegen Russland geführt. Sie waren nicht auf den
Kreml, sondern auf Kadyrov persönlich vereidigt. Putin fand
sich mit diesem Arrangement ab - vermutlich, weil er mithilfe
von Kadyrovs Milizen den islamist. Aufstand in Tschetschenien
niederschlagen konnte. ... Je mehr Macht Kadyrov anhäufte,
desto geringer wurde der Einfluss Moskaus in Tschetschenien.
"Die Föderationsgesetze greifen hier überhaupt nicht", so die
Menschenrechtsaktivistin Gannushkina. "Stattdessen gilt nur
eines, ein einziges Gesetz ... - Ramzans Befehl". Kadyrov
regiert die Republik per Diktat, inspiriert von der Scharia u.
seiner persönl. Auslegung des Adat, des überlieferten
tschetschen. Gewohnheitsrechts. ..." ... Die Alternative
"Krieg oder Kadyrov" mag falsch sein, aber Kadyrov hat sie
nicht nur dem Kreml erfolgreich verkauft, sondern auch vielen
Tschetschenen. Allerdings bleibt ihnen nicht viel anderes
übrig. ... Kadyrovs Aufstieg u. die faktische Autonomie von
Moskau, die er genoss, habe für viele Tschetschenen etwas
Begrüssenswertes u. Überzeugendes. Selbst wenn sie für ihn
persönlich u. die Art seiner Herrschaft nicht viel übroghaben,
ist er doch wenigstens kein weiterer Abgesandter Moskaus,
sondern einer von ihnen. ... Im verzweifelten Bestreben, die
Separatisten der Neunziger abzuwehren, hat der Kreml es
letztlich zugelassen, dass die Republik zu einer Art Ausland
im Inland geworden ist, einem selbstverwalteten Gebiet, von
dem die ursprünglichen Separatistn nur träumen konnten. ...
Wenn ein Tschetschene einmal im Verdacht steht, dem militanten
Widerstand anzugehören, schweben so gut wie alle männlichen
Mitglieder seiner Grossfamilie in Gefahr. ... Kadyrov stellt
sich als Vater der Nation dar." /s. Die Überlebenskünstler,
dt., S. 149-176/.
Varia:
Sport: Ramzan Kadyrov ist angeblich ein
Meister des Boxsports u. leitet den tschetschen. Boxverband.
Nach Angaben der Agentur "RIA Novosti" „war er bis zum Jahr
2000 v.a. durch seine Sportkarriere bekannt: Er nahm an vielen
Boxwettbewerben teil“. Der Journalist Vadim Rechkalov
behauptete jedoch: „Die Athleten des Südlichen
Föderationskreises, die ich interviewt habe, einschliessl. der
Kollegen von Ramzan, haben noch nie etwas von einem Boxer
Kadyrov gehört. Um Meister zu werden, muss man das russ.
Finale erreichen oder andere Meister schlagen. Wenn Ramzan das
getan hätte, hätten die Boxer es gewusst.“ Ein weiteres Hobby
von Ramzan Kadyrov sind Rennpferde. Er soll etwa 50 Pferde
besitzen, die in Russland u. im Ausland gehalten werden u.
Preise bei prestigeträchtigen Wettbewerben in Russland u. im
Ausland gewonnen haben sollen, darunter den "Grossen All-Russ.
Preis u. den "Melbourne Cup". Vorwürfe wegen
Menschenrechtsverletzungen gegen Kadyrov führten zum
Ausschluss seiner Pferde von Turnieren in den USA. 2004-11 war
Kadyrow Präsident des FC "Terek", 2012 wurde er dessen
Ehrenpräsident. Kadyrov leitet den "Ramzan"-Sportklub, der
Zweigstellen in allen Regionen Tschetscheniens hat. 2010 wurde
er zum Präsidenten des Schachverbands des Föderationskreises
Nordkaukasus gewählt.
Soziale Netzwerke:
Kadyrov ist ein aktiver Nutzer des "Instagram"-Dienstes. Sein Konto
eröffnete er im Feb. 2013, wo er bald Zehntausende Follower
hatte. Die Benutzer –
v.a. Einwohner Tschetscheniens –
posten z.B. Beschwerden u. Nachrichten über die Arbeitssuche.
2015 meldete sich Kadyrov im sozialen Netzwerk "VKontakte" an. Im Juni 2015 wurde
Kadyrovs öffentl. Zugang zu seinem "Instagram"-Account
gesperrt. Um den Inhalt zu sehen, musste man den Politiker um
Erlaubnis nachfragen. Ab Nov. desselben Jahres war der Zugang
wieder offen. Nach den Ergebnissen von 2015 war Kadyrov der
meistzitierte russ. "Blogger". Im Dez. 2017 wurden sein
"Instagram"- u. "Facebook"-Konto gesperrt. Die Medien
erklärten die Sperrung mit der Aufnahme Kadyrovs in die
US-Sanktionslisten. Als Reaktion darauf kündigte er seinen
Verzicht auf Facebook u. die Errichtung eines eigenen
tschetschen. sozialen Netzwerks namens "Mylistory" an. 2021
wurde Kadyrov vom heimischen TV-Sender "Groznyj" für seine
mobile Videoberichterstattung zum „besten mobilen Reporter“
gekürt.
Erwartungsgemäss ist Kadyrov im Besitz unzähliger russ. u.
tschetschen. Auszeichnung u. Orden, einige Strassen u. Parks
in Tschetschenien wurden nach seinem Namen benannt. Kadyrov
hat einen Hund der Sorte Pitbull. Während des
Kriegs zwischen Russland u. der Ukraine fanden, retteten oder
stahlen russ. od. tschetschen. Soldaten den Hund im Juni 2022
bei den Soldaten von "Asovstal" in Mariupol u. überreichten
ihn Kadyrov, sozusagen als Trophäe.
Einkommen/Vermögen/Besitztum/Korruption:
Ende 2020 war Kadyrov das reichste Oberhaupt der russ.
föderalen Subjekte. Laut der Deklaration für 2020 verdiente er
381,19 Mln. Rubel –
das war 50x mehr als 2 Jahre zuvor, als er 7,5 Mln. Rubel
verdiente. Gemäss der Deklaration besass er auch 2 Grundstücke
mit einer Fläche von 3668 u. 28´361 m² u. ein Wohngebäude mit
einer Fläche von 2344,3 m². Seine Frau hat eine Wohnung mit
209,8 m² Umfang. In einer Dokumentation von s. Ilja
Jashin von 2016 wurde Kadyrov
Korruption vorgeworfen. Obwohl er laut eigener Steuererklärung
60 Tsd. Euro pro Jahr verdiene, führe der Tschetschenenführer
einen luxuriösen Lebensstil mit Sammlung von teuren Uhren u.
Autos, einer Residenz sowie 102 Pferden. Im
Zentrum des Verdachts einer korrupten nepotist. Parallelwirtschaft
steht die erwähnte, 2004 gegründete Akhmat-Kadyrov-Stiftung,
die von Kadyrovs Mutter geleitet wird. Staatliche Angestellte
und Beamte zahlten mindestens 10% ihrer Einkünfte ein,
Unternehmer bis zu 50%. Im Monat summierten sich diese
Zuflüsse auf geschätzte 55 Mln. USD, Stand 2015. Abgaben zu
leisten hätten auch ausserhalb des Staatsgebiets lebende
Tschetschenen. Zu dem Firmengeflecht der Stiftung gehörten u.a
Immobilienfirmen, Sportveranstalter un. eines der wenigen
alkoholausschankberechtigten Unternehmen des Landes. Über das
Stiftungsvermögen werde frei verfügt; so würden einerseits
öffentlichkeitswirksam wohltätige Grossveranstaltungen
finanziert, andererseits beispielsweise 16 Motorräder an den
russ. Rockerclub "Nachtwölfe" gespendet.
Obwohl die Stiftung zu den reichsten Russlands gehöre - 2019:
90 Mln. Euro, sei jahrzehntelang kein gesetzlich
vorgeschriebener Rechenschaftsbericht veröffentlicht
worden, wie Liz Fuller berichtete.
Linguist. Analyse der Rede u. des
Sprachgebrauchs R. Kadyrovs: Die Charakteristik
der von Ramzan Kadyrov öffentlich verwendeten Sprache ist
immer wieder in den Fokus der Forschung gerückt u. wird
unterschiedlich bewertet. Unter den Merkmalen von Kadyrovs
Rede u. Sprache werden Ironie, Metapher, zahlreiche
rhetorische Fragen, Vermeidung komplexer Strukturen, bewusste
Aufteilung des Textes in mehrere interpunktions- u.
intonationsunabhängige Segmente, Akzentmerkmale u. ein hohes
Mass an Spontaneität des sprachlichen Ausdrucks festgestellt.
Im Tschetschenischen verwendet er auch viele russ. termini
technici. Die Erforscherin von Kadyrovs Reden E.S. Azieva
schrieb 2014, dass Kadyrov „zunächst mit Fehlern in der
Syntax, ´abgehackten´ Formulierungen u. einem bestimmten
Akzent in die öffentliche Politik eintrat“; „die Art der
Intonation u. Gestik seiner Sprache habe sich mit der Zeit
jedoch unkenntlich verbessert u. seine
Kommunikationsfähigkeiten hätten sich entwickelt, lexikalische
Fehler u. Wiederholungen seien praktisch verschwunden.“ Azieva
glaubte, dass Kadyrov psychologische Pausen geschickt
einsetzt, aber seine Gesten störten die Sprachwahrnehmung
nicht, sondern ergänzten sie. Aziev verband Kadyrovs
Verletzung orthoepischer Normen mit den Besonderheiten der
tschetschen. Sprache, in der die Betonung fast immer auf der
ersten Silbe liegt u. konstant ist, wodurch Vokale in Wörtern
ohne merkliche Betonung fast immer gleichmässig ausgesprochen
werden, während tschetschen. Konsonanten in Analogie zu
Deutsch u. Englisch mit Spannung ausgesprochen werden. Azieva
schrieb, dass beim Aussprechen eines Konsonanten in der
tschetschen. Sprache eine starke Muskelspannung des gesamten
Sprachapparats auftritt, was den viel energischeren Klang der
tschetschen. Konsonanten im Vergleich zu den russ. erkläre, u.
solche Merkmale prägten auch die russ. Sprache Kadyrovs. Die
Linguistin u. Journalistin Olga Severskaja sieht die
Rede u. Sprache Kadyrovs vor dem allgemeinen Hintergrund der
polit. Rhetorik. Severskaja hielt fest, dass Kadyrov „gerne in
Kriegsbegriffen denkt." Es sei „kein Zufall, dass er V.V.
Putin als Kommandanten u. sich selbst als Gefreiten
darstellt“, etwa beim Bsp. „Ich bin Putins Infanterist u. der
Verteidiger Russlands“. Die Infanterie sei die treibende Kraft
militär. Operationen, u. Putin sei für Kadyrov „ein mächtiger
Kommandant, weil er den Krieg in Tschetschenien beendet" habe.
Kadyrov wird als Popularisierer des religiösen u. polit.
Slogans „Akhmat ist die Kraft!“ bezeichnet, der sich seit
2017-18 in Tschetschenien verbreitete. Als besonderes Merkmal
fiel Beobachtern Kadyrovs häufige Verwendung des Wortes „don/ə“
in öffentl. Reden u. Ansprachen auf. Nutzer sozialer Netzwerke
äusserten unterschiedliche, teils ironische Versionen über die
Bedeutung dieses Wortes – von einer Verbindung mit dem Fluss
Don bis hin zu einer Anspielung auf den Protagonisten von
Mario Puzos Roman "Der Pate“ Don Corleone, der durch die
entsprechende US-amerikan. Filmtrilogie berühmt wurde. Kadyrov
selbst erklärte dazu: „Eigentlich ist das nur ein tschetschen.
´дуй хьуна´ - nicht ´don´. Dies entspricht in der tschetschen.
Version dem ´короче говоря´ - ´kurz gesagt´ auf Russisch“.´/Bsp.
I Bsp. II Bsp. III/ Das "don" wurde in
zahlreichen Netzvideos herzhaft verspottet - so tauchten dort
auch Spottnamen wie "Don KoLidor", "DJ Don-Donych", "Shura-don
don" usw. auf /Bsp./.
Involvierung
der Tschetschenen im Ukraine-Krieg 2022:
Kadyrov-treue tschetschen. Kämpfer sind seit 2014 im
russ.-ukrain. Krieg aktiv. Nach dem Beginn des russ. Überfalls auf die Ukraine vom
Feb. 2022 schickte Kadyrov einen Teil
seiner "Kadyrovcy" in die Ukraine, v.a. in den
Donbass. Am 26. Feb. bestätigte Kadyrov, dass
„freiwillige Einheiten" der "Kadyrovcy" in der Ukraine
stationiert worden seien. Laut Oleksij Danilov, Sekretär des
Nationalen Sicherheits- u. Verteidigungsrates der Ukraine,
hatten sie den Auftrag, die Führer der Ukraine zu fangen u.
zu töten, insbes. den ukrain.
Präsidenten s. Volodymyr Zelenskyj.
Diese Einheit sei laut Danilov von
ukrain. Sicherheitskräften jedoch
eliminiert worden. Dabei sei auch ein
tschetschen. General getötet worden. Kyiv Independent berichtete
über die Zerstörung einer tschetschen. Kolonne von 56
Panzern durch ukrain. Raketen in der Nähe von Hostomel am
27. Feb. Wie das ukrain. Verteidigungsministerium mitteilte,
habe die Alpha-Gruppe des SBU am selben Tag in Hostomel
einen Konvoi tschetschen. Truppen überfallen u. den
Kommandeur des 141. motorisierten Regiments, also der
"Kadyrovcy", Generalmajor Magomed Tushaev, getötet,
wobei Ramzan Kadyrov dies bestritt u. sagte, er sei noch am
Leben u. ein Video veröffentlichte, das Tushaev lebend
zeigte. Tschetschen. Medien veröffentlichten ein Video, in
dem Tushaev am 16. März 2022 seinen Tod leugnete.
Foreign Policy beschrieb
den Einsatz tschetschen. Kämpfer als „Versuch
Russlands, die Ukraine mit Bildern tschetschen.
Soldaten zu terrorisieren“. Laut ukrain. Medien wurden
tschetschen. Einheiten als Sperrtruppen eingesetzt, um
die niedrige Kampfmoral der russ. Soldaten durch die
Hinrichtung russ. Deserteure zu bekämpfen.
Am 1. März sagte Kadyrov, dass die
tschetschen. Kämpfer in der Ukraine Verluste von 2 Toten u.
6 Verwundeten erlitten hätten. Nach Angaben des ukrain.
Geheimdienstes erlitten die tschetschen. Einheiten jedoch
„Hunderte“ Opfer, als sie in der Nähe von Kiev eingesetzt
wurden; am 13. März 2022 seien sie nach Tschetschenien
abgezogen worden. Kämpfende Tschetschenen seien bei der
Belagerung von Mariupol gesehen worden. In der Tat wurden
tschetschen. Truppen dafür bekannt, in sozialen Medien
Videos aus dem Ukrainekrieg zu veröffentlichen, darunter
Kampfaufnahmen aus Mariupol.
Am 14. März veröffentlichte Kadyrov auf "Telegram" ein
Video, in dem er behauptete, selbst in die Ukraine gezogen zu sein,
um die ukrain. Regierung zu stürzen. Beim Angriff auf
Mariupol soll auch sein 14-jähriger Sohn namens Adam dabei gewesen
sein. Ein Aufenthalt Kadyrovs in der Ukraine erscheint
jedoch sehr fraglich. Kadyrov wurde im Internet weithin als „TikTok-Krieger“
verspottet, nachdem ein Bild, das ihn auf Reisen in
der Ukraine zeigen sollte, ihn beim Beten an einer
Tankstelle zeigte, deren Marke es nur in Russland gibt.
Am
11. März 2022 äusserte Kadyrov in seinem Artikel „Der Zusammenbruch der unipolaren Welt“
seine Meinung zu den Gründen des Konflikts mit der Ukraine
u. der russ. Invasion in der Ukraine im
Zusammenhang mit den Beziehungen Russlands zu den USA u. dem
Westen.
In einem Video mit Veröffentlichungsdatum vom 29. März verdammte Kadyrov bei einer
Verabschiedung "freiwilliger" Kämpfer in einem martialischen
Auftritt vor seiner Residenz in Groznyj Kiev als Ursprung
allen Übels u. bestätigte somit die Teilnahme tschetschen.
Kämpfer der "Akhmat-Kadyrov-Einheit" auf der Seite Russlands
in der Ukraine. Man sei gezwungen worden, in diesem „Krieg
die Banderisten, Nazis u. Wahhabiten zu vernichten", wobei
er Allah u. Putin in einem Zug nannte. Für diese "Schajtane" [ein Lieblingswort
Kadyrovs] gebe es keine Gnade. Am 1. April berichteten ukrain.
Medien, dass tschetschen. Truppen Wehrpflichtige der
"Volksrepublik Lugansk" hingerichtet hätten, die sich
weigerten zu kämpfen. Unbestätigten Berichten zufolge
exekutierten tschetschen.
Truppen russ. Soldaten, die zu
stark verletzt waren, in Feldlazaretten. Am 29. April
behauptete der ukrain. Geheimdienst, dass eine Einheit
burjät. Soldaten u. tschetschen. Truppen das Dorf
Kyselivka im Gebiet Kherson beschossen habe. Zwischen
burjät. Soldaten u. tschetschen. Truppen sei ein Konflikt
wegen der Aufteilung der Beute ausgebrochen. Tschetschen.
Truppen wurden auch beschuldigt, das Massaker von Butscha begangen zu
haben, indem sie vorsätzlich Zivilisten angegriffen
hätten. Unter den gefallenen Generälen der pro-russ.
Kräfte befand sich auch Magomed Tushaev, ein 36-jähriger
tschetschen. Warlord, der laut Daily Mail in
einem Panzerkonvoi, der in der Nähe von Hostomel zerstört
wurde, ums Leben kam. Ende Juni 2022 kündigte Kadyrov die
Schaffung von 4 neuen Bataillonen an, die nur aus
ethnischen Tschetschenen bestehen sollen. Diese Bataillone
sollten laut Kadyrov „Nord-Akhmat“, „Süd-Akhmat“,
„West-Akhmat“ u. „Ost-Akhmat“ heissen u. in die Ukraine
kämpfen. Von der sog. "Volksrepublik Lugansk" wurde
Kadyrov als "Held"
ausgezeichnet. Kadyrovs Tochter widmete ein Lied den tschetschen.
Kämpfern in der Ukraine. Nach Berichten gebe es auch diesmal
Tschetschenen, die wie 2014/15 als eigentliche Freiwillige auf der Seite der ukrain.
Armee kämpfen, um einen gemeinsamen Feind, die
Russen, zu bekämpfen. Im
Sept. sagte Kadyrov, Kiev sei bisher
nicht unter die Kontrolle der russ. Streitkräfte geraten,
nur weil Putin dies nicht erlaubt habe - wohl eine
zweifelhafte Aussage. Im Okt. räumte
Kadyrov den Verlust eigener Truppen bei
Cherson ein. Als Reaktion drohte
Kadyrov mit dem Heiligen Krieg u. der Vernichtung
ukrain. Städte,
kritisierte aber auch die Schwäche Moskaus. Im Feb.
kündigte er an, in Konkurrenz zu den "Wagner"-Truppe von
s. Evgenij Prigozhin eine eigene Söldnertruppe errichten
zu wollen. Nach einem angebl. Angriff ukrain.
Nationalisten auf russ. Gebiet von Anfang März 2023 forderte
Kadyrov drastische Vergeltungsmassnahmen, die sogar
Angriffe auf ukrain. Zivilisten
beinhalten würden.
Beziehung zur Türkei: Im Aug. 2022 berichteten die Medien,
Kadyrov habe ein „informelles, reichhaltiges u. produktives
Gespräch“ mit dem türkischen Aussenminister Mevlüt Çavuºoğlu
geführt, in dem sie zu einer gemeinsamen Meinung über
die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen der
Türkei u. der Republik Tschetschenien in verschiedenen
Fragen gelangt seien. Çavuºoğlu habe seine Hoffnung
ausgedrückt, dass dieses Treffen weitere Kontakte anbahnen
wird.
Nachdem sich in der 1. Hälfte Sept. 2022 in der Ostukraine
eine erfolgreiche Gegenoffensive der ukrain. Armee
abzeichnete, reagierte Kadyrov empört u. schrieb auf seinem "Telegram"-Kanal:
„Ich verstehe nicht, was das russ. Verteidigungsministerium
aktuell tut u. warum es das tut." Der Tschetschenenführer
drohte, das Heft in die eigene Hand zu nehmen u. erklärte,
dass er persönlich dafür sorgen werde, dass „alle diese [an
die Ukraine verlorenen] Städte - Izjum, Kupjansk u.
Balaklija - zurückgeholt werden." Seine Leute, die speziell
für diese Arbeit ausgebildet worden seien, seien bereits vor
Ort, u. man sei bereit, weitere 10'000 Kämpfer zu entsenden.
Und man werde Odessa in naher Zukunft erreichen.
Russland habe in den vergangenen Wochen u. Monaten viele
Fehler gemacht u. bleibe viele Antworten auf wichtige
Fragen im Ukraine-Krieg schuldig, schrieb Kadyrov kritisch
weiter. Er werde sich an die Führung des
Verteidigungsministeriums RF u. die Führung des Landes
wenden müssen, um ihnen die Situation zu erklären, wenn an
der Strategie der speziellen Militäroperation nicht sofort
Änderungen vorgenommen würden, blies sich Kadyrov
grossmäulig auf. Eigentlich wollte sich Kadyrov von seinem
Amt als Oberhaupt Tschetscheniens zurückziehen, wie er vor
kurze angekündigt hatte. Einige Tage später schrieb er in seinem
"Telegram"-Kanal, dass er in Russland das Kriegsrecht
verhängen und in der Ukraine "alle Waffen" einsetzen
würde. Dies sei sein persönliche Meinung. Nach der
Teilmobilmachung der russ. Streitkräfte vom 21.9.22
wurden Russen, die nicht am Krieg gegen die Ukraine
teilnehmen wollen, wurden von Kadyrov als Feiglinge beschimpft. Am
30. Sept. 2022 wurde Kadyrov /neben Sobjanin/
unter der eingeladenen Elite im Kreml anlässlich der Verkündung
der Annexion von 4 ukrain. Gebieten durch Putin
gesehen. Am 1. Okt. 2022 rief
Kadyrov den Kreml dazu auf, den Einsatz von Atomwaffen
in der Ukraine zu prüfen u. kritisierte auf "Telegram"
die russ. Kommandeure für den Abzug aus Lyman. Er schrieb wörtlich: „Meiner
persönlichen Meinung nach sollten drastischere
Massnahmen ergriffen werden, bis hin zur Verhängung des
Kriegsrechts in den Grenzregionen u. dem Einsatz von
Atomwaffen mit geringer Sprengkraft.“ Nach der russ.
Niederlage in Lyman Anfang Okt. 2022 tief getroffen
schlug Kadyrov in einer "Telegram"-Nachricht verbal um
sich, rechnete mit dem russ. Militär ab
u. kritisierte den russ. Befehlshaber
Alexander Lapin scharf.
Am 3. Okt. kündigte Kadyrov auf "Telegram" an ,
dass er 3 seiner minderjährigen Söhne in den Krieg gegen die
Ukraine schicken will, nämlich die
zwischen 14 u. 16 Jahre alten Akhmat, Selimkhan u. Adam
seien bereit
dazu u. würden trainiert. Sie würden bald „an
die schwierigsten Abschnitte der Front geschickt". Wie
Kadyrov am 5. Okt. 2022, seinem 46. Geburtstag, auf "Telegram" mitteilte, sei er von
Putin zum Generaloberst der Nationalgarde RF befördert
worden. Nach dem massiven Raketenangriff Russlands gegen
die Ukraine vom 10. Okt. 2022 als angebliche Vergeltung
gegen ukrain. "Terroranschläge" der letzten Zeit, v.a. auf
die Krym-Brücke vom 8. Okt., zeigte sich Kadyrov „100 Prozent zufrieden". In der
Presse wurde spekuliert, dass der Tschetschene an dem
Posten des russ.
Verteidigungsminsters interessiert sein könnte.
Des weiteren forderte er am 25. Okt. auf "Telegram"
die „Auslöschung" ukrain. Städte, nachdem
Russland der Ukraine Angiffe auf russ. Gebiet
vorgeworfen hatte: „Unsere
Reaktion war bisher zu schwach. Wenn ein Geschoss in
unsere Region fliegt, müssen ganze Städte
ausgelöscht werden, damit sie niemals mehr denken,
sie könnten in unsere Richtung schiessen." Gleichzeitig versprach er,
halb halluzinierend wirkend, in "Telegram", einmal
mehr, die
„Ukrainer
zu vernichten" u. „die Schejtane zu verbrennen". Die
„ganze Ukraine" sei
„russ.
Territorium". Eine
weitere Tirade lancierte er gegen den Westen u. schrieb:
„Dort,
im Westen, agiert der Satanismus nämlich ganz offen gegen
Russland. Dort werden die Rechte von Atheisten geschützt und
Gläubige beleidigt. Das ist Satanismus. Und Satanismus ist
auch, wenn traditionellen Paaren die Kinder weggenommen und
in gleichgeschlechtliche Familien verlegt werden." Wie die
Ukraine an diesem Datum meldete, will die ukrain. Armee, bei
Cherson eine grössere Gruppe
tschetschen. Soldaten bei einem Artillerieschlag getroffen
haben; rd. 30 seien getötet, 100 weitere unter Trümmern
begraben worden.
Am 28. Okt. gab
Kadyrov auf seinem "Telegram"-Kanal Verluste eigener
Truppen zu.
Bei einem Artilleriebeschuss durch ukrain. Truppen seien
bei Cherson 23 Kämpfer ums Leben gekommen u. 58 verletzt
worden. Eine tschetschen. Einheit habe laut Ukraine über
soziale Netzwerke ihren Standort verraten.
Rücktrittsabsichten?
Im Sept. 2022 gab Ramzan Kadyrov auf "Telegram"
bekannt, eine „unbestimmte u. lange" Pause einlegen
zu wollen. Einige
Tage später schrieb er auf dem selben Kanal, er sei seit
15 Jahren auf seinem Posten u. plane, den Rekord der
längsten Amtszeit als Oberhaupt einer russ. Region
aufzustellen – dieser liege bisher bei 27 Jahren.
Ausserdem könne er erst gehen, wenn er das Volk u.
den Präsidenten Russlands gefragt habe. Es
wurde darüber spekuliert, dass der Tschetschenführer, auch
als "Bluthund Putins" bezeichnet, über Rücktrittsabsichten
schrieb, um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Es ist
unklar, ob seine Aussagen aber auch im Zusammenhang mit
dem gescheiterten Einsatz der Tschetschenen in der Ukraine
stehen könnten. Ein Kommentator wollte die
Ankündigung Kadyrovs damit verbinden, dass sich die
Situation im Nordkaukasus verschärft habe u. Russland
riskiere, die Kontrolle über das Gebiet zu verlieren.
Weitere Ereignisse seit Ende 2022:
Anfang Dez. 2022 wurde gemeldet, der
prominente tschetschen. Dissident Tumso Abdurakhmanov,
der in Schweden lebt/e u. als scharfer Kritiker Ramzan
Kadyrovs gilt,
sei verschwunden.
Nach anderen Angaben sei der Blogger erschossen worden. Dessen Bruder
Mokhmad, der für tschetschen. Menschenrechtsorganisation
"Vayfond" arbeitet/e, die ebenfalls in Schweden ansässig
ist, u. 2017 in Deutschland Asyl beantragte, sei
ebenfalls „nicht
mehr erreichbar". Nach dem Tod zweier ehem.
Weggefährter
rankten sich dubiose Geschichten um
den Tschetschenführer, dessen Gesundheitszustand selbst
Fragen aufwarf; Kadyrov soll unter Nierenproblemen leiden.
Im
März 2023 befand sich Kadyrov bei Putin zur
Berichterstattung. Am Treffen sagte Kadyrov „wir führen
alle Ihre Befehle aus" u. dankte ihm, was
er „alles
für Tschetschenien tue". Kadyrow zeigte sich begeistert
von der Gruppe "Wagner" s. Evgenij Prigozhins, dessen
brutale Söldnertruppe Schule machte u. "patriot."
Nachahmer wie Kadyrov auf den Plan rief. Der wilde
Tschetschene, "Bluthund Putins" genannt, galt als scharfer
Kritiker des russ. Verteidigungsministers s. Sergej
Shojgu. Spätestens als Prigozhins Aufstand gegen die Obrigkeit
in Moskau gescheitert war, musste Kadyrov seine seit
Längerem gehegten scheinbaren Ambitionen auf gesamtstaatl.
Ebene aufgeben u. sich den Befehlen Moskaus fügen, zumal
es sich gezeigt hatte, dass Kadyrovs Einfluss aus diversen
Gründen auf die Moskauer Politik begrenzt war, trotz
seiner feurigen Propaganda des Krieges gegen die Ukraine
u. gegen den Westen /NZZ/. Nach Gerüchten um ein mögliches Ableben
Kadyrovs traf dieser im Sept. 2023 Putin in dessen Büro,
um zu beweisen, dass der Tschetschene noch lebt. In der
Öffentlichkeit wird das skandalös-kriminelle Verhalten
Kadyrovs von Putin gewöhnlich in keiner Weise
thematisiert, sondern der Tschetschenführer wird im
Gegenteil vom russ. Staatschef wegen der "positiven
Entwicklung" in Tschetschenien selbst auf zynische Weise immer wieder emphatisch gelobt. Im
Nov. 2023 wurde darüber berichtet, wie Kadyrovs
15-jähriger Sohn Adam, ein möglicher Nachfolger, zum
Chef des Sicherheitsdienstes seines Vaters befördert
wurde /II/. Mit einem Video lieferte der tschetschen.
Machthaber den Beweis dafür, dass sein
minderjähriger Sohn Adam einen Häftling wegen angeblicher
Verunglimpfung des Islams verprügelte –
in Russland führte das zu ungewöhnlich einhelliger
Ablehnung. Gleichzeitig wurde darüber berichtet,
dass der über alles geliebte Freund Putin dem Tschetschenführer die Gelder
gekürzt habe. Eine ZDF-Analyse zeigte auf, wie der Kadyrov-Clan in Tschetschenien wütet.
Im Dez. 2023 sagte Kadyrov das Kriegsende in der Ukraine für Sommer 2024
vorher.
2024:
Meldungen über eine
unheilbare Erkrankung: Nach einem Medienbericht flammten im April
2024 in Russland Gerüchte um den Gesundheitszustand
Kadyrovs wieder auf. Der 47-jährige
Tschetschenenführer
leide unter einer unheilbaren Erkrankung der
Bauchspeicheldrüse, schrieb die im Exil herausgegebene
u. gewöhnlich gut
informierte Zeitung
Novaja gazeta Europa, die
sich dabei auf Quellen sowohl aus
Kadyrovs Umgebung als auch auf Ärzte im Krankenhaus
der Präsidialverwaltung RF berief, wo das erkrankte
Oberhaupt Tschetschenens im vergangenen Herbst unter
Tarnung behandelt worden sein soll.
Auf Kadyrovs "Telegram"-Kanal wurde in der Tat ein Video
veröffentlicht, das ihn bei einer Sitzung der
Republiksregierung in Groznyj zeigen soll: Dort sass er
fast regungslos am Tisch u. sprach nur langsam u. mit
Mühe. Aus Kadyrovs Machtapparat, der ähnliche Gerüchte
vor einigen Monaten dementiert hatte, war zu dem
jüngsten Medienbericht keine offizielle Stellungnahme zu
vernehmen. s. auch BUDANOV, Jurij) 04.24
Sonderausgabe
der
"Russland-Analysen"
(Nr. 454, Juli
2024) über
Ramzan Kadyrov
u. seinen Clan
(pdf)
Im Aug. 2024 reiste Putin, von Baku kommend, erstmals
seit 2011 im Sinne eines spontanen Abstechers, wie es hiess,
nach Groznyj in Tschetschenien, wo er Kadyrov u. seine Leute
traf u. wo er Waffen inspizierte /II III
V/.)
08.24
KAGARLICKIJ, Boris Julevich II (russ. marxist. Theoretiker,
Soziologe u. Politiker, der in der Sowjetunion u. im
postsowjet. Russland ein linker polit. Dissident war u. von
den Behörden entsprechend schikaniert wurde, bis heute. Sohn
eines berühmten Literatur- u. Theaterkritikers. Er
war Student an der GITIS, wo sein Vater Professor war.
1986 gründete er zusammen mit s. Gleb Pavlovskij den "Club
der sozialen Initiativen", eine der ersten "informellen",
d.h. nicht von der KPdSU kontrollierten Organisationen.
1987 nahm er an der Organisation der ersten informellen
Konferenz "Öffentliche Initiativen der Perestrojka“ teil.
Nach der Entfernung von s. Boris Elcyn vom Posten des 1.
Sekretärs des Moskauer Stadtkomitees der KPdSU nahm er an
der Kampagne "zur Verteidigung von Glasnost im Fall Elcyn"
teil. 1988 wurde er einer der Führer der entstehenden
Moskauer Volksfront. 1989 scheiterte ein Versuch der
Volksfront, Kagarlickij als Volksabgeordneten der UdSSR zu
nominieren. Ende 1989 gründete er das "Allruss. Komitee
der Sozialist. Partei" u. entfernte sich von der
Volksfront. Im März 1990 wurde er als Abgeordneter
der Partei "Demokrat. Russland" in den Mossovet gewählt, wo
er gegen Bürgermeister Gavriil Popov auftrat. Bald verliess
er das "Demokrat. Russland“ wieder u. gründete eine eigene
Abgeordnetengruppe namens "Moskauer Linke“, die später
"Fraktion der Arbeit“ hiess. Im Juni 1990 beteiligte er sich
an der Gründung der Sozialist. Partei Russlands u. wurde in
deren Exekutivkomitee gewählt. 1993 widersetzte er sich
Präsident Elcyns Dekret Nr. 1400 über die Auflösung des
Obersten Sowjets. In den 1990ern war Kagarlickij als
Kolumnist für die Zeitung des Moskauer Gewerkschaftsbundes
"Solidarität", als Experte des Verbandes unabhängiger
Gewerkschaften Russlands u. als Senior Researcher am
"Institut für Vergleichende Politikwissenschaft u. Probleme
der Arbeiterbewegung der RAW tätig, wo er seine Dissertation
zum Thema "Gewerkschaftspolitik u. industrielle Konflikte in
Russland - 1990er Jahre“ verteidigte. Im Herbst 1997
kandidierte er als Kandidat des "Blocks Nikolaj Gonchar" für
die Moskauer Stadtduma, verlor aber die Wahl. Danach zog
sich Kagarlickij aus der aktiven Politik zurück u.
engagierte sich hauptsächlich in der wissenschaftl.
Forschung, im polit. Journalismus u. in der Lehre. Anfang
2000 beteiligte er sich dennoch an der Organisation der
"Union-2000", die eine Teilnahme an den Wahlen zum Parlament
der Union von Russland u. Weissrussland vorsah, die
letztlich aber nicht stattfanden. Bei der
Präsidentschaftswahl RF /Putin/ rief er dazu auf, den 1.
Wahlgang zu boykottieren u. im 2. „gegen alle“ zu stimmen.
Im Nov. 2001 nahm er an der internationalen
Solidaritätskampagne gegen das Vorgehen der WTO u. anderer
Finanzinstitutionen sowie an der Gründungskonferenz der
Antiglobalisierungsbewegung "Frieden ist keine Ware“ teil.
Im April 2002 wurde Kagarlickij Direktor des "Instituts für
Globalisierungsprobleme", nach dessen Ausgliederung 2006
leitete er das "Institut für Globalisierung u. soziale
Bewegungen". In dieser Zeit war er journalistisch in einer
Reihe von Publikationen wie The Moscow Times, Novaja
gazeta, Vek, Vzgljad.ru, Computerra sowie als
Vorsitzender der Redaktion der Zeitschrift Linke
Politik tätig u. hielt
Vorlesungen an Universitäten in Russland u. den USA. 2005
beteiligte sich Kagarlicki an der Gründung der "Linken Front". Später wandte er sich
von dieser enttäuscht wieder ab. 2006 beschuldigte er den
Vorsitzenden der KPRF, s. Gennadij Zjuganov, bei den
Parlamentswahlen Plätze auf Parteilisten getauscht zu
haben. Zjuganov reichte eine Klage gegen Kagarlickij ein,
woraufhin der Politikwissenschaftler seinerseits
Widerklage gegen Zjuganov erhob. Auf Antrag Kagarlickijs
verhängte das Gericht gegen Zjuganov eine Geldstrafe von
500 Rubel. Der "Fall Zjuganov vs. Kagarlickij" dauerte
über 1,5 Jahre u. endete mit einer Vergleichsvereinbarung,
die die Presse der KPRF als eigenen Sieg interpretierte.
2018 setzte das Justizministerium RF Kagarlickijs Institut
IGSO in das berühmt-berüchtigte Putin-Register
„ausländischer Agenten“. 2019 nahm Kagarlickij als
Kandidat der Partei "Gerechtes Russland" an den Wahlen
zur Moskauer Stadtduma teil u. erhielt 9% der Stimmen. Am
15. Juli 2020 nahmen Boris Kagarlickij u. seine Tochter
Ksenija an einer Kundgebung gegen Verfassungsänderungen
teil, die auf dem Puschkin-Platz stattfand. Ausserdem
plädierten die Demonstranten für die Unterstützung des
verhafteten Khabarovsker Gouverneurs s. Sergej Furgal. Als
die ca. 1500 Demonstranten die Petrovka-Strasse
erreichten, sperrte die Polizei den Weg ab u. begann,
zufällige Teilnehmer festzunehmen, darunter auch
Kagarlickij, der in einem Avtozak zu einer Polizeistation
gebracht wurde. Der Moment seiner Festnahme u. der
entsprechende Kommentar von Ksenija Kagarlickaja wurden in
den Bericht des TV-Senders "Dozhd" aufgenommen. Dank der
Verbreitung von Informationen über die Ereignisse auf den
Kanälen privater Medien u. Netzwerke u. durch die
Organisation "OVD-Info" wurde Kagarlickij bald
freigelassen. Schliesslich landete Kagarlickij politisch
bei den Kommunisten. Bei den Wahlen zur 8. Staatsduma RF
schloss er sich dem Team von s. Sergej Levchenko an, der
die Liste der KPRF in der Regionalgruppe 11, d.h. in der
Republik Jakutien u. den Gebieten Irkutsk u. Magadan,
anführte. 2020 wurde
Kagarlickij in einem Material der "World Socialist Web
Site" WSWS wegen Unterstützung des Trotzkisten
Michel Pablo,
Verbindungen zu Stalinisten u. Anhängern Pablos, wegen
Unterstützung für s. Gorbachjov u. Elcyn
in der Vergangenheit u. für die Veröffentlichung eines
Artikels von Aleksandr Stepanov auf der "Rabkor"-Website
kritisiert, der die strafrechtl. Verfolgung des
Historikers s. Jurij Dmitriev in Karelien rechtfertigte.
Ende Sept. 2021 wurde Kagarlickij wegen eines Posts in
einem sozialen Netzwerk verhaftet, in dem zur Teilnahme an
von der KPRF organisierten Protesten gegen die Fälschung
der Ergebnisse der Wahlen zur Staatsduma aufgerufen wurde;
er wurde für 10 Tage unter dem Vorwurf der Organisation
einer unbewilligten Kundgebung festgehalten. Im Feb.-März
2022 waren auf der "Rabkor"-Website, dessen Chefredakteur
Kagarlickij ist, Texte verfügbar, die den Überfall
Russlands in die Ukraine
verurteilten. Die Site veröffentlichte auch das von
Kagarlickij unterzeichnete "Manifest der Sozialisten gegen
den Krieg“. Im Mai 2022 wurde
Kagarlickij persönlich vom Justizministerium RF auf
Putins Liste der "ausländischen Agenten“ gesetzt. Im
Juli 2023 wurde Kagarlickij wegen Vorwurfs des Aufrufs zu Terrorismus
festgenommen.
Publikationen: 2009 erschien Kagarlickijs
Buch "Periferijnaja Rossija. Cikly
russkoj istorii." 2012 erschien im Nautilus
Verlag Kagarlickijs Flugschrift "Back in the USSR" in dt.
Übersetzung, der Ursprungstext wurde auf Englisch 3
Jahre früher verfasst bzw. publiziert. Sein im Okt.
2011 verfasstes u. dem Band hinzugefügtes Nachwort
versteht sich als Zwischenbilanz der Putinzeit bis
Herbst 2011 u. als Abrechnung mit der belanglosen
Präsidentschaft s. Dmitrij Medvedevs, an deren
Anfang die Auswirkungen der Finanzkrise von 2007-8
standen. Während der Amtszeit Medvedevs als
Präsident RF bzw. der Periode des "Tandems"
Medvedev/Putin /2008-12/ hätten sich die Probleme
der aktuellen Entwicklung Russlands verschärt.
Notwendige Reformen in Wirtschaft u. Gesellschaft
seien ausgeblieben, während die Politik der
Herrschenden sich auf den Versuch beschränkt hätten,
die in den früheren Jahren des Wirtschaftswachstums
angehäuften Ressourcen für die Stabilisierung der
Herrschaft zu verwenden. Dabei sei es der Regierung
v.a. darum gegangen, trotz der allgemeinen
Unzufriedenheit im Land grössere Protestbewegungen
zu vermeiden. Dabei habe die Macht ihre Unfähigkeit
gezeigt, auf irgendwelche andere Fragen eine Antwort
zu geben, insbes. auf die dringenden Bedürfnisse der
Gesellschaft einzugehen. Im Bildungsbereich habe man
massenhaft Schulen u. Universitäten geschlossen, was
eine zwangsläufige Qualitätssenkung der Bildung zur
Folge gehabt habe, zumal sie von einer Verringerung
der Anzahl der Lehrer u. einer Einführung
verdummender Lehrprogramme begleitet gewesen sei.
Gleichzeitig habe es in verschiedenen Bereichen wie
im Bausektor u. in der Armee Beispiele grotesker
Korruption u. Inkompetenz gegeben. Was die
Schriftsteller Gogol u. Saltykov-Shchedrin im 19.
Jh. in ihren Satiren beschrieben hatten, sei heute
wieder zur banalen Realität geworden. Auf all diese
Missstände habe die Staatsmacht in keiner Weise
reagiert, denn sie sei unwillig, die reale Lage im
Land wahrznehmen, trotz der wachsenden polit. Krise.
Da die herrschenden Kreise nicht wüssten, was zu tun
sei, hätten sie es vorgezogen, nichts zu tun. Die
Macht sei weder fähig noch gewillt gewesen,
Entscheidungen zu treffen. Die russ. Geschäftsleute
hätten keine Möglichkeiten gehabt, auf die Situation
in Russland Einfluss zu nehmen, während die
Kremlbürokraten viel Geld für diverse zweifelhafte
Prunkprojekte wie die Skolkovo-"Utopie" verteilt u.
auf ein Wunder des Marktes gehofft hätten, der ganz
allein alle Probleme lösen würde. In der Periode
2008-11 seien die Reproduktionsmechanismen der
bestehenden Strukturen in der Wirtschaft,
Gesellschaft u. Politik langsam aber stetig
zusammengebrochen. Die Regierung habe keine andere
Lösung gesehen, als Geld in die vorhandenen
Problemzonen zu pumpen, was die Korruption nur noch
mehr befördert habe, wobei noch mehr Probleme
entstanden seien. Obwohl von den unteren
Gesellschaftsschichten die dringende Notwendigkeit
der Verstaatlichung der Rohstoffmonopole, der
Schaffung einer neuen Infrastruktur für den
Energietransport u. der Wiederherstellung des
Sozialstaats klar erkannt worden sei, sei dies von
den herrschenden Kreisen ignoriert worden. Auch die
marktgläubige, sprich neoliberale Opposition habe
sich übrigens nicht wesentlich von der Staatsmacht
unterschieden. Aber eben: Änderungen in der
Wirtschaft u. Politik zuzulassen, würde für die
herrschende Finanz- u. Rohstoffoligarchie heissen,
sich selbst abzuschaffen. Die Entscheidung, dass
Putin 2012 wieder für das Präsidentenamt kandidieren
sollte, habe weitum nur Fassungslosigkeit
hervorgerufen, u. wer auf Medvedev setzte, sei
bitter enttäuscht worden. Aber auch diejenigen, die
ihre Hoffnungen auf die Rückkehr Putins gesetzt
hatten, hätten sich nicht weniger verstört u.
verlegen gezeigt. Er sei ja nicht deswegen auf den
Präsidentenposten zurückgekehrt, weil er etwas
verändern oder verbessern wollte, sondern nur damit
alles unverändert bleibe. Die Macht sei nicht
imstande gewesen, einen neuen Kurs einzuschlagen.
Und der Kreml habe von der Unfähigkeit der
Opposition, die sich in Spaltungen erschöpfte, aus
der allgemeinen Lage Nutzen zu ziehen, profitiert.
Auch die Linken hätten es nicht geschafft, zu der
notwendigen kritischen Masse zu werden, um wirklich
eine polit. Macht darzustellen, u. auch die 2006-7
entstandenen freien Gewerkschaften hätten keine
guten Zeiten erlebt. So sei Russland Ende 2011 in
eine paradoxe Sackgasse geraten. Die herrschenden
Kreise hätten mit ihren Handlungen die Balance der
friedlichen Koexistenz zwischen Bevölkerung u. der
bestehenden Macht u. Ordnung zerstört u. die Bürger
wieder zu "grimmigen Radikalen" gemacht. Insgesamt
betrachtet habe diese Pattsituation
dem Kreml aber
gepasst, da sie die Illusion von Stabilität
verbreitet habe. Aber eine solche Situation könne
jederzeit zu einer Explosion, zu Aufständen u. zu
einer Katastrophe führen. Deshalb würden soziale
Explosionen u. Revolutionen in anderen Ländern vom
Kreml genau beobachtet, um diese zuhause zu
vermeiden. Das Problem der russ. Gesellschaft sei im
Vergleich mit anderen Ländern, dass sie sich
weitgehend als handlungsunfähig erwiesen habe, was
zum Teil mit der gesellschaftlichen u.
demographischen Situation Russlands zusammenhänge.
Die rein persönlich u. konsumorientierte russ.
Jugend von heute zeige keine gesellschaftl.
Initiativen, die z.B. mit denjenigen der 1960-70er
Jahre bei den Studenten Europas vergleichbar wären,
während die Rentner kritischer eingestellt seien u.
die Rolle der Aktivisten eingenommen hätten. Im
Unterschied zu den damaligen europäischen Studenten,
die generell nicht in die bürgerliche
Arbeitsstruktur eingebunden gewesen seien, sei die
russ. Studentenschicht heute zur Arbeit gezwungen.
Die russ. Jugendlichen von heute seien auch eher
bereit, die vom Staat als "natürlich" verkündeten
Grundwerte zu akzeptieren, obschon sie praktisch
kaum in Übereinstimmung mit ihnen lebten. Obwohl die Bürokraten die
Rechte der Jugendlichen verletzt
hätten,
hätten
sich diese jedoch kaum dagegen gewehrt.
Die Macht orientiere
sich sowieso
stärker an den älteren Generationen als an den
Jugendlichen, da die Regierung den Zorn der Alten
fürchte. Diese Angst habe dafür gesorgt, dass ein
gewisses Mass an Sozialstaat erhalten geblieben sei,
obwohl man ihn abzubauen gedachte.
Der Kommunist Kagarlickij schloss seine brillante u.
ideologisch gemässigte Analyse in dem scheinbaren
Gefühl ab, in einer Epoche der Erwartung einer bald
ausbrechenden neuen Revolution zu leben, die durch
einen enthemmten Neoliberalismus, den Elitenegoismus
u. durch eine neue Massenproletarisierung begünstigt
werden könnte. 2014-15 kamen im Laika Verlag 2 Bde.
unter dem Titel "25 Jahre Perestroika" /II/ von Kai Ehlers mit
umfassenden Gesprächen mit Boris Kagarlickij seit
den 1980er Jahren heraus.
KAZAKOV, Aleksej Valerievich (russ.
Moderator beim TV-Sender "Rossija-24".
Während der völkerrechtswidrigen Annexion der Krym u. des von
Putin 2014 entfesselten Kriegs in der Ostukraine trat
Kazakov regelmässig als Sonderkorrespondent aus dem
von illegalen bewaffneten Separatistengruppen
besetzten Doneck bei den TV-Kanälen der Gesellschaft VGTRK in Erscheinung, so für
den TV-Sender "Rossija-24", u. sprach in gewohnter
Manier der russ. Staatspropaganda über die
„Gräueltaten der /Kiever/ Junta“. Bekannt wurde er
2016, als er als Teil des Filmteams des TV-Senders
"Rossija-24" versuchte, in die Veranstaltungen des
"Forums Freies Russland“ in Litauen einzudringen, an
denen Vertreter der russ. Opposition teilnahmen, u.
mehrere Zwischenfälle mit Forumsteilnehmern
provozierte. Daraufhin wurden die russ. Provokateure
vom litauischen Ministerium für Staatssicherheit wegen
Bedrohung der nationalen Sicherheit auf die Liste der
unerwünschten Personen gesetzt u. des Landes
verwiesen, wobei die staatl. Medien in Russland diesen
Vorfall aufbauschten. Nachdem
Kazakov sich noch einige Monate an der ukrain. Thematik
abgearbeitet hatte, wurde er bei "Rossija-24" zunächst
als Moderator des WWW-Projekts eingesetzt u. Anfang 2017
zum Nachrichtensprecher bei der "Vesti"-Ausgabe von 22
Uhr an Wochentagen befördert. In seiner
neuen Rolle begann er, gegen den Journalisten s. Arkadij
Babchenko zu "schiessen", der vor Strafverfolgung in der
Ukraine fliehen musste. Ende 2017 begannm
Kazakov gegen Sender wie "Ekho Moskvy" u. Zeitungen wie
Novaja gazeta zu agitieren. Dabei gab er eine
„aufschlussreiche“ Geschichte" zum Besten, was er zu
bieten hatte, in der behauptet wurde, der Radiosender
habe „Informationswaffen gegen Russland“ an Associated
Press, Wall Street Journal, Sky News u.a.
Medien verkauft, obwohl er Teil der
"Gazprom-Media-Holding" sei. In derselben Geschichte
behauptete Kazakov, dass Pavel Kanygin, ein
Sonderkorrespondent der Novaja gazeta, Drogen
konsumiere. Daraufhin klagte Novaja gazeta
beim öffentl. Gremium für
Pressebeschwerden gegen "Rossija-24". In der
Stellungnahme des Gemiums, das zugunsten der Novaja
gazeta ausfiel, wurde
klargestellt, dass in der Handlung des TV-Senders „ein
provokativer Versuch unternommen wurde, ein
psychologisch verlässliches Modell zur Untergrabung des
Vertrauens in die Presse zu entwickeln, die sich als
unabhängig bezeichnet“, wobei
Informationen über Kanygins Zugehörigkeit zur
„Kokain-Öffentlichkeit“ in der Entscheidung des Gremiums
als „wissentlich unzuverlässig, unehrlich, ohne
nachgewiesene oder überprüfte Gründe“ bezeichnet wurde. Im Okt.
2018 kommentierten u. verspotteten die Moderatoren der
Sendung "Vesti" von 22 Uhr mit Kazakov die Entscheidung
s. Oleg Sencovs, einer Beendigung des Hungerstreiks auf
jede erdenkliche Weise zuzustimmen. 2019 wurde Kazakov
dafür bekannt, weil er in Videospielen nach Russophobie
suchte. In seinem wohl von der VGTRK unterstützten Blog auf
YouTube füttert Kazakov als gewöhnlicher
Korrespondent seine Zuschauer mit abgedroschenen
Geschichten über „Oppositionsextremisten“, „faschist.
Ukraine“, „Geyropa“ u. diversen fragwürdigen
Boulevardgeschichten. Das
"Forum Freies Russland“, das die sog. "Putin-Liste"
führt, wirft Kazakov Propagandaaktivitäten u.
Provokationen gegen Oppositionelle vor u. die militär.
Aggression Russlands gegen die Ukraine öffentlich
unterstützt zu haben. Nach
Auffassung des "Forums" gehört Kazakov zu einer neuen
"Post-Krym“-Generation von russ. Medienpropagandisten,
die Ignoranz mit dem Fehlen jeglicher Berufsethik
verbinden. Im Grunde handle es sich bei diesen Leuten um
ehem. Normaljournalisten, die im Zusammenhang mit dem
hybriden Krieg des Kremls mit seinem eigenen Volk
nachgefragt worden seien u. sich nicht scheuten, im
Dienste des Kremls rasende Propaganda zu betreiben. Die
ukraiun. Website
"Mirotvorec"
/II/
wirft Kazakov martialisch Eingriff in die Souveränität
u. territoriale Integrität der Ukraine, antiukrain.
Propaganda, Anstiftung zu ethnischem Hass, ein Komplize
bei den Verbrechen der russ. Behörden gegen die Ukraine
u. ihre Bürger zu sein, die Staatsgrenze der Ukraine
vorsätzlich verletzt zu haben der, um in den von russ.
Banden eroberten Donbass einzudringen. Beschuldigt wird
er in diesem Zusammenhang der Zusammenarbeit mit
proruss. Terrororganisationen.)
KAZANCEV, Sergej Mikhajlovich
II (russ. Jurist,
Verfassungsrichter. Absolvent der Jurist. Fakultät der
Staatsuniversität Leningrad, wo er ab 1981
auch arbeitete.
1993-5 arbeitete er im Rathaus
von SPB, war Vorsitzender des Wohnungsausschusses.
2000-2 Schiedsrichter in SPB. Ende
März 2002 wurde Kazancev zum Richter des
Verfassungsgerichts RF ernannt. Kazancev
gehört zum "St. Petersburger Flügel" der Richter des
Verfassungsgerichts, die als die kremltreuesten gelten.
Er studierte zur gleichen Zeit wie V. Putin an der
Jurist. Fakultät u. arbeitete in den genannten Jahren
mit Putin im Rathaus von SPB zusammen. Kazancev erlaubte
sich jedoch, bei verschiedenen Sachverhalten
eine abweichende Meinung zu vertreten, etwa bei der
Möglichkeit, das Eigentum des Angeklagten nach Abschluss
des Strafverfahrens zu der beschlagnahmen, beim
Kundgebungsgesetz von 2012, das die Bussgelder für
Verstösse bei Kundgebungen deutlich erhöhte, beim
Tragen von Masken bei Kundgebungen u. bei Strafen
für die Organisation unbewilligter Massenaktionen.
Kritik: Von Kritikern des Putin-Regimes wie dem
"Forum Freies Russland", das die sog. "Putin-Liste" führt,
wird Verfassungsrichter Kazancev
"Teilnahme an einem Verfassungsstreich" des
Putin-Regimes vorgeworfen, wofür
dieser Verfassungsrichter die volle Verantwortung
für die legalist. Ausgestaltung der personalist.
Diktatur in Russland trage.
2020 fungierte das Verfassungsgericht RF als Institution,
die das umstrittene Verfahren
u.
somit den Coup mittels
selbst legalisierte. Damals schlug s.
Valentina Tereshkova als Vertreterin der kremlnahen Partei
"Einiges Russland" in der Staatsduma RF vor,
im
Rahmen einer Verfassungsänderung
die
Beschränkung der Amtszeit des Präsidenten RF aufzuheben,
d.h. die Anzahl der Amtszeiten, die er, d.h. V. Putin, als
Präsident bereits absolviert hatte, "auf
Null zurückzusetzen“, um die erneute
Wiederwahl Putins, der nach 2 Amtsperioden laut
Verfassung RF nicht mehr kandidieren durfte,
zum Präsidenten RF zu ermöglichen. Auf einer Sitzung der Staatsduma
RF unterstützte Putin persönlich
Tereshkovas Vorschlag, verwies jedoch auf die
Notwendigkeit, eine Stellungnahme des Verfassungsgerichts
RF über die Vereinbarkeit der Änderungen mit der geltenden
Verfassung RF einzuholen. Bereits nach zwei Tagen
anerkannte das Verfassungsgericht RF, von
Kritikern als eine reine Marionette des Kremls zur
Ausführung des polit. Willens Putins diskreditiert, quasi
in vollem Umfang die Rechtmässigkeit der "Annullierung"
der Amtszeiten Putins, obwohl es 1998 bei ähnlicher Frage
die Nominierung von Präsident s. Boris Elcyn zum 3. Mal in
Folge noch untersagt hatte. Bemerkenswert in Putins Fall
ist, dass die Richter die neue Entscheidung damit
begründeten, dass die gültige VerfassungRF eine früher
fehlende "Sonderklausel" enthalte, die gewisse "spezielle
histor. Faktoren" berücksichtige, darunter den "Grad der
Gefährdung des Staates u. der Gesellschaft sowie den
Zustand des polit. u. wirtschaftl. Systems". Nach Ansicht
vieler Beobachter, Experten u. Analysten war das Hauptziel
des gesamten Vorhabens dieser überstürzt durchgezogenen
Verfassungsreform, die auf Initiative der Anhänger Putins
u. unter Druck des Kremls vom Parlament verabscheidet u. per
gesteuertem Volksreferendum mit 78% der Stimmen
bestätigt u.
einige Tage später von Putin selbst
unterzeichnet
wurde, dass
Putin mit Hilfe seiner Hauspartei "Einiges Russland" auch nach 2024 an der Macht bleiben kann.
Diese einzigartigen Vorgänge u. Massnahmen, die
die verfassungsrechtl.
u. rechtl. Formalisierung der Putin-Diktatur
vollendeten,
werden vom "Forum Freies Russland" als illegitimer
u. antidemokrat. Verfassungscoup angesehen. Im
Übrigen
erhielten die russ.
Behörden mit den entsprechenden Verfassungsänderungen von 2020
die Möglichkeit, Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu
ignorieren. Ferner wurden das Konzept der "inneren
Bedrohungen“ eingeführt, die der Sicherheitsrat RF zu
bekämpfen hat, u. die Vollmachten des Präsidenten RF
erweitert. Damit hatten die Richter die
verfassungsmässige u. rechtliche Formalisierung der
Putin-Diktatur abgeschlossen. Bojcov,
dessen Name in der Datenbank der ukrain. Organisation "Myrotvorec" eingetragen ist u. per
Dekret des ukrain. Präsidenten im Mai 2018 auf die Sanktionsliste der Ukraine gesetzt
wurde, verdiente
2019 5`826,705 Mln. Rubel u. schied Ende Sept. 2020 nach
Erreichen der Altersgrenze als Richter aus dem
Verfassungsgericht RF aus. s. auch BOJCOV, Aleksandr Ilich
u. BONDAR, Nikolaj Semjonovich.)
KAZANCEV, Viktor Germanovich
II (gew. sowjet. u. russ.
Militärführer, Armeegeneral. Held RF.
Absolvent der
Suvorov-Militärschule in Sverdlovsk, der nach S.M. Kirov
benannten Leningrader Höheren Allgemeinen
Militärkommandoschule, der nach M.V. Frunze benannten
Militärakademie u. der nach K.E. Voroshilov benannten
Militärakademie des Generalstabs der Streitkräfte RF. In
der Sowjetzeit diente er als Kommandant eines
motorisierten Schützenbataillons im transkaukas.
Militärbezirk u. als stv. Kommandant eines motorisierten
Schützenregiments im zentralasiat. Militärbezirk. Ab 1982
war er Kommandeur der 30. Garde-Motorschützendivision in
der Zentralen Gruppe der Streitkräfte in der
Tschechoslowakei u. 1987-91 1. stv. Befehlshaber der Armee
im Zentralasiat. Militärbezirk, dann stv. Befehlshaber des
Militärbezirks Turkestan. Im postsowjet. Russland diente
Kazancev u.a. als 1. stv. Kommandeur des Transbajkalischen
Militärbezirks sowie als 1. stv.
Kommandeur, dann - bis 2000 - Kommandeur des Nordkaukas.
Militärbezirks im Rang eines Generalobersten.
Während
des 2. Tschetschenienkriegs
wurde Kazancev im Aug. 1999 unter
Beibehaltung des Postens des Kommandeurs des Nordkaukas.
Militärbezirks auf den Posten des Kommandanten der
Gemeinsamen Gruppierung der Bundesstreitkräfte des
Verteidigungsministeriums RF u. des Innenministeriums RF im
Nordkaukasus in die Bezirke Botlikh u. Tsumadinskij der
Republik Dagestan versetzt /bis April 2000/. Wegen eines
unglücklichen Zwischenfalls bei einer Operation in Dagestan
vom Sept. 1999 - es
handelt sich um die Eroberung der Höhe
715.3 bei Novolakskoe -, bei der Kommandeur
Kazancev sich beeilte, seine
Einheiten nach dem Durchbruch der Kämpfer aus Tschetschenien
vorwärts zu treiben, ohne auf die Unterstützung der
Luftwaffe zu warten, die zu spät erfolgte, wobei eine Spezialeinheit mehreren
Luftangriffen russ. Flugzeuge ausgesetzt u. beim Beschuss
durch Militante fast vollständig vernichtet wurde, wurde
von der Militärstaatsanwaltschaft des Nordkaukas.
Militärbezirks gegen Generaloberst Kazancev u.a. hohe Offiziere ein
Strafverfahren wegen des Untergangs der "Armavir"-Spezialeinheit OSN-15
eröffnet, das im Okt. 2000 jedoch eingestellt wurde.
Im Feb. 2000 wurde ihm der Rang eines Armeegenerals
verliehen. Im April 2000 wurde er als Kommandeur des
Nordkaukas. Militärbezirks entlassen u. im Mai in die Reserve versetzt. Bis 2004 war
er Bevollmächtigter Vertreter des Präsidenten
RF im südl. Föderationskreis.
Seit 2015 war er
Chefinspektor der Inspektorengruppe des Gemeinsamen
Strategischen Kommandos des Südl. Militärbezirks.
In
seinen Memoiren "Mein Krieg. Das tschetschen. Tagebuch
eines Graben- /bzw. Schanzen-/generals“
bewertete Generaloberst s.
Gennadij Troshev Viktor Kazancev als einen Volkshelden
Russlands, dessen
„temperamentvollen,
manchmal sehr unhöflichen, aber schlagfertigen" Charakter er hervorhob.
Nach Beginn der damaligen
Invasion der Militanten in Dagestan sei er äusserst entschlossen gewesen, eine
sehr harte Kampfweise an den Tag zu legen, um
„den Feind wie einen Bären zu brechen."
In Dagestan werde Kazancev
deshalb sehr geschätzt u. als Befreier dieser Bergregion
von der feindlichen Invasion gefeiert. Gedichte u. Lieder
seien ihm gewidmet worden u. gewöhnliche Dorfbewohner
hätten ihm Geschenke gemacht. Er
sei sogar Kazancev-Dagestanskij genannt worden, in
Analogie zu Suvorov-Rymnikskij. Zum erwähnten tragischen
Vorfall in Dagestan schrieb Troshev, dieser Fall sei ein
Einzelfall gewesen, u. es sei schwierig, Kazancev für
andere Fehlkalkulationen verantwortlich zu machen. Bei
militär. Operationen gebe es wie in jedem Krieg,
„Unebenheiten"; der Wunsch, schnell mit
dem Feind fertig zu werden, sei sehr gross gewesen. Nach
zugänglichen Informationen bestand die "Armavir"-Spezialeinheit OSN-15
aus 94 Angehörigen. Die Gesamtverluste des Kampfes bei dem
Gefecht auf der Höhe 715,3 beliefen sich nach den
Unterlagen des Strafverfahrens der
Militärstaatsanwaltschaft des Nordkaukas.
Militärbezirks auf 80 Tote, wobei die Verluste des
15. OSN VV MVD "Vjatich" sich auf 36 Tote u. 78 Verwundete
beliefen, wobei durch den Beschuss der russ. Luftwaffe
9-11 Tote u. 23 Verwundete verzeichnet wurden. Die genauen
Verluste der Militanten seien unbekannt. Einigen
Schätzungen zufolge seien es 50-70 Personen gewesen. Laut
der Journalistin s. Anna Politkovskaja wurde der
Luftangriff auf das 15. OSN von Kazancev persönlich
organisiert, um Spuren seines eigenen Fehlers bei der
Planung der Operation zu vertuschen.
Vom "Forum Freies Russland" werden -
dem inzwischen verstorbenen - Kazancev kriminelle
Fahrlässigkeit als Miitärführer, Razzien, Beteiligung an
unfreundlichen Geschäftsübernahmen u. Einmischung in die
inneren Angelegenheiten der Ukraine mittels Waffenhandels
vorgeworfen. Der General gehöre, hält das "Forum" in seiner
"Putin-Liste" fest, zu dieser unrühmlichen Plejade sowjet. u.
russ. Militärführer, die ihre eigenen Soldaten nicht verschont
u. sie als Kanonenfutter benutzt hätten. Insbes. wird der
erwähnte Zwischenfall mit der "Armavir"-Spezialeinheit vom
Sept. 1999 in Dagestan genannt. Dabei seien 33 Menschen
getötet u. 76 schwer verletzt worden. Im Zusammenhang mit dem
von der Militärstaatsanwaltschaft des Nordkaukas.
Militärbezirks eröffneten Strafverfahren gegen Generaloberst
Kazancev u.a. hohe Offiziere, deren Verfahren bald eingestellt
wurden, hält das "Forum" fest, dass auch die strafrechtl.
Verfolgung weiterer Beteiligter an dem Vorfall aufgrund einer
Amnestie anlässlich des nächsten Jahrestags des Sieges im 2.
WK eingestellt worden seien. Infolgedessen habe keiner
derjenigen, die damals die Entscheidung über den Angriff u.
den Beschuss seitens der Luftwaffe getroffen hatten, für den
Tod der Specnaz verantwortlich gemacht werden können. Darüber
hinaus hätten die verletzten Soldaten u. Offiziere vor Gericht
nie eine Entschädigung erhalten.
Als Bevollmächtigter Vertreter des Präsidenten RF im südl.
Föderationskreis habe sich Kazancev auch dadurch
ausgezeichnet, dass er im zivilen Bereich strateg. "Höhen"
eroberte. Unter seiner Führung habe es eine Art
"Eroberungsgruppe“ gegeben, die an /versuchten/ unfreundlichen
Übernahmen von Unternehmen von ihren rechtmässigen Eigentümern
beteiligt gewesen sei. Bemerkenswert sei dabei, dass diese
Arbeit vom Bundesinspektor Korovajko überwacht worden sei, der
im Büro Kazancevs für die Entwicklung kleiner u. mittlerer
Unternehmen zuständig war. Bei "Razzien“ seien Unternehmer,
etwa der Besitzer eines Weinguts u. sein Begleiter, schwer
geschlagen worden, während die Frau des Bevollmächtigten,
Tamara Kazanceva, ihnen ihre Schirmherrschaft u. Unterstützung
bei der "Geschäftsentwicklung" im Austausch für einen Teil der
Aktien des Unternehmens versprochen habe. Anstatt zu helfen,
sei eine Gruppe von Korovajkos Mitarbeitern zum Weingut
gekommen u. hätten den Direktor mit vorgehaltener Waffe
gezwungen, einen Schuldschein für einen grossen Betrag zu
unterschreiben. Der Gang vor Gericht habe den Geschäftsleuten
nicht geholfen. In ähnlicher Weise habe die Familie Kazancev
versucht, die grösste Verpackungsfabrik in Südrussland zu
übernehmen.
Als Chefinspektor der Inspektorengruppe des Gemeinsamen
Strategischen Kommandos des Südl. Militärbezirks seit 2015
musste Kazancev nach Einschätzung des "Forums" Kenntnis von
den Machenschaften von Teilen der russ. Armeeeinheiten im
Grenzland der Gebiete Doneck u. Lugansk/Luhansk der Ukraine,
inkl. Waffenhandel, gehabt haben. Das "Forum" kam im Fall
Kazancev zu folgender abschliessenden Bewertung: Als er vom
Militär- in den Zivildienst wechselte, habe sich Kazancev die
Ordnung u. Manieren eines kleinen tyrannischen Generals
angeeignet u. sich ihrer ungestraft bedient, da er Teil von
Putins System der "Machtvertikalen" gewesen sei.)
KAZBEK (eigtl. DUBOVICKAJA), Katja
II
III IV (fragwürdige
freie russ., in den USA lebende Journalistin, selbsternannte
Feministin. Ihre Geschichte wurde beachtet, als die Presse,
u.a. die Novaja gazeta am
25. Feb. 2021 mit
2 Beiträgen im Zusammenhang mit der überraschenden Widerrufung der Anerkennung s. Aleksej
Navalnyjs als "gewaltlosen polit. Gefangenen" durch
Amnesty International AI über sie berichtete. Als
Grund der Aberkennung dieses Status wurde von AI
diskriminierende Hassrhetorik angegeben, an der Navalnyj
vor Jahren - 2007 u. 2008 - bei seinen polit. Auftritten
beteiligt gewesen sein soll. Am 17. Jan. 2021 wurde Navalnyj
von AI als "gewaltloser polit. Gefangener" anerkannt,
nachdem er auf dem Moskauer Flughafen nach seiner Rückkehr
aus Deutschland von der russ. Polizei festgenommen u.
abgeführt worden war u. danach im Gefängnis verschwand. Im
Feb., also 1,5 Monate später, hatte AI intern die
Entscheidung getroffen, Navalnyj nicht mehr als
gewaltlosen polit. Gefangenen zu bezeichnen. Wie in einem Beitrag von
s. Julija Latynina, der in der Novaja gazeta
veröffentlicht wurde, zu lesen war, soll
AI von den früheren Auftritten u. Aussagen
Navalnyjs aus
einer koordinierten Kampagne erfahren haben, deren
Hauptfigur eine gewisse Katja Kazbek gewesen sein soll,
die kontinuierlich daran gearbeitet habe, den
„nationalist. u. rassist.“ Charakter Navalnyjs zu
entlarven. Kazbek bezeichnet
auf Twitter am 19. Jan. Navalnyj in der Tat als
„Nationalisten u. Rassisten“ u. setzte Links zu entsprechenden
- 15 Jahre alten - Videos, Tweets
u. Interviews, um die ehem.
Aussagen des
FBK-Chefs zu dokumentieren. Kazbek
unterstellte Navalnyj, dass er, würde er in
den USA oder Frankreich leben, würde er gegen
Einwanderer aus Mexiko u. Guatemala bzw. gegen Algerier
u. Kongolesen wettern. In
der Tat stand Navalnyj lange Zeit
als Rechtsextremer in der Kritik,
u.a. weil er sich vor Jahren am "Marsch russ.
Nationalisten" beteiligte u. sich offenbar auch abfällig
über Migranten äusserte. Für einige der Aussagen, die er
damals traf, entschuldigte er sich später. Laut Natalja
Zvjagina, Direktorin der russ. AI-Vertretung, seien diese
Videos erst jetzt beachtet worden, nachdem man Aufrufe von
Personen erhalten habe, die eine Überprüfung des AI-Status
von Navalnyj forderten. Wie die Novaja gazeta am selben
25. Feb. 2021 in einem anderen längeren Beitrag von Darja
Kozlova ausführte, habe der Entzug des AI-Status Navalnyjs
eine breite Resonanz ausgelöst; er sei sowohl von
Navalnyjs Anhängern als auch von anderen Persönlichkeiten
des öffentl. Lebens verurteilt worden. Die
Pressesprecherin Navalnyjs, Kira Jarmysh, stellte auf
Twitter fest, dass dem Politiker auf Wunsch gewisser
Propagandisten sein Status entzogen worden sei.
"Mediazona" u. "The Insider" hätten über eine mögliche
Kampagne zur Diskreditierung Navalnyjs gewarnt. Ein russ.
AI-Sprecher, Artemev, sagte gegenüber "The Insider", dass
die Organisation viele gleichartige Anfragen erhalten
habe, um Navalnyjs Worte zu überprüfen. Diese seien fast
gleichzeitig eingetroffen u. hätten inhaltlich stark
übereingestimmt, was auf eine koordinierte u. böswillige
Aktion hinweise. So hätten einige von ihnen auf dasselbe
Video von 2007 hingewiesen. V.a. Personen mit Bezug zu Russia Today RT wurden verdächtigt,
hinter der Kampagne zu stehen. Wie
Kozlova auch erwähnte, scheint s. Margarita Simonjan, die
kremlfreundliche Chefredakteurin von RT, die Entscheidung von AI
gefeiert zu haben, Navalnyj nicht mehr als gewaltlosen polit.
Gefangenen anzuerkennen. Auf Twitter führte sie den Erfolg auf „unsere Kolumnistin" -
gemeint war Katja Kazbek - zurück, die AI „mit konkreten
Beispielen daran erinnerte, dass er ein Nazi ist." Nach
diesem Tweet warf Kazbek im Replay Simonjan aber selbst
Rassismus vor. Anschliessend gab Kazbek zu, dass sie mit RT
zusammenarbeite, weil ihr
auf dieser Plattform eine Gelegenheit geboten wurde, für
ihre Agenda zu werben. Das war für sie aber nichts
Aussergewöhnliches. Offenbar hatte Kazbek auch andere teils
fragwürdige Presseplattformen für ihre Ideen u. Ziele
benutzt, so etwa "Radio
Liberty/Svoboda", das von den Nazis u. der CIA gegründet
worden sei, oder das „linke amerikan. Magazin“ Jacobin, das dem ehem. bolivian. Präsidenten
Evo Morales „in den Rücken gefallen" sei, oder sie habe für
ein kasachisches Magazin geschrieben, obwohl sie noch nie in
Kasachstan gewesen sei. Jede Plattform, die „ich kontrollieren kann", um die
kommunist. Agenda voranzutreiben, käme ihr gelegen. Wie Kozlova weiter berichtete,
habe Novaja
gazeta an RT Fragen zur Rolle des TV-Senders in der
Geschichte geschickt, die Simonjan später in ihrem
"Telegram"-Kanal mit seltsamen Worten indirekt beantwortete.
Latynina fand es für absurd, aber nicht unbedingt für
erstaunlich oder zufällig, dass AI ausgerechnet einer
Stalinistin wie Katja Kazbek die Aufmerksamkeit schenkte, denn
die „Millionenerbin habe
sich als schlauste Vertreterin der Bezugsgruppe dieser
Organisation entpuppt". Offenbar sah AI den Fehler ein. Nach sorgfältiger Prüfung, wie es auf der Website von AI heisst, habe sich
AI im Mai 2021 entschlossen, Aleksej Navalnyj wieder als
"gewaltlosen polit. Gefangenen" einzustufen, rechtfertigte
im nachhinein öffentlich die neue Entscheidung mit
nachvolliehzbaren Argumenten u. entschuldigte sich für die
daraus entstandenen negativen Auswirkungen.
Sonst schreibt
Kazbek über Feminismus u. LGBT, verfasst/e einen
Roman über homosexuelle Beziehungen, trauert in ihren RT-Kolumnen
darüber, dass das ahnungslose belaruss. Proletariat von
antikommunist. Kräften für "Farbrevolutionen" benutzt werde
u. dass die monatelangen
Proteste in Belarus /von
2020/ vom Westen mit dem Ziel
organisiert worden seien, um eine sog. "farbige Revolution“
zu provozieren. Als angebliche Bewundererin von Stalin u.
Mao beschrieb sie
in einem Tweet Josef Stalin als jemanden, der mehr für die
Menschheit getan habe als die Mehrheit bürgerlicher
Politiker wie George Washington, Thomas Jefferson u. John
F. Kennedy.
Kazbek, die eigentl. Dubovickaja heisst u. die
Tochter eines Multimillionärs ist, studierte in
Oxford u. an der Columbia University, lebe in New York
in einer luxuriösen Wohnung u. ist Mitbegründerin eines
Online-Kunstmagazins. Offenbar ist sie verschiedenen
Verschwörungstheorien verfallen. Die Universitäten, an
denen sie studierte, bezeichnete sie auf Twitter als
unerfreuliche imperialist. Organisationen. In ihren
Online-Kommentaren ist von der Entlarvung der „amerikan.
Imperialisten" die Rede, die eine „Invasion im
bolivarischen Venezuela vorbereiten". Die
Enthüllungsplattform "Bellingcat" wird von ihr
verabscheut, weil sie Geld vom „blutigen britischen
Imperialismus" annehme, um „Russland zu schwächen“. In "The
Grayzone" machte sie die „amerikan. Oligarchie"
für die Verbreitung des „Coronavirus u. die
Desinformationskampagne des kapitalist. Westens gegen
China" verantwortlich. "The Grayzone", ein von einem
gewissen Max Blumenthal gegründetes
Online-Medium, versteht sich von einem linken
Standpunkt aus als „unabhängige
Nachrichten-Website", die kritischen „ursprünglichen
investigativen Journalismus über Politik u. Imperium"
mit antiimperialist. Ausrichtung betreiben will. In
diesem Medium brachte Kazbek auch ihre Version der
Geschichte über den „wenig bekannten
Blogger“ Navalnyj zum besten, der in Russland unpopulär
sei, aber „ein Stipendium des World Fellows Programms
von Yale erhalten habe, dessen Absolventen direkt mit
dem Majdan verbunden" seien, u. der
sich leider weder um die Rechte des Proletariats noch um
die LGBT kümmere. Navalnyj, den Kazbek für von der
US-Regierung kontrolliert hält, scheint sie auch für
einen Freund des ehem. Oligarchen s. Mikhail
Khodorkovskij zu halten. Neben
ihrer Dauerabrechnung mit der westl. Oligarchie
u. ihrem Eintreten für die Rechte der unterdrückten
Klassen, sprach sie sich andererseits für das Recht der
Existenz von "Putins Palast“ am Kap Idokopas
aus, den sie als Apartmenthotel bezeichnete u. als
rechtmässige Präsidentenresidenz einstufte. Dieser
ausgedehnte milliardenteure u. verschwenderische
Luxuspalast am Schwarzen Meer, der niemandem gehören will,
wurde ja auch von Navalnyjs Leuten in einem berühmt
gewordenen Video "entlarvt". Latynina fragte sich in ihrem
Artikel zu Recht, wie denn Kazbeks Befürwortung von
"Putins Palast" mit der Sorge um das unterdrückte
Proletariat zu vereinbaren sei.)
KAZINEC, Leonid Aleksandrovich
II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI XXXIIa XXXIIb XXXIIc XXXIII XXXIV XXXV XXXVI XXXVII XXXVIII XXXIX XL XLI XLII (russ.
Bauunternehmer, Immobilienentwickler, Persönlichkeit des
öffentl. u. polit. Lebens, Sportler.
Absolvent des Moskauer Instituts für Geodäsie,
Luftbildfotografie u. Kartografieingenieure der Fakultät für
Angewandte Kosmonautik. Absolvent eines Studienprogramms für
Topmanager an der weltberühmten INSEAD Business School in
Paris, Frankreich. Doktor der Wirtschaftswissenschaften.
Seit 1989 ist er in der Baubranche tätig.
Gründer, Eigentümer u. Vorstandsvorsitzender der 1993
errichteten Investment- u. Baugesellschaft "Barkli Corporation" in Moskau, die
heute zu den führenden russ.
Marktteilnehmern in den Bereichen Bau u. Entwicklung zählt u.
v.a. ein massgeblicher Akteur auf dem Luxus- u.
Wohnimmobilienmarkt auf dem Platz Moskau ist. Die
Hauptaktivitäten des Unternehmens umfassen Investition u. Bau,
Entwicklung u. Projektmanagement. Die "Barkli Corp." war an
der Rekonstruktion von etwa 300 Immobilienobjekten in Moskau
beteiligt u. hat als Investor-Entwickler über 30 Objekte für
verschiedene Zwecke realisiert u. in Betrieb genommen:
Geschäftszentren, Wohnkomplexe der Geschäftsklasse, Premium-
u. Luxusklasse. Das hochkarätige Unternehmen engagiert die
besten russ. u. internationalen Experten u. Architekten für
die Planung, Betreuung u. Realisierung seiner Projekte,
darunter die führenden westlichen Designer Kelly Hoppen u.
Philippe Starck sowie die Architekten des US-Büros Robert A.M.
u. Stern. Die bekanntesten Projekte der "Barkli Corp." sind ab
2001: Haus mit französ. Fenstern, Haus am Nikickij-Tor, Herrenhaus in der Khilkov-Gasse, Multifunktionskomplex Barkli Plaza,
Wohnkomplexe Monomakh, Dominanta, Prioritet, Barkli Park u. Barkli Residence, Clubhäuser in der 2. Zachatievskij-Gasse, Barkli Virgin House u. Barkli Gallery sowie die Wohnhauskolonie
Barkli
Honigtal im Dorf Krekshino an der Südgrenze des
Verwaltungsbezirks Novomoskovskij, u.a., wobei unklar ist,
welche Projekte realisiert wurden. Im März 2023 gab es
Berichte, dass "Barkli" ein neues Projekt starten könnte – den
Bau eines Appartmentkomplexes neben dem Einkaufszentrum
"Aviapark" in Moskau. Die Projekte der "Barkli Corp." wurden
wiederholt zu Gewinnern u. Preisträgern russ. u.
internationaler Auszeichnungen, darunter: Europäische
Immobilienpreise, Urban Awards, Grüne Auszeichnungen, "Haus
des Jahres“, "Ökolog. Olymp“, WOW-Auszeichnungen usw. Laut der
RBK-Datenbank des Unternehmens belief sich der Gewinn von
"Barkli Corp." Ende 2021 auf 1,48 Mrd. Rubel.
Leonid Kazinec ist
Mitglied des Präsidiums des Vorstands
der Russ. Union der Industriellen u.
Unternehmer RSPP u. Vorsitzender der
RSPP-Kommission für Wohnungspolitik,
deren Hauptaufgabe darin besteht, an der Entwicklung der
staatl. Wohnungspolitik mitzuwirken u. die Rechte der
Bauentwickler zu schützen. Er leitet die
Arbeitsgruppe bei der Agentur für Strateg. Initiativen
ASI zur Umsetzung der Initiative "Vereinfachung der
Verfahren zur Erlangung einer Baugenehmigung“ im Rahmen
der Umsetzung der Nationalen Unternehmerinitiative zur
Verbesserung des Investitionsklimas in der RF.
Er ist Präsident der
2013 gegründeten "Nationalen Vereinigung der
Wohnungsbauentwickler“, zu deren Hauptanliegen
gehören: Verteidigung der Interessen der Entwickler auf
Bundes- u. Landesebene, Schutz lokaler Unternehmer vor
der Willkür der Beamten,
Einbeziehung ungenutzter Grundstücke in den
Verkehr, Beseitigung administrativer Hindernisse,
Reduzierung der Kosten für den Anschluss an technische
Netzwerke, Erhöhung der Kreditvergabe u. Förderung des
Baus energieeffizienter Häuser.
Kazinec ist Mitglied des Rats beim
Präsidenten RF für Wohnungspolitik u. Erhöhung der
Erschwinglichkeit von Wohnraum,
1 stv. Vorsitzender
des öffentl. Rats des Bauministeriums RF, Mitglied des
Expertenrats bei der Regierung RF - Open Government,
Mitglied der
Regierungskommission für Wettbewerb u.
Entwicklung kleiner u. mittlerer Unternehmen,
Berater
des Bürgermeisters von Moskau auf ehrenamtlicher Basis
u. Mitglied einer Reihe anderer
Fachorganisationen.
2006 wurde Kazinec der Titel "Ehrenhafter Baumeister
Russlands“ u. 2015 wurde ihm der
Ehrentitel "Verdienter Baumeister RF" verliehen.
Als gefragter
Experte für den Wohnbausektor u. die -politik. tritt
Kazinec des öftern in den Medien u. an Konferenzen auf.
Breitere Bekanntheit erlangte
Kazinec u.a. nach zwei Aufsehen erregenden Interviews mit der
Zeitschrift Ogonjok, in denen er einige etwas
radikalen Aussagen mit polit. Sprengkraft tätigte, die
singemäss wie folgt wiedergegeben wurden: Unter dem Titel "Mein
liebes Moskau“ erläuterte Kazinec 2006 seine Ideen von
sozialer Innovation zusammenfassend so: „Für Einwohner
Moskaus, die nicht viel verdienen, wird die Bezahlung der
Stromrechnungen eine Belastung sein. Die Frage ist, was soll
man machen? Anscheinend müssen sie hier raus. Ich möchte nicht
völlig zynisch klingen, aber Moskau ist eine sehr teure Stadt.
Wenn jemand kommt u. sagt: "Ich verdiene 300 USD u. möchte im
Zentrum, am Arbat, wohnen“, ist das unmöglich! Das ist nicht
seine Stadt. Moskau hat sich zu einer internationalen
Metropole entwickelt. Hier muss es hohe Preise geben. In
London versuchen Sie auch nicht, ein Brötchen für 12 Kopeken
zu kaufen. Um hier leben zu können, muss man viel verdienen.
Und um all das Geld zu verdienen, muss man hart arbeiten. Und
in unserem Land will niemand hart arbeiten. Und wer wirklich
hart arbeitet, lebt überall sehr gut. Wenn die
Immobilienpreise hier extrem hoch sind, schützt das die
Hauptstadt. Und wenn die Preise nicht extrem hoch sind, wird
Moskau zu Delhi oder Mexiko-Stadt – ein täglicher Albtraum."
Im 2. Interview von 2007 unter dem Titel "Moskau ist die richtige Party“ sagte
Kazinec der Ogonjok: „Wenn Sie keinen
Stress haben möchten, gehen Sie woanders hin, ziehen Sie in
eine abgelegene Stadt u. fahren Sie zu Verwandten nach Moskau,
3 Std. mit dem Zug, das ist in Ordnung. Die Leute müssen
aufhören zu glauben, dass man in Moskau mit 300 USD im Monat
leben kann. Seien Sie ehrlich: Wenn Sie in dieser Stadt nicht
ein paar 1000 USD im Monat verdienen, haben Sie hier nichts zu
tun. Wenn Sie verdienen wollen, so verdienen Sie. In Moskau
stehen Sie während einer Fahrt 2 Std. lang im Stau. Moskau
wird komfortabel, grün u. schön, sobald es die paternalist.
Politik aufgibt. Im Zentrum sind 70% der Gebäude
uninteressant. Ich bin dafür, den gesamten /Bau/Müll in der
Stadt zu beseitigen." Dazu schien auch das - wohl etwas
baufällige - konstruktivist. histor. Gebäude der Don- Bäder in Moskau, erbaut 1930, zu
gehören, das 2013 auf Initiative von "Barkli" abgerissen
wurde, nachdem "Barkli" 50 Mln. USD für den Kauf u. die
Registrierung des Grundstücks ausgab. Die Einleitung des
Abrisses histor. Gebäude durch "Barkli" löste in der
Öffentlichkeit grosse Empörung u. uneindeutige Einschätzungen
von Experten aus.
Sport: Als Sportler ist Kazinec
Kandidat für den Sportmeistertitel im Bergsteigen u.
Segeln, er ist internationaler Meister im
Fallschirmspringen, mehrfacher Meister Russlands u.
Preisträger der Weltmeisterschaften im
Fallschirmspringen u. ist 2x im "Guinness-Buch der
Rekorde" aufgeführt.)
KAKIEV, Said-Magomed Shamaevich
(tschetschen. Soldat/Kämpfer, Offizier der russ. Armee, der
1989-91 in der Sowjetarmee im Aufklärungsbataillon des
transkaukas. Militärbezirks diente u. sich auch an der
Niederschlagung des bewaffneten Konflikts in Berg-Karabach
beteiligte.
Im Gegensatz zu anderen tschetschen. moskautreuen
Streitkräften in Tschetschenien sind Kakiev u. seine
Männer keine ehem. Rebellen. Nachdem s. Dzhokhar Dudaev in
Tschetschenien an die Macht gekommen war, schloss sich
Kakiev der Anti-Dudaev-Koalition an, er gehörte während
des 1. Tschetschenienkriegs also zu den wenigen
tschetschen. Militärkräften, die auf russ. Seite gegen
Dudaev kämpften. 1993 wurde er schwer verletzt, als sein
Granatwerfer bei einem erfolglosen Anschlag auf Dudaev
explodierte. Nach
seiner Genesung kehrte Kakiev 1994 nach Tschetschenien
zurück, um den Widerstand gegen Dudaev fortzusetzen. Im Nov.
1994 nahm er am gescheiterten Angriff auf Groznyj durch die
tschetschen. Opposition teil, u. im Jan. 1995 war er an der
Erstürmung Groznyjs durch die Bundesstreitkräfte beteiligt.
Ende 1996 erklärte s. Aslan Maskhadov Kakiev für vogelfrei
u. versprach eine Belohnung für seine Ermordung, während
seine Verwandten verfolgt wurden. Kakiev floh nach
Rostov/Don u. trat in die 22. Brigade des
Verteidigungsministeriums RF ein. Einigen Quellen zufolge
erfüllte er während dieser Zeit für den GRU Aufgaben in Inguschetien u.
Dagestan. Als die russ. Armee im Sept. 1999 nach dem
tschetschen. Einfall in Dagestan u. den Bombenanschlägen auf
Wohnhäuser in Russland in Tschetschenien einmarschierte u.
den 2. Tschetschenienkrieg begann, kehrte Kakiev nach
Tschetschenien zurück, wo er zum stv. Leiter einer
Kreisverwaltung ernannt wurde. Im Dez. 1999 trat er in die
russ. Armee ein. Mit einigen Anti-Maskhadov-Rebellen
gründete er eine Spezialkompanie der 42. motorisierten
Schützendivision der russ. Armee - die erste tschetschen.
Einheit auf russ. Seite im 2. Tschetschenienkrieg - u.
marschierte in Groznyj ein. Während der Schlacht von
Komsomolskoe gelang es den von Kakiev kommandierten
Streitkräften, die von s. Ruslan Gelaev kommandierten
Streitkräfte einzuschliessen. Im Okt. 2002 wurde Kakiev
durch ein Dekret Präsident Putins der Titel "Held Russlands“
verliehen; er erhielt 2x den Tapferkeitsorden "für Mut u.
Heldentum", den/das er bei der Ausübung seines
Militärdienstes im Nordkaukasus gezeigt habe. Im Sept. 2003
wurde sein gepanzerter Personaltransporter durch eine von
Gelaev-Kämpfern gelegte Mine in die Luft gesprengt, wobei
ein Cousin Kakievs getötet wurde u. 15 Personen, darunter
Kakiev selbst, verletzt wurden. Im Winter 2003-4 war Kakiev
an der Jagd auf Gelaev beteiligt, wobei die Operation zu
Gelaevs Tod führte. Nach der aktiven Kriegsphase war Kakiev
2003-7 Anführer des GRU Specnaz Special
Battalion "Zapad" /"West"/, das von seiner
Spezialfirma reorganisiert wurde u. Anti-Terror-Operationen
in Tschetschenien ausführte. Im Gegensatz zu anderen
moskautreuen Fraktionen nahm "Zapad" keine ehem. Rebellen in
die Organisation auf. In Tschetschenien wurden seine Männer
manchmal als "Kakievcy" bezeichnet /vgl. Kadirovcy"/. Da
Kakiev den Clan von s. Ramzan Kadyrov nicht mochte,
unterstützte er s. Umar Dzhabrailovs Bruder Khusejn
Dzhabrailov, den Gegenkandidaten Kadyrovs, während des
Wahlkampfs 2003/4 zur Präsidentschaft von Tschetschenien.
Kakiev, der als einer der legendärsten u. angesehendsten
Kommandeure in Tschetschenien gilt, lehnte jeden Vorschlag
einer Unterordnung unter die Hierarchie Ramzan Kadyrovs oder
s. Sulim Jamadaevs ab. Nachdem er zweimal dem Tod entrann,
soll Kakiev ein frommer Sufi-Muslim geworden sein. Nach
seinem Ausscheiden aus dem Kommando von "Zapad" wurde er
nicht wie die Jamadeaevs eliminiert, sondern Ende 2007 zum
stv. Militärkommissar Tschetscheniens für
militärpatriotische Jugenderziehung ernannt. Das Lied "Unser Bataillonskommandant Said-Magomed“,
aufgeführt von dem bekannten kremlnahen russ. Sänger s.
Aleksandr Bujnov, ist dem "Helden Russlands" Said-Magomed
Kakiev gewidmet.)
KALACHJOV, Konstantin
Eduardovich (bekannter russ.
"Polittechnologe" u. Politiker. Nach
seinem Studium an der Fakultät für Geschichte des nach V.I.
Lenin benannten Moskauer Staatl. Pädagogischen Instituts
arbeitete er als Lehrer. Später wurde er Mitglied des
Instituts für Politische Studien. Ende Dez. 1993 gründete er
die "Partei der Bierfreunde", die 1994 vom
Justizministerium RF zugelassen wurde, u. war deren
Generalsekretär. Nachdem die Partei 1998 nicht mehr
zugelassen wurde, war er als Imagemaker bei Wahlen in den
Volga-Regionen - Volgograder Gebiet, Udmurtien - sowie in
Burjätien u. Primorskij kraj tätig u. leitete die
Beratungsagentur "Staraja Ploshchad". Nach der Wahl s.
Evgenij Ishchenkos zum Bürgermeister von Volgograd 2003
wurde Kalachjov sein Stellvertreter. Auserdem war er Mtglied
des Redaktionsrats der Zeitschrift Politische
Technologien u. arbeitete im Zentralen
Exekutivkomitee der Partei "Einiges Russland". Als politischer
Berater war oder ist er Leiter der "Politischen
Expertengruppe" u. Autor des "Index der Wählbarkeit von
Subjektoberhäuptern der RF". Seit 2009 gehört Kalachjov laut
Obshchaja gazeta zu den 20 besten
Politiktechnologen Russlands u. zu den TOP-10 der Experten
des Politconsultings der "Wahlvereinigug der
Polittechnologen" IZBASS. Er arbeitete als politischer
Stratege für die Partei "Einiges Russland" in den Regionen
u. in ihrer Zentralen Wahlkommission. Nach der Ernennung s.
Sergej Kirienkos zum 1. stv. Leiter der Präsidialverwaltung
RF im Herbst 2016 nahm Kalachjov an geschlossenen Sitzungen
von Politologen teil, die sich mit Fragen der Organisation
der Präsidentschaftswahlen 2018 beschäftigten.)
KALASHNIKOV, Aleksandr
Petrovich II III (ehem.? russ.
KGB/FSB-Offizier im Rang eines Generalleutnants. Absolvent
der Novosibirsker Höheren Militärkommandoschule der
Internen Truppen des Innenministeriums der UdSSR. 1985-7
befehligte er eine Einheit des Innenministeriums der
UdSSR, zu deren Aufgaben die Eskortierung der Verhafteten
in den sog. "Stolypin"-Wagen gehörte. Seit 1987 war er im
Dienst des KGB der UdSSR, dann des FSB der RF tätig. Er absolvierte
die Höheren Kurse für militär. Spionageabwehr des KGB der
UdSSR in Novosibirsk, 1995 die Akademie des FSB RF in
Moskau. Er begann als Sicherheitsbeamter zu arbeiten u.
wurde dann stv. Leiter einer Abteilung des Zentralapparats
des FSB RF. Es gelang ihm, in die Abteilung „M“ des FSB zu
kommen, wo er andere Sicherheitsbeamte beaufsichtigte. Im
Juni 2011 wurde er zum Leiter der FSB-Direktion für die
Republik Komi ernannt, wo er bis Mai 2017 tätig war. Im
Mai 2017 wurde er zum Leiter der FSB-Direktion für das
Land Krasnojarsk ernannt. Im Okt. 2019 wurde er per Dekret
des Präsidenten RF Putin zum neuen Direktor des
berüchtigten russ. Bundesgefängnisdienstes FSIN
ernannt. Wie das "Forum Freies Russland" schreibt, handelt
es sich beim FSIN um eine der grausamsten
Repressionsbehörden in Putins Russland, die Traditionen
des Gulag aufrechterhalten habe. Wie auf der Seite zu
Kalashnikov erläutert wird, wurde dieser anstelle von s.
Gennadij Kornienko, der die Abteilung 8 Jahre lang
leitete, zum neuen Leiter des FSIN ernannt. Kornienkos
Vorgänger Aleksandr Reimer wurde 2017 wegen Unterschlagung
von fast 3 Mrd. Rubel, die aus dem Budget für den Kauf
elektronischer Armbänder bereitgestellt wurden, zu 8
Jahren Gefängnis verurteilt. Unter Kornienko war einer der
korruptesten Dienste des Landes weiterhin von
Korruptionsskandalen sowie zahlreichen Fällen von Folter,
Schlägen u. Demütigungen von Gefagenen in
Justizvollzugsanstalten überwuchert. Erst 2019 musste der
FSIN mehrfach Kontrollen der Tätigkeit der eigenen
Mitarbeiter durchführen. Das "Forum" macht darauf
aufmerksam, dass Russland in Bezug auf die Todesraten in
Gefängnissen in Europa führend ist. Der FSIN sei in Putins
Russland ein schier unerschöpflicher Markt für
Regierungsaufträge u. eine Ressource für billige
Zwangsarbeiterkräfte. Der Gründer des Portals Gulagu.net, s. Vladimir Osechkin,
stellt fest, dass Kalashnikov wie Kornienko ein
„Kader-Chekist“ sei, der im KGB der UdSSR diente. Im FSIN
seien seiner Meinung nach deshalb keine grundlegenden
Veränderungen zu erwarten, d.h. weder eine Verschärfung
des Regimes der Häftlingshaft noch eine Humanisierung.
FSB-Beamte, von denen Kalashnikov stammt, hätten
ungehinderten u. unkontrollierten Zugang zu allen
Einrichtungen des FSIN u. nutzten dieses Recht
regelmässig, um mit Foltermethoden Druck auf Verdächtige
u. Gefangene auszuüben. Trotz seiner Äusserungen über
Reformen in der Abteilung u. guten Absichten, den Einsatz
menschenverachtender Methoden einzuschränken, sei
Kalashnikov den Traditionen des Gulag treu geblieben. So
wurde im Sept. 2020 bekannt, dass der Bau eines Bergbau-
u. Hüttenkomplexes zur Verarbeitung von Titanerzen u. Quarzsanden aus der
Lagerstätte Pizhma in der Republik Komi die Arbeit
von Gefangenen in Anspruch nehmen werde. Im selben Monat
starb der verurteilte Nationalist s. Maksim „Tesak“
Marcinkevich unter mysteriösen Umständen im Untersuchungsgefängnis Nr. 3 von
Tscheljabinsk. Eine unabhängige Untersuchung
bestätigte die Existenz von Spuren grausamer Folter. Im
März 2021 kündigten die US-Behörden die Einführung
persönlicher Sanktionen gegen eine Reihe hochrangiger
russ. Beamter an, darunter gegen den FSIN-Chef Aleksandr
Kalashnikov. Auch EU, USA u. Kanada setzten ihn im
Zusammenhang mit dem Vergiftungsfall von s. Aleksej
Navalnyj auf ihre Sanktionslisten. Im
Nov. 2021 wurde Generalleutnant Kalashnikov durch ein
Dekret Putins vom Posten des Leiters des FSIN entbunden.
Seine Entlassung erfolgte offenbar nach der
Veröffentlichung eines Videoarchivs von Gulagu.net, das
aus umfangreichem Material mit Videoaufzeichnungen, Fotos
u. Dokumenten im Zusammenhang mit Folter u. Gewalt in russ. Haftanstalten am Bsp. des Tuberkulose-Krankenhauses Nr. 1 des
FSIN in Saratov bestand. Nach offiziellen Angaben
existierte jedoch kein direkter Zusammenhang zwischen dem
Foltervorwurf u. der Amtsenthebung Kalashnikovs. Die
Nachrichtenagentur "Interfax" berichtete jedoch unter
Berufung auf eine gut informierte Quelle, dass
Kalashnikovs Rücktritt als FSIN-Chef sehr wohl mit den
Vorwürfen der Folter u. Gewalt gegen Sträflinge in
Verbindung stehe. Als Nachfolger Kalashnikovs im FSIN
wurde s. Arkadij Aleksandrovich Gostev bestimmt.)
KALASHNIKOV, Leonid Ivanovich
II III (russ. Politiker der KPRF u. Abgeordneter der 5.-8.
Staatsduma RF.
Absolvent der Fakultät für Maschinenbau des Ostsibir.
Technolog. Instituts in Ulan-Ude, Burjät. ASSR. 1983 kam er
nach Togliatti, wo er im Volga-Autowerk zu arbeiten begann,
u. war als Aktivist für den Komsomol tätig. 1996 zog er nach
Moskau, wo er im Bereich der Elektroenergieindustrie
arbeitete. In den frühen 2000er Jahren trat er der KPRF bei
u. war 5 Jahre lang Berater des Vorsitzenden des ZK der
KPRF, s. Gennadij Zjuganov. Seit 2006 ist oder war er
Chefredakteur der Rabochaja gazeta. Im Nov. 2008
wurde er auf dem 80. Kongress der KPRF Mitglied des
Präsidiums u. Sekretär des ZK, zuständig für internationale
u. wirtschaftl. Beziehungen der Partei. 2010
wurde ihm nach dem Tod von Julij Kvicinskij das Mandat eines
Abgeordneten der 5. Staatsduma RF übertragen. 2011 wurde er
bei den Wahlen zur 6. Staatsduma RF als Abgeordneter der
KPRF gewählt. 2014 wurde er im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen in der Ukraine auf
die Sanktionslisten der EU u. Kanadas gesetzt. 2016 wurde er
zum Abgeordneten der 7. Staatsduma RF als Mitglied der
föderalen Parteiliste der KPRF aus der
Orenburg-Samara-Gruppe gewählt. Er war Vorsitzender des
Staatsduma-Ausschusses für die Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten GUS, die eurasische Integration u. die Beziehungen
zu russ. Landsleuten. 2021 wurde er bei den Wahlen zur 8.
Staatsduma RF zum Abgeordneten in Togliatti gewählt.
Im März 2022 wurde Kalashnikov
zusammen mit 11 Abgeordneten der Staatsduma RF, die an der
Anerkennung der Unabhängigkeit der sog. Volksrepubliken" von
Lugansk u. Doneck vor dem russ. Überfall auf die Ukraine
beteiligt waren, auf die Sanktionslisten der USA, von
Kanada, Australien, GB, EU, Japan u. Schweiz gesetzt. Im
Juli 2022 wurde Kalashnikov zum ersten Mal in der Geschichte
der Staatsduma RF der Rang eines ausserordentlichen u.
bevollmächtigten Botschafters der RF verliehen, ohne einen
konkreten Ort der diplomat. Tätigkeit festzulegen. Der
Duma-Abgeordnete Kalashnikov wies für 2020 ein Einkommen von
5,465 Mln. Rubel aus, seine Frau 4,706 Mln. Rubel.)
KALASHOV, Zakharij Knjazevich
II III IV V VI VII (berühmt-berüchtigter
sowjet.-georg.-russ. Gangster, ´prominenter´ Mafiaboss u.
informelles Oberhaupt bzw. Anführer der russ. "Diebe im Gesetz" mit dem Spitznamen
"Junger Shakro". Gebürtiger Georgier, ethnischer
jesidischer Kurde. 1971-85
verbüsste er mehrere Haftstrafen, dann verliess er Georgien
u. lebte seit 1989 in Moskau. 1992 lernte Kalashov die
"Diebe im Gesetz" s. Aslan Usojan /Ded Khasan/ u. s.
Vjacheslav Ivankov /Japonchik/ kennen u. wurde selbst zu
einem der massgebendsten "Diebe im Gesetz". Nach über einem
Dutzend überlebter Attentate, hinter denen vermutlich die Izmajlovskaja-Mafia stand, zog
Kalashov 2003 nach Spanien. Dort beschäftigte er sich mit
der "Wäsche von Geldern", die von kriminellen Geschäften in
Russland u. einer Reihe anderer Länder stammten. Im Juni
2005 führten die spanischen Geheimdienste eine Operation mit
dem Codenamen "Wespe“ gegen die Anführer des russ.
organisierten Verbrechens durch, bei der mehrere Dutzend
Personen festgenommen wurden. Kalashov konnte fliehen u.
wurde erst im Mai 2006 in den VAE gefasst u. danach an
Spanien ausgeliefert. Anfang Juni 2006 wurde er von einem
span. Gericht in Madrid zu 7,5 Jahren Gefängnis u. einer
Geldstrafe von 20 Mln. Euro verurteilt. Er wurde für
schuldig befunden, illegal erworbene Gelder „gewaschen“ u.
eine kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Später wurde
das Urteil des span. Gerichts revidiert u. die Haftsstrafe
für Kalashov von 7,5 auf 9 Jahre erhöht. Die Verhaftung
Kalashovs löste in der Welt russ. Krimineller einen Streit
über sein Geschäft aus, das offenbar ausser Kontrolle
geraten war. Diese Streitigkeiten führten zu einem Krieg
zwischen Aslan Usojan u. einer anderen kriminellen Figur,
Tariel Oniani, in dessen Verlauf auch Vjacheslav Ivankov
getötet wurde. 2010 stellte Georgien beim span.
Justizministerium einen Antrag auf Auslieferung Kalashovs
zur Strafverfolgung. Dort wurde er nach Art. 144 u. 223 des
georgischen StGB in Abwesenheit zu 18 Jahren Gefängnis
verurteilt, weil er den kriminellen „Buchhalter“ Alex Crane,
der mit dem Moskauer Glücksspielgeschäft in Verbindung
stand, entführt u. eine illegale bewaffnete Gruppe
organisiert hatte. Sein Eigentum in Georgien, einschliessl.
eines Palastes mit 62 Zimmern in Tskneti, wurde vom Staat
beschlagnahmt. 2011 beschlossen die span. Behörden mit der
Zustimmung der Behörden der Emirate, dem georg. Antrag
stattzugeben u. lehnten den russ. Antrag ab, Kalashov zur
weiteren Verbüssung der Strafe nach Russland zu überführen.
Kalashov wurde jedoch gestattet, beim Obersten Gerichtshof
von Spanien Berufung gegen die Auslieferung einzulegen. Im
Okt. 2014 entschied das Gericht, ihn nach Russland
abzuschieben u. nicht nach Georgien zur Verbüssung seiner
Strafe auszuliefern. Der Grund für diesen Entscheid ist
nicht ganz klar, aber eine mögliche Erklärung war die
Unterstützung der span. Seite durch die russ.
Ermittlungsbehörden bei der Aufdeckung des russ.
organisierten Verbrechens in Spanien. Ende Okt. 2014 kehrte
Kalashov nach seiner Haftentlassung in Spanien nach Russland
zurück u. wurde nach einem "Präventivgespräch" mit
Vertretern des Innenministeriums RF freigelassen. Georgien
beantragte seine Auslieferung, was jedoch mit der Begründung
abgelehnt wurde, dass Kalashov die russ. Staatsangehörigkeit
besitze. Nach dem Tod einiger krimineller "Autoritäten" galt
Kalashov als wahrscheinlichster Kandidat für den Posten
eines informellen Anführers der organisierten Kriminalität
im postsowjet. Raum.
Im Dez. 2015 war Kalashov zusammen mit anderen in eine Schiesserei in der Rochdelskaja-Strasse
in Moskau verwickelt, die das Ergebnis einer Gelderpressung
eines Restaurantbesitzers war. Die an der Schiesserei
beteiligten Komplizen Kochujkov, "der Italiener" genannt",
u. Romanov wurden festgenommen. Später, so die Ermittlungen,
bemühte sich Kalashov für ein Bestechungsgeld von etwa 1
Mln. USD die eingeleiteten Verfahren gegen seine Kollegen
neu zu beurteilen u. sie aus dem Gefängnis herauszuholen. Im
Juni 2016 wurden Kochujkov u. Romanov tatsächlich offiziell
freigelassen, aber wegen Gelderpressung sofort erneut
festgenommen. Im Juli 2016 wurde Kalashov selbst wegen
Erpressung festgenommen u. der Polizei übergeben. Eine Woche
später verhaftete der FSB in diesem Zusammenhang 4 leitende
Beamte des Untersuchungsausschusses wegen der
Bestechungsaffäre. Unter der Leitung eines anderen Beamten,
des leitenden Ermittlers für besonders wichtige Fälle Andrej
Suprunenko, kam die Untersuchung zu dem Schluss, dass die
Erpresser als Teil einer organisierten kriminellen
Vereinigung handelten. In der Folge wurde ein weiteres
Strafverfahren nach Art. 210 StGB RF eröffnet, wobei Teil
4 dieses Art., der für die Organisation einer kriminellen
Vereinigung bestimmt ist, auf Kalashov angewendet
wurde. Das Gesetz sieht eine lebenslängliche
Haftstrafe vor. 2018 wurde er von einem Moskauer Gericht
wegen Erpressung zu 9 Jahren u. 10 Monaten Haft in einem
Straflager mit strengem Vollzug verurteilt. Das
Nikulinskij-Bezirksgericht befand Kalashov gemäss Art. 163
Teil 3 Abs. "a, b“ StGB RF wegen "Erpressung unter Anwendung
von Gewalt durch eine organisierte Gruppe mit dem Ziel, sich
Eigentum in besonders grossem Umfang anzueignen" für
schuldig. Die Staatsanwaltschaft bestand auf einer
Freiheitsstrafe von 10 Jahren u. einer Geldstrafe von 700
Tsd. Rubel. Nach einer Pressemeldung von 2020 sass das
informelle Oberhaupt bzw. der Anführer der russ. "Diebe im
Gesetz" Zakharij Kalashov im Straflager
№2 /ИК-2/
im Dorf Dvubratskij im
Distrikt Ust-Labinsk
des Krasnodarer Landes in Südrussland ein.)
KALIMATOV, Makhmud-Ali
Maksharipovich II (russ.-inguschet.
Politiker, Anwalt. Oberhaupt der Republik Inguschetien seit
Sept. 2019. Absolvent der Jurist. Fakultät der
Staatsuniversität Kujbyshev. In den 1990ern arbeitete er als
Staatsanwaltt u. Ermittler des Gebiets u. der Stadt
Kujbyshev, später Samara. 2004 wurde er auf Anordnung des
Generalstaatsanwalts RF zum Staatsanwalt von Inguschetien
ernannt. Ab 2012 Berater des Gouverneurs des Gebiets Samara.
2015 wurde er auf Anordnung des Ministers für natürliche
Ressourcen u. Ökologie RF zum Leiter der Verwaltung des
Föderalen Dienstes für die Überwachung im Bereich der
Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen /Rosprirodnadzor/ für
das Gebiet Samara ernannt. Im Juni 2019 ernannte der
Präsident RF Vladimir Putin nach dem vorzeitigen Rücktritt
des Oberhaupts von Inguschetien, s. Junus-Bek Evkurov,
Makhmud-Ali Kalimatov zum Interimschef von Inguschetien. Im
Sept. 2019 stimmte die Volksversammlung Inguschetiens über 3
von Putin ausgewählte Kandidaten für die Führung der
Republik ab: Makhmud-Ali Kalimatov, Uruskhan Evloev u.
Magomed Zurabov. 31 Abgeordnete stimmten ab, davon 27 für
Kalimatov. Nach der Abstimmung wurde er für 5 Jahre mit den
Befugnissen des Oberhaupts der Republik Inguschetien
ausgestattet. Ende
Jan. 2020 entliess Kalimatov die Regierung Inguschetiens aus
unklaren Gründen u. ernannte einen ethnischen Russen,
Konstantin Surikov, zum MP der Republik.
Vom "Forum Freies Russland" wird Kalimatov der öffentl.
Unterstützung für den
von Putin im Feb. 2022 entfesselten russ. Angriffskrieg gegen die
Ukraine
beschuldigt. Er ist im Bericht „1500 Kriegstreiber“ erwähnt,
der vom Forum erstellt wurde: Das Forum strebt Sanktionen
gegen diese Personen in der EU an.)
KALIMULLIN, Dmitrij Rafaelevich
II III
IV (russ. Jurist u.
Regierungsbeamter. Absolvent der Fakultät für Geschichte u.
der Fakultät für Rechtswissenschaften der Staatl.
Lomonosov-Universität Moskau. In den 1990ern war er Berater
der Abteilung für Expertise u. Prognosen der "Most-Gruppe"
von s. Vladimir Gusinskij, Referent für internationale
Fragen beim Vorstandsvorsitzenden der Aktienhandelsbank
"Neftek", Berater des Vorstandsvorsitzenden der
Aktienhandelsbank "Transcredit", ehem. Vorsitzender
des Staatssicherheitskomitees der Tatarischen ASSR - ab 1995
Abteilung des Föderalen Sicherheitsdienstes der Republik
Tatarstan. 1997 wechselte
er in die Verwaltung des Präsidenten RF s. Boris Elcyn u.
wurde Berater des Referentenbüros des Präsidenten RF, dann
Chefberater des Referentenbüros des Präsidenten RF. Er
behielt seinen Posten, nachdem s. Vladimir Putin 2000 zum
Präsidenten RF gewählt worden war. 2001-4 war er Referent
des Präsidenten RF, 2004-8 Leiter des Referentenbüros des
Präsidenten RF. Ab 2006
Vorstandsvorsitzender der "Nationalbank für
Handelsentwicklung" /Lizenz 2014 entzogen/. 2008
wechselte er in den Apparat der Regierung RF. 2008-12 war er
Direktor der Abteilung für die Vorbereitung von Texten
öffentl. Reden des MP RF /Putin/. Im Mai 2012 kehrte er in
die Verwaltung des Präsidenten RF zurück, wo er erneut das
Referentenbüro des Präsidenten RF /Putin/ leitete. Im Juni
2018 wurde er zum Assistenten des Präsidenten RF u. zum
Leiter des Referentenbüros des Präsidenten RF ernannt.
Amtierender Staatsrat RF I. Klasse /2004/, ausgezeichnet mit
dem Orden "Für Verdienste um das Vaterland" IV /2013/, dem
"Aleksandr Nevskij"-Ehrenorden u. der
Dankbarkeitsanerkennung der Regierung RF /2009/ u. des
Präsidenten RF /2021/.
Einkommen: Die Höhe des deklarierten Einkommens
Kalimullins für 2017 belief sich auf 5,558 Mln. Rubel, der
Ehepartner deklarierte 405 Tsd. Rubel. Die entsprechenden
Zahlen von 2018 sind 7,313 Mln. Rubel, Ehepartner 100 Tsd.
Rubel; 2019 34,568 Mln. Rubel, Ehepartner 322 Tsd. Rubel;
2020: 10,391 Mln. Rubel, Ehepartner 2,138 Mln. Rubel; 2021:
10,164 Mln. Rubel, Ehepartner 1,894 Mln. Rubel.)
KALININ, Aleksandr
Vladimirovich
II IIa III IV V VI VII VIII IX X XI XII (bekannter russ. Krimineller u.
Anführer der inoffiziellen Organisation "Christlicher Staat – Heiliges
Russland" CSHR/ChGSR. Anfang
2017 schickte der von Aleksandr Kalinin aus Lipeck
angeführte CSHR/ChGSR brisante Briefe an die Kinos
Russlands, in denen die Absage des umstrittenen Films "Matilda" des Regisseurs s.
Aleksej Uchitel gefordert u. gedroht wurde, dass sonst die
„Kinos in Flammen aufgehen würden“. In einem Interview mit
"Meduza" brachte Kalinin auch Massenevakuierungen aufgrund
falscher Meldungen über Bombendrohungen in Einkaufszentren,
Schulen u.a. Gebäuden in verschiedenen russ.
Städten mit dem Kampf gegen die öffentl. Aufführung des
Films "Matilda" in Verbindung. Am 19. Sept. 2017 wurde
Aleksandr Kalinin zusammen mit zwei mutmasslichen
Komplizen wegen des Verdachts festgenommen, das Auto
Konstantin Dobrynins, des Anwalts des Regisseurs des Films
"Matilda“ Aleksej Uchitel, in Brand gesteckt zu haben. Kalinin wurde an jenem Tag verhört,
dann gegen Kaution jedoch freigelassen, da er sich nicht
an der Brandstiftung beteiligt hatte. Im Fall der
Auto-Brandstiftung nahm ein Moskauer Gericht drei
Verdächtigte fest: einen gewissen Denis Mantaluts,
Aleksandr Kalinins Bruder Jurij u. einen gewissen
Aleksandr Bajanov. Alle
drei Täter bekannten sich in diesem Fall schuldig, das
Auto des Anwalts angezündet zu haben, u. wurden vom
Moskauer Chamovniki-Gericht Ende März 2018 zu je 2 Jahren
Gefängnis verurteilt. Dobrynin forderte, dass auch der
Führer der CSHR, Aleksandr Kalinin, wegen
Brandstiftung strafrechtlich verfolgt werden sollte u.
wandte sich deswegen sogar an den FSB-Direktor s.
Aleksandr Bortnikov mit der Bitte, diese Organisation
unter dem StGB-Artikel "Terrorismus“ zu überprüfen; über
diese Ergebnisse wurde nichts bekannt. Es
stellte sich heraus, dass die CSHR nicht beim Justizministerium
registriert war, was vom Pressesprecher des Präsidenten
RF, s. Dmitrij Peskov, im Febr. 2017 bestätigt wurde. „Das
heisst, wir sprechen im Wesentlichen über Drohungen von
anonymen Extremisten“, stellte der Kremlsprecher fest.
Aufgrund neu entdeckter
Umstände wurde Aleksandr Kalinin am 23. Sept. 2017 erneut festgenommen. Die
offizielle Vertreterin des Innenministeriums RF, Irina
Volk, gab bekannt, dass Kalinin in einem Strafverfahren
angeklagt wurde, weil er Filmverleiher gezwungen habe,
sich zu weigern, den Film "Matilda" von Aleksej Uchitel in
russ. Kinos vorzuführen. Die Anklage sei gemäss Art. 179
StGB RF wegen "Nötigung" erhoben worden.
Das Gericht habe dem
Ermittlungsantrag stattgegeben u. am 30. Sept. mit einer
Zurückhaltungsmassnahme in Bezug auf Kalinin in Form einer
Inhaftierung bis zum 22. Nov. ein Urteilt gefällt, sagte
der Pressedienst des Gerichts gegenüber TASS. Kalinin
bekannte sich nicht schuldig, berichtete "Interfax" unter
Berufung auf die Pressesprecherin des Taganskij-Gerichts,
Julija Sukhinina. Er bestreite zwar nicht, Briefe [an die
Kinos] geschickt zu haben. Er habe gesagt, dass er dies
aus religiösen Gründen getan habe, aber er gebe seine
Schuld nicht zu.
Ausserdem wurde der Anführer des
CSHR verdächtigt, an "Matilda“ Geld verdienen zu wollen.
Kalinin, könnte versuchen, die Vorführung des Films
"Matilda“ von Aleksej Uchitel aus egoistischen Motiven zu
stören, hielt die Zeitung Kommersant am 4. Okt.
fest. Der Artikel schrieb dazu, dass Kalinin u. seine
Kameraden grosse Geldsummen von Filmverleihern erhalten
wollten.
Am 10. Okt. 2017 wurde bekannt,
dass die Abgeordnete der Staatsduma RF u. ehem.
Staatsanwältin der Krym, s. Natalja Poklonskaja, beim
Generalstaatsanwalt RF s. Jurij Chajka einen Antrag auf
Verbot der Aktivitäten der CSHR-Organisation
gestellt hatte. Poklonskaja u. einige orthodoxe Gläubige,
bei denen der romanhafte Spielfilm über die Jugend des
russ. Zaren Nikolaus II. u. dessen Affäre mit der
Ballerina Matilda Kshesinskaja für Unmut gesorgt hatte,
versuchte ein Jahr lang erfolglos, die Vorführung des
Films zu verbieten, während in der Zwischenzeit Drohungen
gegen Kinos u. Kinonetzwerke begannen. Der
Film "Matilda“ kam am 26. Okt. 2017 in die russ. Kinos. Im
Aug. hatte ihm das Kulturministerium RF eine
Lizenzbescheinigung mit einer Altersfreigabe von 16+
ausgestellt. Wegen der Drohungen u. der Auto-Brandstiftung
weigerte sich jedoch in der Tat die grösste Kinokette des
Landes, den Film zu zeigen. Am
12. Okt. 2017 wurde berichtet, dass der CSHR-Anführer
Kalinin, der festgenommen worden war, weil er Verleiher
genötigt hatte, die Vorführung des Films "Matilda“ zu
verweigern, auch wegen "Extremismus" angeklagt wurde. Laut
einer informierten Quelle wurde die Anklage erhoben,
nachdem die Ermittler von Kalinins Fall mit dessen
Beteiligung im Internet gepostete Videos untersucht
hatten, in denen Muslime beleidigt worden sein sollen.
Kalinin wurde in U-Haft gesetzt.
Wie "Interfax" am 24. Sept.
2018 sich auf eine gut informierte Quelle berufend
mitteilte, sei Kalinin am Vortag aus der U-Haft
entlassen worden. Er musste sich jedoch schriftlich
verpflichten, den Wohnort nicht zu verlassen u. sich
anständig zu verhalten. Im Nov. 2019 wurde Kalinin zu 1
Jahr in einem Straflager mit strengem Vollzug verurteilt,
aber im Zusammenhang mit der Verbüssung der Zeit in der
U-Haft wurde er aus dem Gerichtssaal entlassen. Die
Entscheidung wurde vom Gericht der Stadt Grjazi des
Gebiets Lipeck getroffen. Dem Anführer des CSHR waren in 4
Fällen "Nötigung" u. "Anstiftung zu Hass oder Feindschaft"
vorgeworfen worden. Wie "RIA Novosti" im Gericht erklärte,
sei Kalinin nur im Anklagepunkt der "Nötigung" verurteilt
worden, während der StGB-Artikel über "Aufstachelung zu
Hass oder Feindschaft“ inzwischen teilweise
entkriminalisiert worden sei. Nach Bekanntgabe des Urteils
sagte Kalinin, dass er gegen die Entscheidung des Gerichts
keine Berufung einlegen werde, bekannte sich jedoch in der
Sache nicht schuldig, wie TASS mitteilte. Ausserdem lehnte
das Gericht die Forderungen Aleksej Uchitels ab, ihn als
Opfer der Machenschaften Kalinins bzw. des CSHR anzuerkennen u. ihn mit einem
Schmerzensgeld in der Höhe von 1 Mrd. 50 Mln. Rubel zu
entschädigen. Das Kinonetzwerk "Kinomax" gab im Laufe des
Prozesses die Forderung nach entgangenem Gewinn von 50
Mln. Rubel auf.
Frühere
Straftaten u. Vorbestrafung: Am 28. Sept. 2017
informierte die Pressesprecherin des Gerichts des Landes
Krasnojarsk, Natalja Mishanina, über die kriminelle
Vergangenheit des CSHR-Anführers Kalinin, der wegen Mordes
vorbestraft war. Das Gericht
stellte fest, dass Kalinin im Juli 2002 zusammen mit zwei
drogenabhängigen Komplizen in Norilsk eine Frau ausgeraubt
u. getötet hatte. Bei dem Opfer handelte es sich um
eine befreundete Nachbarin der Mutter Kalinins, die
im gleichen Treppenhaus wohnte u. als Managerin in
einem Grossunternehmen der Stadt arbeitete u. offenbar
eine grössere Summe flüssigen Geldes bei sich in der
Wohnung aufbewahrt hatte. Zwei drogenabhängige Bekannte
Kalinins hätten von der ´Geldnachbarin´ erfahren u.
beschlossen, sie auszurauben. Da die Nachbarin Fremden
jedoch die Tür nicht geöffnet habe, hätten sie
beschlossen, das Licht auf dem Treppenabsatz
„auszuschalten“, in der Hoffnung, sie aus der Wohnung zu
locken. Kalinin sei zu diesem Zeitpunkt gerade am Computer
gesessen u. habe mit wenig Freude auf den Stromausfall
reagiert. Ein anderer Nachbar sei aus seiner Wohnung
herausgekommen, um den Strom wiederherzustellen u. das
Licht einzuschalten. Die Drogenabhängigen hätten ihn dann
bewusstlos geschlagen. In diesem Moment sei Kalinin auf
den Flur hinausgetreten, um selbst nachzuschauen, was los
sei. Er habe seine Kameraden entdeckt, die ihm von ihrer
Idee erzählt u. ihm angeboten hätten, sich dem Raub
anzuschliessen. Da die Nachbarin Kalinin kenne, würde sie
ihn schon in ihre Wohnung hineinlassen. So könne man sie
am besten ausrauben. Alles sollte so aussehen, als hätte
Kalinin damit nichts zu tun. Im
Stadtgericht Norilsk wurden Pressevertetern die Einzelheiten
von Kalinins Verbrechen nacherzählt. Demnach brachen
bzw. drangen die drei ´Freunde´
[in die Wohnung der Nachbarin] ein, nahmen
75 Tsd. Rubel an sich u. erwürgten die Frau, um keine
Spuren zu hinterlassen, u. gingen von dannen. Der
Nachbarin sei der Mund mit Klebeband zugeklebt worden, sie
sei gefesselt u. mit einem Schleier überzogen worden,
präzisierte der Bericht des Landesgerichts
Krasnojarsk. Die Räuber hätten die Wohnung nach Geld
durchsucht u. an verschiedenen Stellen - unter dem
Schrank, in Nachttischen u. Büchern - insgesamt 75 Tsd.
Rubel gefunden. Dann hätten sie beschlossen, die
Bewohnerin als Zeugin zu töten. Sie hätten einen Draht
gefunden u. das Opfer erwürgt. Die Leiche sei ins
Badezimmer geschafft worden. Das Geld sei zu gleichen
Teilen aufgeteilt worden, je 25 Tsd. Rubel pro Kopf.
Um zu erklären, woher er das Geld habe, habe Kalinin
gesagt, dass ihm dieses Geld wegen der künftigen
Renovierung mehrerer Wohnungen im voraus übergeben worden
sei. Kalinin
wurde im Sept. 2002 festgenommen u. im Mai 2003 zu 8
Jahren und 6 Monaten in einem Straflager mit strengem
Vollzug verurteilt; im Juni trat das Urteil in Kraft.
Das
Gericht erklärte diese relativ kurze Haftzeit u.a. damit,
dass Kalinin zunächst selbst keinen Nachbarn ausrauben
wollte u. sich seinen Kameraden, diesen
Drogensüchtigen, anschloss. Die zwei Komplizen bestanden
darauf, dass der Mord zu Dritt durchgeführt wurde. Die
Komplizen erhielten jeweils 12,5 Jahre Haft.
Der
Pressedienst des Gerichts teilte auch mit, dass Kalinin
aus der Stadt Grjazi
im Gebiet Lipeck stamme. Er sei jedoch im Bezirk
Talnakh bei Norilsk aufgewachsen, wo er seine kriminellen
"Aktivitäten" begonnen habe. Einst sei er als Zimmermann
in einem Unternehmen angestellt gewesen u. habe auch
Wohnungsreparaturen ausgeführt. Er habe diese Arbeit
aber nicht sehr geliebt. Um jedoch die Anstellung nicht zu
verlieren, habe er sich entschieden, eine Krankschreibung
vorzutäuschen. Und bald habe er gemerkt, dass er gut darin
sei u. man damit sogar Geld verdienen konnte. So habe
Kalinin ein „Geschäft"
zur Herstellung gefälschter Dokumente „eröffnet".
Kalinin wurde nach Art. 327 StGB RF wegen "Fälschung,
Herstellung u. Verkauf von Dokumenten“ angeklagt. Es
konnten zwei Fälle von Fälschungen nachgewiesen werden.
Aber es sei möglich, dass es noch mehr gewesen waren. Ende
Jan. 2003 wurde Kalinin dafür zu 2 Jahren Gefängnis mit
2-jähriger Bewährungsfrist verurteilt. Nach Haftzeitende
beschloss Kalinin, nicht nach Norilsk zurückzukehren. Kurz
nach seiner Freilassung erlangte Kalinin im Internet
einige Popularität u. schrieb in einem Blog über seine
„Besessenheit vom Teufel“. Kalinin zog in das Gebiet
Lipeck, von wo er stammte u. wo einst sein Vater lebte. Er
habe versucht, seine Leidenschaft für Geld zu
verwirklichen, indem er Unternehmer geworden sei – so habe
er sich z.B. an der Börse betätigt. In einem Interview mit
MK vor seiner Verhaftung behauptete Kalinin, dass
er „eine höhere jurist. Ausbildung in Norilsk erhalten u.
dort eine Anwaltskanzlei gehabt", aber „alles verkauft"
habe. Anscheinend hatte Kalinin im Gebiet Lipeck keinen
geschäftlichen Erfolg gehabt.)
KALININ, Jurij Ivanovich
II
(russ. Ministerialbeamter, Politiker u.
Unternehmungsfunktionär. Absolvent des D. I.
Kurskij-Rechtsinstituts in Saratov. In den 1990ern
leitete er die Hauptverwaltung für die Vollstreckung von
Strafen /GUIN/ des Innenministeriums RF, die das gesamte
Strafvollzugssystem Russlands verwaltete. Im 1997 wurde
er wegen Verdachts auf finanziellen Missbrauch seines
Postens enthoben, was später nicht bestätigt wurde. 1997
stv. Abteilungsleiter im Justizministeriums RF. Als 1998
die GUIN in die Zuständigkeit des Justizministeriums RF
überführt u. Vladimir Jalunin ihr neuer Leiter
wurde, begann Kalinin, die Arbeit der Verwaltung als
stv. Minister zu beaufsichtigen. Als im Zuge der
Verwaltungsreform von 2004 die GUIN aus dem
Justizministerium RF in ein eigenständiges föderales
Exekutivorgan – den Föderalen Strafvollzugsdienst FSIN
RF – ausgegliedert wurde, wurde Kalinin zum Leiter des
neuen Dienstes ernannt. Als er im Nov. 2006 seinen
Rücktritt ankündigte, blieb dies folgenlos u. Kalinin
behielt bis Aug. 2009 sein Amt. 2009-10 stv.
Justizminister RF. Als Politiker war Kalinin 2010-12
Vertreter der Gesetzgebenden Versammlung des Gebiets
Penza im Föderationsrat RF tätig u. wurde Mitglied u.
stv. Vorsitzender des Ausschusses für Recht u. Justiz
des Föderationsrats u. danach Mitglied des Ausschusses
für Haushalt u. Finanzmärkte des Föderationsrats. Im
Dez. 2012 wurde Kalinin zum Vizepräsidenten des russ.
Mineralölunternehmens "Rosneft" u. im März 2013 zum
Vizepräsidenten für Personal u. Soziales von "Rosneft"
ernannt. Seit Feb. 2013 ist er Vorstandsmitglied u. seit
Okt. 2014 stv. Vorstandsvorsitzender von "Rosneft".
Vom "Forum Freies Russland" wird Kalinin der öffentl.
Unterstützung für den
von Putin im Feb. 2022 entfesselten russ. Angriffskrieg gegen
die Ukraine
beschuldigt. Er ist im Bericht „1500 Kriegstreiber“
erwähnt, der vom Forum erstellt wurde: Das Forum
strebt Sanktionen gegen diese Personen in der EU an.)
KALINOVSKIJ, Sergej Arturovich
(gew. russ. Journalist in Smolensk, eines der ersten Opfer
eines ungeklärten Mordes an einen Journalisten am Anfang
der Putin-Ära.
Anfang 2000er Jahre veröffentlichte seine Zeitung Moskovskij
komsomolec - Smolensk, deren Chefredakteur er war,
Materialien zu kriminellen u. polit. Themen. Ende März 2001
fing Kalinovskijs Wohnung aus unbekannten Gründen Feuer.
Experten, die den Vorfall untersuchten, kamen zu dem
Schluss, dass keine Brandstiftung vorlag. Nicht einmal
Kalinovskij selbst war sich dessen ganz sicher. Das
Pressezentrum der Gebietsverwaltung von Smolensk berichtete,
dass der Leiter der Verwaltung „die abscheulichen Methoden
der psycholog. Beeinflussung von Journalisten u.
Repressalien gegen sie wegen der Verbreitung von
Informationen, die jemandem nicht passen“, scharf
verurteilte. Am 14. Dez. 2001 verliess Kalinovskij sein Haus
u. kehrte nicht zurück. Bevor er losging, sagte er seinen
Eltern, dass er eine Versammlung besuchen u. spät
zurückkommen würde. In Begleitung eines jungen Mannes
schritt Kalinovskij in Richtung Nikolaev-Strasse. Der
Journalist wurde nie wieder gesehen. Zunächst versuchten
seine Kollegen, Kalinovskij auf eigene Faust zu finden, u.
wandten sich dann an die Strafverfolgungsbehörden. Anfang
April 2002 wurde die Leiche Kalinovskijs am Ufer eines Sees
im Gebiet Smolensk entdeckt. An seinem Körper wurden
zahlreiche Prellungen u. Wunden festgestellt. Der Mord wurde
jedoch nie aufgeklärt, das Strafverfahren immer wieder
eröffnet u. eingestellt.)
KALLAS, Kaja II 2014-21: II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI XXXII XXXIII XXXIV XXXV XXXVI XXXVII XXXVIII XXXIX XL XLI XLII
XLIII XLIV XLV XLVI XLVII XLVIII XLIX L LI LII LIII LIV
LV LVI LVII LVIII LIX LX LXI
LXII LXIII LXIV LXV LXVI LXVII LXVIII 2022-: II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII XVIII XIX XX XXI XXII XXIII XXIV XXV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI XXXII XXXIII XXXIV XXXV XXXVI XXXVII XXXVIII XXXIX XL XLI XLII XLIII XLIV XLV XLVI XLVII XLVIII XLIX L LI LII LIII LIV LV LVI LVII LVIII LIX LX LXI LXII 2023-: II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV XVI XVII
(estnische Juristin u.
Spitzenpolitikerin, Ministerpräsidentin der Republik
Estland. Tochter des ehem. estn. Unabhängigkeitsaktivisten
von 1989, Zentrabankpräsidenten u. Vizepräsidenen der
EU-Kommission Siim Kallas. Seit 2018 führt Kaja Kallas, die
selbst Abgeordnete im Europäischen Parlament war,
die von ihrem Vater 1994 gegründeten liberale, westlich
orientierte Estnische
Reformpartei an.
Seit 2021 ist sie Regierungschefin von Estland u. die 1.
Frau an der Spitze der Regierung des Landes. Im März 2023 gewann ihre Partei die
Parlamentswahlen in Estland
haushoch erneut u. konnte den Anteil ihrer Partei sogar
auf 31,2% steigern, übrigens dank des
Beitrags der elektron. Stimmen, die ein Markenzeichen
Estlands sind.
Angesichts
des von
Putin im Feb. 2022
entfesselten russ.
Angriffskriegs gegen die
Ukraine trat Kallas engagiert, energisch, hart
u. unmissverständlich gegenüber Russland auf, weshalb sie
als "Eiserne Lady" tituliert wurde. Im Aug. 2022 drückte sie
in einem Gespräch mit dem "Weltspiegel" im Zusammenhang mit dem
EU-Visa- u. Einreisestopp für Russen die Hoffnung aus, dass
Russland u. der Kreml derart stark unter Druck geraten wird,
dass es seine Aggression gegen die Ukraine aufgibt. Der
Krieg sei in den Händen der Russen, die ihre Truppen
zurückziehen u. den Krieg beenden könnten. In einem Gespräch
mit der Zeit vom Sept. 2022
bejahte sie nach 7 Kriegsmonaten die Frage, ob man Russland
als Terrorstaat einstufen könne oder sollte. Man verhandle
nicht mit Terroristen, die wie Geiselnehmer vorgingen,
sagte sie, u. äusserte sich ablehnend gegenüber
eventuellen Zugeständnissen an Russland. Der Westen
habe in der Vergangenheit in den Fällen Krym, Donbass u.
Georgien schon genug Zugeständnisse gemacht. Es sei
inakzeptabel, wenn Russland drohe, etwas fordere, was ihm
nie gehört habe, Angst schüre, Zugeständnisse verweigere
u. darauf warte, bis irgendjemand im Westen einem etwas
anbiete, wie dies die Russen praktizierten. Sie
freute sich darüber, dass die EU geeint gegenüber Russland
blieb u. der Ukraine geholfen habe, dass sie sich
verteidigen könne. Die gemeinsame Botschaft an Russland
müsse lauten: Ihr könnt diesen Krieg nicht gewinnen. Diese
Botschaft müsse man permanent wiederholen. Denn zahle sich
die russ. Aggression aus, sei das wie eine Einladung zur
Nachahmung. Russland müsse sich hinter seine Grenzen
zurückziehen. Die Ukrainer müssten jedoch selbst entscheiden
können, wo diese Grenzen verlaufen sollen. Künftige
Verhandlungen könnten sich ihrer Meinung nach nur darum
drehen, unter welchen Bedingungen Russland sich hinter seine
Grenzen zurückzieht. Wie wir uns jetzt zu Russland stellen,
sei entscheidend für den Frieden in Europa. „Wenn die Russen
in der Ukraine gewinnen, werden sie weitergehen. Wenn wir
keinen Krieg in ganz Europa haben wollen, müssen wir die
Russen jetzt stoppen." Man müsse Russland „in
internationalen Organisationen politisch isolieren, bis
sie merken, dass sie allein sind." Die
Wirtschaftssanktionen wirkten in diese Richtung. Der Druck
auf Russland müsse „noch schmerzhafter" werden.
Ausserdem müsse der Internationale Strafgerichtshof die
Kriegsverbrechen in der Ukraine untersuchen. Zur
Verantwortung des russ. Volkes meinte Kallas: Zwar sei dies
ein Krieg Putins, aber es seien v.a. „gewöhnliche Russen,
russ. Staatsbürger, die in der Ukraine Frauen vergewaltigen
u. Zivilisten foltern". Und die Propagandisten des russ. TV
würden ihren Beitrag zum Krieg leisten u. Verbrechen
ermöglichen. Unter diesen Umständen könne man nicht
behaupten, dass dies nur Putins Krieg sei. Kallas warnte
davor, die Russen von der Verantwortung für den Krieg
pauschal freizusprechen: „Auch in Autokratien tragen die
Menschen Verantwortung". Ausserdem sei ein Blick in die
Geschichte wichtig. Für die früher von den Sowjets
besetzten Länder habe Frieden Deportation, Unterdrückung
u. Verstaatlichung des Privateigentums bedeutet.
Dies könne sich unter erneuter russ. Besatzung
wiederholen. Deshalb dürfe man das Schicksal der
Baltischen Staaten nach dem 2. WK nicht vergessen. Am Jahrestag der russ. Invasion
zeigte Kallas Bewunderung für den Mut der
UkrainerInnen, die Welt müsse denselben Mut zeigen, um die Ukraine zu unterstützen,
bis der letzte russ. Soldat abgezogen sei. Freiheit sei
nicht umsonst, man müsse dafür kämpfen. Ihr eigenes Land
sei entschlossent, sich zu verteidigen. Estland habe die
Verteidigungslast auf fast 3% erhöht. Alle europäischen
Länder müssten mehr in Ihre Verteidigung investieren.
Russland stelle mit seinem konventionellen u. hybriden
Krieg eine langfristige Bedrohung dar. Die Ukraine müsse
gewinnen u. der Aggressor müsse zurückgedrängt werden.
Wir dürften keine Angst vor den russ. Terror-Drohungen
haben. Die Verantwortlichen des Kriegs müssten zur
Rechenschaft gezogen werden. In die Schlagzeilen u. unter polit. Druck geriet Kallas
Ende Aug. 2023, nachdem bekannt geworden war, dass ihr
Ehemann Arvo Hallik an einem Transportunternehmen
beteiligt ist, das trotz des russ. Angriffskriegs gegen
die Ukraine u. der westlichen Sanktionen gegen Russland,
die auch von Estland tatkräftig unterstützt werden, bis
zuletzt geschäftl. Verbindungen mit Russland unterhielt.
Während die Opposition ihren Rücktritt forderte,
beteuerte Kallas, von den Russland-Geschäften ihres
Ehemanns nichts gewusst zu haben /II III IV V/. Im Feb. 2024 wurde Kallas auf
die Fahndungsliste Russlands gesetzt.
Der Kreml wirft ihr u.a. vor, sie habe durch die
Zerstörung sowjet. Denkmäler des 2. WKs Verbrechen an
Russlands Geschichte begangen. Trotz ihrer Erfolgreichen
Karriere geriet Kallas inzwischen allerdings
unter Druck: In einer im März 2024
durchgeführten Umfrage forderten 66% der Befragten ihren
Rücktritt. Bei den Europawahlen vom Juni
2024 fiel ihre "Reformpartei" bei den
Wähleranteilen auf den 3. Rang zurück, hinter
die Konkurrenzparteien - Sozialdemokraten u.
Konservativen. Nachdem sie 2023 noch als
Nachfolgerin von NATO-Generalsekretär s. Jens
Stoltenberg gehandelt wurde, wurde sie im Juni
2024 wurde Kallas, eine er schärfsten
Kreml-Kritiker, als EU-Aussenbeauftragte ernannt
/II/.)
06.24
KALMANOVICH, Shabtaj Genrikhovich (gew.
aus Sowjetlitauen stammender jüdisch-israel. u. russ.
Unternehmer. Seine Mutter war eine Holocaust-Überlebende,
die nach ihrer Flucht aus der NS-Gefangenschaft im 9. Fort
in Kaunas, wo Kalmanovich geboren wurde, von einer
litauischen Familie aufgenommen wurde. Nach seinem Studium
des Chemieingenieurwesens trat er in die Sowjetarmee
ein. Als seine Kommandeure erfuhren, dass seine Familie
plant, nach Israel auszuwandern, wurde er zur jüdischen
Verwaltung des KGB vorgeladen u. als Spion rekrutiert, um
die Auswanderungsverfahren für sich und seine Familie zu
beschleunigen. 1971 reiste er mit seiner Familie nach
Erhalt der Ausreisegenehmigungen nach Israel aus.
Dort studierte er an der
Hebräischen Universität in Jerusalem u. begann, sich in der
Wirtschaft u. der
Arbeitspartei zu
engagieren. Er arbeitete
im Presseamt der Regierung u. als parlamentar. Berater in
der Knesset. Seine regierungsnahen Ämter
verschafften ihm Zugang zu Informationen über eine israel.
Organisation, die Kontakte zu Juden in der Sowjetunion u.
anderen Ostblockstaaten unterhielt. Kalmanovich war von
seinem KGB-Sachbearbeiter angewiesen worden, diese
Organisation zu infiltrieren u. Informationen über ihre
Aktivitäten an den KGB weiterzugeben. Kalmanovich wurde
Geschäftsmann, nachdem der KGB Investitionen für ihn in
Israel finanziert hatte. Er wurde reich, indem er zusammen
mit anderen israel., südafrikan. u. taiwan. Geschäftsleuten
billige Arbeitskräfte im südafrikan. Homeland Bophuthatswana ausbeutete. Er lebte u.
arbeitete zeitweise in Sierra Leone, wo er im
Diamantenhandel ein Vermögen machte u. als Repräsentant für
Israel tätig war. Sein Reichenstatus ermöglichte es ihm,
sich mit wichtigen israel. Persönlichkeiten anzufreunden,
darunter hohe Geheimdienstoffiziere u. Generäle wie ein IDF-Brigadegeneral, mit dem er durch
Afrika reiste. Dazu gehörten auch Kontakte zu
Knesset-Mitgliedern u. Kabinettsministern, die er zu
verschwenderischen Partys in seiner Villa in einem
Nobelviertel von Tel Aviv einlud. Mitte der 1980er Jahre
begannen seine geschäftl. Unternehmungen jedoch
zusammenzubrechen. Während eines Besuchs in GB 1987 wurde
Kalmanovich von der britischen Polizei festgenommen, weil er
angeblich über 2 Mln. USD in Form von gefälschten Schecks in
die USA überwiesen hatte. Er wurde an die USA ausgeliefert,
um gegen Kaution wieder freigelassen zu werden u. nach
Israel zurückzukehren. Dort wurde er festgenommen u. wegen
Spionage angeklagt. Seine häufigen Reisen in die SU u. die
DDR hatten den Verdacht des israel. Geheimdienstes geweckt.
Laut Anklage hatte Kalmanovich über einen Zeitraum von 17
Jahren Informationen an die Sowjets weitergegeben. 1988
wurde er von einem israel. Gericht wegen Spionage zugunsten
der UdSSR zu 9 Jahren Gefängnis verurteilt u. verbrachte 5,5
Jahre in einem israel. Gefängnis. Nach Aussagen einiger
ehem. Mitarbeiter der GRU des Generalstabs der Streitkräfte
der UdSSR war Kalmanovich kein Vollzeitagent der
Sonderdienste der UdSSR gewesen, sondern „er
war ein interessanter ´Informant´, mit dem unsere Leute so
arbeiteten, dass er darüber nichts erriet". 1993 wurde er
begnadigt u. freigelassen. Nach seiner Haftentlassung kehrte
er nach Russland zurück, wo er mit s. Iosif
Kobzon mehrere Firmen unter der
Bezeichnung "Liat-Natali“ gründete u. eines der grössten
Pharmaunternehmen Russlands unterhielt. Später unterstützte
er den Wiederaufbau eines Marktes auf dem Tischinsker Platz
in Moskau. Ausserdem war er Eigentümer des
Dorogomilovskij-Marktes. Kalmanovich, eine der
schillerndsten Unternehmerfiguren der neuruss.
"Gründerzeit", pflegte Kontakte mit der Mafia, so mit dem
Unterweltpaten s. Vjacheslav Ivankov,
genannt „Japontschik“, u. dem Mafiaboss der Solncevo-Bruderschaft s. Sergej
Mikhajlov. Für den Erfolg des bedeutendsten litauischen
Basketballvereins
"Žalgiris" Kaunas, der Kalmanovich
gehörte u. in den er nach eigenen Angaben 1996-9 6,5 Mln.
USD investierte, verlieh ihm der litauische Präsident den
"Orden des litauischen Grossfürten Gediminas". Als
Philanthrop spendete Kalmanovich grosse Summen für die
Renovierung der Kaunasser Synagoge. In
den frühen 2000er Jahren war Kalmanovich General Manager des
Frauen-Basketballclubs der "Ural Mining and Metallurgical Company"
in Ekaterinburg u. Besitzer des Frauen-Basketballteams "Spartak" Moskau, für das er jährlich 7
Mln. USD ausgab. Ausserdem organisierte er Russland-Tourneen
von berühmten Weltpopstars u. war Berater des Gouverneurs
des Moskauer Gebiets s. Boris Gromov.
Catherine Belton bezeichnete Kalmanovich in ihrem Buch
"Putins Netz", S. 213f., als einen, der der
„undurchsichtigen Schnittmenge zwischen den
Sicherheitskräften u. dem organisierten Verbrechen
entstammte". Er habe mit einem Geschäftsmann
zusammengearbeitet, der über den Petersburger Hafen Ost aus
Südamerika importiert habe, u. gemäss einer anderen Quelle
sollen auf diesem Weg auch andere Waren ins Land
geschmuggelt worden sein. Das FBI habe ihn als „einen
mächtigen Verbündeten der Solncevskaja" betrachtet, der über
„Verbindungen zu ehem. KGB-Agenten u. hochrangigen
Regierungsmitgliedern in Russland, Israel u.a. anderen
Staaten ..." verfügte. Wie
Catherine Belton in ihrem Buch weiter ausführte, war
Kalmanovich ein Freunde der Familie von s. Anatolij Sobchak,
des legendären ehem. Bürgermeisters von SPB. In einem Interview mit der Novaja gazeta
von Nov. 2012 erzählte Sobchaks Witwe s. Ljudmila Narusova,
dass die Person, die den toten Sobchak zum ersten Mal in
Kaliningrad gesehen u. ihr viel darüber erzählt habe, was
dort passiert sei, Shabtaj Kalmanovich gewesen sei. Da
Sobchak am 19. Feb. 2000
aber in einem Zimmer des Hotels "Rus" in Svetlogorsk starb,
spielte sich der Vorfall in Svetlogorsk u. nicht in
Kaliningad ab, wie von Belton festgehalten. Die Komsomolskaja pravda schrieb
im Aug. 2019: „Anatolij
Sobchak starb am 19. Feb. 2000 in einem Zimmer des Hotels
"Rus", als er sich auf einer Geschäftsreise in Svetlogorsk
befand. Vor seinem Tod speiste Anatolij Aleksandrovich mit
seinen Assistenten. Der Politiker verliess zuerst den Tisch.
Eine halbe Stunde später betrat der Unternehmer u. General
Manager des russ. Frauen-Basketballteams Shabtaj
Kalmanovich, der den Politiker auf dessen Reise begleitete,
Sobchaks Zimmer. Nach Angaben des Kaufmanns starb Anatolij
Aleksandrovich in seinen Armen."
Kalmanovich war Bürger von 3 Staaten - Litauen, Russland u.
Israel - u. sprach mehr als 10 Sprachen.
Ermordung: Anfang
Nov. 2009 wurde Kalmanovich im Zentrum von Moskau getötet.
Die Mörder feuerten mehrere Salven aus automat. Waffen auf
Kalmanovichs Mercedes ab. Der Geschäftsmann erlag noch vor
Ort seinen Verletzungen. Die Ermittlung hielt seine
Ermordung für einen Auftragsmord. Vladimir Markin vom
Untersuchungsausschuss der Staatsanwaltschaft RF erklärte,
dass der Vorfall das Ergebnis eines „Auftagsmords“ gewesen
sei u. dass der Mord wahrscheinlich „in Verbindung mit
seiner Geschäftstätigkeit“ stand. 2011 wurden die
Ermittlungen in dem Fall eingestellt, während, wie berichtet
wurde, „weder die Täter noch die Auftraggeber, noch die
Organisatoren der Tat gefunden werden konnten“. 2019 stellte
der Untersuchungsausschuss vor Gericht einen Antrag auf
Festnahme zweier Tatverdächtiger. 2021 verkündete der
Untersuchungsausschuss RF den Abschluss der Ermittlungen im
Fall des Auftragsmords an Kalmanovich, der in ein separates
Verfahren ausgegliedert wurde. Im Juli 2022 befanden die
Geschworenen die Angeklagten Bagaudin Kostoev, Ali
Belkhoroev u. Batyr Tumgoev der Teilnahme an der Ermordung
Kalmanovichs für schuldig, während Kostoev als direkter
Mörder anerkannt wurde. Im Sept. 2022 verurteilte das
Gericht die 3 Angeklagten im Mordfall Kalmanovich zu 18 bis
22 Jahren Haft in einer Strafvollzugsanstalt mit strengem
Regime.)
KALUGIN, Oleg Danilovich
II III IV V VI
VII VIII IXa IXb IXc (ehem.
KGB-General/major
u. ehem.
Leiter des KGB-Auslandsnachrichtendienstes bzw.
Ex-Abteilungsleiter der Gegenspionage im KGB UdSSR,
der in den USA als KGB-Spion tätig war. Sohn eines Offiziers
des NKVD. 1995 verliess er Russland, wurde US-Staatsbürger
u. in Russland wegen Hochverrats angeklagt u. verurteilt.
Sowjetzeit: Nach seiner Fremdsprachenausbildung
/Englisch u. Deutsch/ am Institut für Fremdsprachen des
Ministeriums für Staatssicherheit der UdSSR u. einer
Weiterbildung an der "Spionagehochschule Nr. 101" des KGB
beim Ministerrat der UdSSR in der Nähe von Balashikha bei
Moskau - bei Eintritt in die KPdSU u. Erhebung in den
militär. Rang - wurde er als Teil des internationalen
Jugendaustauschs in die USA gesandt, wo er sich 1958 mit
einem Fulbright-Stipendium als Journalismusstudent an der
Columbia University NY einschrieb, übrigens zusammen mit s.
Aleksandr Jakovlev. Daneben gab er sich einige Jahre unter
journalist. Deckmantel ohne Diplomatenstatus als
Korrespondent von "Radio Moskau" bei der UNO aus. Während
seines Aufenthalts in den USA wrb er in geheimer
Zusammenarbeit mit dem KGB unter dem Undercover-Pseudonym
„Cook“ einen "reuigen“ sowjet. Überläufer an, der in einem
grossen US-Chemiekonzern an geheimen Brennstoffen für
strateg. Raketen arbeitete, was der Ausgangspunkt für den
Start einer fulminanten u. ungestümen Karriere im KGB-System
war. 1964 kehrte er nach Moskau zurück, um unter dem
Deckmantel des Pressesprechers im sowjet. Aussenministerium
zu dienen. Dann wurde Kalugin unter dem Deckmantel des
stv. Presseattachés der sowjet. Botschaft nach
Washington DC, USA, abkommandiert. In Wirklichkeit war er
stv. Resident u. amtierender Leiter der Residenz der
dortigen Sowjetbotschaft. 1971 wechselte Oberst Kalugin,
nachdem er zuvor aus den USA in die UdSSR zurückgekehrt war,
seine Spezialisierung: Vom polit. Geheimdienst wechselte er
zur internen Spionageabwehr. Dies bedeutete eine wesentliche
Beförderung, die ihm Neider bescherte. 1972 wurde Oberst
Kalugin stv. Leiter der legendären Abteilung "K", u.
nach Versetzung von deren Leiter 1973 stv. Leiter der 2.
Hauptverwaltung des KGB. 1972-9 unternahm er immer wieder
kurzfristige Inspektionsreisen zu KGB-Residenturen im
Ausland. 1974 wurde er, als einer der besten Offiziere des
KGB anerkannt, zum jüngsten General befördert. Anschliessend
kehrte er in die KGB-Zentrale zurück, um Leiter der ausländ.
Spionageabwehr oder Abteilung "K" der 1. Hauptverwaltung zu
werden. In diese Zeit fiel die berühmte Londoner
Regenschirm-Ermordung des bulgar. Schriftstellers Georgi Markov, die weltweit Wellen
schlug, u. für die Kalugin hohe Auszeichnungen erhielt /die
Ermordung sei auf Anfrage von Todor Zhivkov erfolgt u. auf
Befehl des KGB-Chefs Jurij Andropov vom bulgar.
Geheimdienst durchgeführt worden/, obwohl
Kalugin auf Befehl 2 KGB-Agenten mit den Mordwerkzeugen
nach Sofija geschickt haben will. Gift u. Regenschirm
stammten aus dem berüchtigten Labor Nummer 12 in Moskau.
Bulgar. Agenten probierten den Regenschirm-Anschlag zuerst
in Paris an dem Dissidenten Vladimir Kostov aus, aber der
Versuch misslang. 1975 wurde Kalugin der Orden des
"Roten Banners" für seine persönl. Beteiligung an der
Durchführung einer Operation verliehen, um Nikolaj Artamonov
- einen sog. „Lerchen“-Agenten -, der in Washington durch
Täuschung angeworben wurde, in die UdSSR zu locken, den der
KGB verdächtigte, ein Doppelspiel zu spielen u. mit den
US-Geheimdiensten zusammenzuarbeiten. Als
Artamonov bei seiner Entführung über die
österreich.-tschechoslowak. Grenze durch die Hand einer
KGB-Einsatzgruppe ums Leben kam, wurde Kalugin von einem
ehem. KGB-Offizier namens Aleksandr Sokolov direkt für den
vorsätzlichen Mord an einem Doppelagenten verantwortlich
gemacht.
Kritik am KGB: Kalugins Karriere beim KGB der UdSSR
fand jedoch Ende 1979 - Anfang 1980 ein abruptes Ende. 1980
wurde Kalugin aufgrund einer Intrige von s. Vladimir
Krjuchkov, damals ein enger Vertrauter von Jurij Andropov,
der von Kalugin privat kritisiert worden war, zum stv.
Leiter des Leningrader KGB degradiert u. von der
Auslandspionageabwehr zur gewöhnlichen Spionageabwehr
versetzt. Kalugin wurde beschuldigt, vor 20 Jahren einen
Agenten angeworben zu haben, von dem der KGB wahrscheinlich
fälschlicherweise glaubte, dass er tatsächlich ein US-Spion
war. Das liess Kalugin, der verdächtigt wurde, für die CIA
zu arbeiten, selbst als Sicherheitsrisiko erscheinen, aber
es gab keine Beweise. Kalugin ergriff die Gelegenheit, die
Politik u. Methoden der Agentur u. als stalinist. polit.
Polizei zu kritisieren. Er beklagte sich u.a. darüber, dass
der KGB die Korruption in den höchsten Kreisen der sowjet.
Gesellschaft übersehe, während er die einfachen Leute
terrorisiere. 1987 schrieb Kalugin einen Brief u.
übermittelte ihn via s. Aleksandr Jakovlev an s. Mikhail
Gorbachjov, in dem er die Notwendigkeit einer Reform des KGB
begründete, einschliesslich seiner Entpolitisierung u.
Auflösung, der Beseitigung des polit. Ermittlungssystems,
der strikten Rechenschaftspflicht des KGB gegenüber dem
Parlament u. der öffentl. Berichterstattung vieler Aspekte
seiner Aktivitäten. Danach kehrte Kalugin von Leningrad nach
Moskau zurück. Dort erhielt er eine Anstellung als
Abteilungsleiter im Apparat der Akademie der Wissenschaften
der UdSSR u. arbeitete dann im Ministerium für elektronische
Industrie der UdSSR, wo er deren Spionageabwehrunterstützung
durch den KGB der UdSSR überwachte.
Als Generalmajor Kalugin 1989 das Rentenalter erreichte,
wurde er in die Reserve u. dann in den Ruhestand versetzt.
1990-1 hielt er an Hochschulen Vorträge über die
Einsatzpraxis von Journalisten im Interesse der
Sonderdienste u. die Aktivitäten von Mitarbeitern der
Sonderdienste unter dem Deckmantel journalist.
Akkreditierungen in verschiedenen Ländern der Welt. Ende
Juni 1990 gab der KGB eine Erklärung ab, in der Kalugins
Aussagen als verleumderisch bezeichnet wurden. Sodann
wurden Kalugin auf Vorschlag des KGB durch ein Dekret des
Präsidenten der UdSSR von Ende Juni 1990 die staatl.
Auszeichnungen aberkannt u. durch ein Dekret des
Ministerrates der UdSSR der Rang des Generalmajors
entzogen u. eine persönl. Rente von 350 Rubel pro Monat u.
andere Leistungen annulliert. Auf Anordnung des
KGB-Vorsitzenden wurde ihm auch das Abzeichen
„Ehrenbeamter der Staatssicherheit“ aberkannt. Kalugin
bewertete diese Entscheidungen als illegal u. verklagte
Ryzhkov u. Gorbachjov erfolglos. Trotz des
Widerstands des KGB wurde Kalugin im Sept. 1990 als
Volksabgeordneter aus dem Land Krasnodar mit
57% der Stimmen in den Obersten Sowjet gewählt. Während des Wahlkampfs war Oleg
Tumanov, ein KGB-Offizier, als Widersacher von Kalugins
Kandidatur aufgetreten, der den Ex-General des Hochverrats
beschuldigte. Im Juli 1990 verliess Kalugin die KPdSU u.
beteiligte sich an der demokrat. Bewegung, sprach auf
Massenkundgebungen in Moskau. Im Okt. 1990 nahm er am
Gründungskongress der Bewegung "Demokrat. Russland“ teil.
Er trat auch der Organisation "Military for Democracy"
bei. Laut dem erwähnten ehem. KGB-Offizier Sokolov sei
Kalugins Verhaftung 1991 unvermeidlich gewesen: „Kalugin
begann jedoch „auf Anraten von Freunden“ Schutz unter der
Flagge der Demokraten zu suchen“.
Rolle während des Putschversuchs 1991: Kalugin
wurde ein entschiedener Unterstützer von s. Boris Elcyn, dem
Präsidenten der RSFSR. Während des gescheiterten Putschversuchs vom Aug. 1991 führte
er unter der Führung des KGB-Vorsitzenden s. Vladimir
Krjuchkov Menschenmassen zum "Weissen Haus" in Moskau, dem
Zentrum der Anti-Putsch-Bewegung, u. veranlasste Elcyn, sich
an die Menge zu wenden. Nach dem gescheiterten Putsch wurden Kalugin per Dekret des
Präsidenten der UdSSR seine Auszeichnungen u. Titel
zurückgegeben u. er selbst wurde unbezahlter
Berater des neuen u. letzten KGB-Vorsitzenden Vadim Bakatin. Lautstark sagte
Kalugin der Presse, dass der KGB in Zukunft keine polit.
Funktionen u. keine geheimen Labors zur Herstellung von
Giften u. Geheimwaffen haben sollte.
Emigration in die USA:
1995 fuhr Kalugin zum Arbeiten in die USA, ohne
Absicht, sich dauerhaft niederzulassen. Dort war zuvor sein
aufschlussreiches Buch "Die Erste Hauptverwaltung. Meine 32
Jahre im Geheimdienst u. in der Spionage gegen den Westen“
erschienen. Ausserdem trat er als Zeuge bei Prozessen gegen
identifizierte u. festgenommene Agenten des KGB u. des SVR
auf. Im Juni 2001 sagte Kalugin im Spionageprozess gegen
George Trofimoff aus, einen pensionierten Colonel der United
States Army Reserve, der in den 1970-80er Jahren wegen
Spionage für den KGB angeklagt war. 2003 erhielt
Kalugin die US-amerikan. Staatsbürgerschaft; er lebt in
Maryland u. engagiert sich in der Öffentlichkeit, in der
Lehre als Professor des "Center for the Study of
Intelligence and Counterintelligence" u. in journalist.
Bereichen. Er schrieb an einem weiteren Buch über Spionage
im Kalten Krieg u. arbeitete mit dem ehem. CIA-Direktor
William Colby zusammen. In der 2. Ausgabe des erwähnten
Buchs von 1994, die 2009 unter dem Titel
"Spymaster" veröffentlicht wurde, lieferte Kalugin
zusätzliche Einzelheiten zu einigen Fällen, die der Autor in
der Erstausgabe nur kurz angesprochen hatte. Laut Kalugin
habe er nie einen sowjet. Agenten verraten, ausser der
Erwähnung derer, die dem westlichen Geheimdienst bereits
bekannt waren. Er nannte Geheimdienstüberläufer wie s. Oleg
Gordievsky "Verräter".
Fernverfolgung,
Anklage u. Verurteilung Kalugins in Putins Russland:
Mit der Rückkehr von Elementen
des KGB an die Macht, insbes. s. Vladimir Putins als
Staatspräsident Russlands, geriet Kalugin erneut unter
Druck. In Russland wurden Kalugins
öffentliche Äusserungen u. Aussagen vor US-Gerichten von
seinen ehem. Kollegen in den Staatssicherheitsbehörden der
UdSSR als Verrat angesehen. Insbes. der pensionierte
KGB-General Nikolaj Leonov u. der pensionierte
KGB-Generalleutnant Vadim Kirpichenko äusserten sich in
diesem Sinn. Der zukünftige Präsident Russlands, Oberst des
KGB der Reserve der UdSSR V.V. Putin, nannte Kalugin Anfang
2000 öffentlich einen Verräter. Im März 2001 gab die
Hauptmilitärstaatsanwaltschaft RF bekannt, dass gegen
Kalugin ein Strafverfahren wegen Preisgabe von
Staatsgeheimnissen eingeleitet werden könne. Kalugin
kommentierte die Situation mit der Enthüllung Robert
Hanssens für eine US-Zeitung u. bezeichnete Evgenij Toropov
u. Sergej Tretjakov, Diplomaten, die sich in Kanada bzw. den
USA aufhielten, als Spione. Die Staatsanwaltschaft RF war
der Ansicht, dass die Preisgabe der Namen dieser
Geheimdienstmitarbeiter als Preisgabe von Staatsgeheimnissen
eingestuft werden könnte. 2002 wurden Kalugin gemäss eines
Urteils des Moskauer Stadtgerichts der militär. Rang eines
Generalmajors des KGB der UdSSR, alle 22 staatl.
Auszeichnungen der UdSSR u. die ihm zustehende persönl.
Rente entzogen, die er in den USA seit seinem Umzug 1995
erhielt. Das Moskauer Stadtgericht befand Kalugin des
Hochverrats u. der
Spionage für den Westen für
schuldig u. verurteilte ihn zu 15 Jahren Freiheitsentzug in
einer Haftanstalt mit strengem Vollzug.
Der ehem. Leiter des KGB-Auslandsnachrichtendienstes habe
durch öffentl. Berichte über die Arbeit des sowjet.
Geheimdiensts der „nationalen
Sicherheit Russlands geschadet", lautete die Begründung des
Gerichts. Das "Zentrum
für Öffentlichkeitsarbeit" des FSB kommentierte das Urteil u. sagte,
Kalugins Weigerung, nach Russland zurückzukehren, um
persönlich an dem Prozess teilzunehmen, bestätige erneut
sein Bewusstsein seiner Schuld gegenüber dem Staat u. seinen
Bürgern. Der Leiter des Pressebüros des SVR, Boris Labusov, sagte, dass der
Erhalt der US-Staatsbürgerschaft durch den ehem. KGB-General
der UdSSR „ein weiteres Mal die Tatsache bestätigt, dass er
ein Verräter ist“. Kalugin selbst erkannte die Zuständigkeit
der russ. Gerichte nicht an, ihn wegen des Vorwurfs der
Offenlegung von Geheimnissen des 1991 aufgelösten KGB u. der
untergegangenen UdSSR, auf die er den Militäreid leistete,
strafrechtlich zu verfolgen. Kalugin
bezeichnete das Urteil als „Sowjetjustiz, die heute
wirklich triumphiert“, u. äusserte Zweifel an der
Objektivität von Gerichtsverfahren, den sog.
"Spionage“-Prozessen, wie sie in Putins Russland geführt
werden. S. Viktor Cherkashin, ehem. Oberst der 1.
Hauptverwaltung KGB, der Kalugin seit über 60 Jahren kennt,
charakterisierte ihn im Aug. 2015 als einen gelehrten,
herausragenden, aktiven u. erfolgreichen Agenten, der Opfer
einer „Inszenierung“ /bzw. Intrige/ geworden sei. Er
betonte, dass die verbreitete Version, Kalugin sei vor
langer Zeit von den Amerikanern rekrutiert worden, nicht
wahr sei. Kalugins Verhalten in den USA nach 1995, wo er
dazu beitrug, dass sowjet. Agenten an Russland ausgeliefert
wurden, wo diese zu langjährigen Haftstrafen verurteilt
wurden, erklärte Cherkashin mit den Besonderheiten der
US-Gesetzgebung u. insbes. mit dem
US-Einbürgerungsverfahren. Bei der Beantragung der
US-Staatsbürgerschaft sei nach dem Recht dieses Staates
jeder Bewerber verpflichtet, absolut wahrheitsgetreu über
seine bisherige Tätigkeit zu berichten, egal was er getan
habe. Wenn ein Gesuchsteller etwas verschweige, erhalte er
die US-Staatsbürgerschaft nicht. Nach diesem Gesetz,
erklärte Cherkashin, habe FSB-Generalmajor Kalugin, der um
die US-Staatsbürgerschaft bat, „bereits a priori alles über
seinen Dienst beim KGB der UdSSR erzählen müssen, u. er
konnte natürlich viel erzählen.“ Ohne Kalugins Tat zu
rechtfertigen, erinnerte Cherkashin gleichzeitig daran, dass
unter den gleichen Bedingungen wie Kalugin andere
Geheimnisträger die US-Staatsbürgerschaft erhalten hätten u.
nannte prominente Bsp. wie Chruschtschows Sohn Sergej
Nikitich, der in der Raketen- u. Verteidigungsindustrie
arbeitete u. über die Entwicklungen des sowjet.
militär.-industriellen Komplexes Bescheid wusste. In einem Interview von 2015 nannte
Kalugin das verstorbene Oberhaupt der russ.-orth. Kirche,
Patriarch s. Aleksij II. von Moskau u. ganz Russland, einen
KGB-Kollaborateur. Kalugin blieb ein Kritiker Putins, einem
ehem. KGB-Untergebenen, den er wegen seiner Führung im 2.
Tschetschenienkrieg als „Kriegsverbrecher“ bezeichnete, u.
sagte, dass er eines Tages unbedingt vor ein internationales
Tribunal gestellt u. für seine Verbrechen gegen die
Tschetschenien streng bestraft werden müsse, genau so wie
der ehem. jugoslavische Präsident Slobodan Miloševiæ.
2012 gab Kalugin s. Dmitrih Gordon in New York ein ausführliches Interview. Ab 2019 war
Kalugin Professor am "Center for Counterintelligence and
Security Studies".)
KALJUZHNYJ,
Viktor Ivanovich II (russ. Politiker; ehem. Minister
für Kraftstoff u. Energie Russlands, ehem. stv.
Aussenminister Russlands, ehem. Botschafter Russlands in
Lettland. Während seiner Zeit in Lettland wurde er von
seinen ehem. Mitarbeitern öffentlich kritisiert.
Bei einem legendären Treffen
"hinter verschlossenen Türen" mit 12 der grössten
Geschäftsleuten der Stadt Ventspils im Nov. 2004 soll der
Botschafter denkwürdige Aussagen hinterlassen haben, etwa
dass er nicht nach Lettland gekommen sei, um die Rechte der
Russen zu verteidigen, dass er die Erhaltung des
Schulsystems nicht auf Russisch verteidigen werde, dass
Russen in Kanada beispielsweise hervorragend u. erfolgreich
auf Englisch lernen, dass er die Geschäftsentwicklung als
seine Hauptaufgabe betrachte u. dass die Politik des russ.
Aussenministeriums "dumm" sei.
Vorsitzender des Aufsichtsrats
der "National Petroleum Institute Foundation".)
KALJAGIN,
Aleksandr Aleksandrovich II (sowjet. bzw. russ.
Schauspieler u. Regisseur
für Theater
u. Film.
Absolvent der Shchukin-Theaterhochschule.
Seit
seinem Studienabschluss 1965 war er an verschiedenen Bühnen
beschäftigt, u.a. am Taganka-Theater, am Tschechow-Kunsttheater
Moskau u. seit 1993 am von ihm geleiteten Theater
"Et cetera". Als Theaterregisseur
inszenierte Kaljagin in den 1980er Jahren auch in
Frankreich, USA u. der Türkei. Sein Filmdebüt gab Kaljagin
1967. In den darauf folgenden Jahren spielte er wiederholt
histor. u. literar. Rollen, darunter Franz
Schubert, Gioachino Rossini u. Lenin.
Seine Filmografie umfasst über 100 Werke. 1996
wurde Kaljagin zum Vorsitzenden der "Union der
Theaterschaffenden RF" gewählt. 2003 trat er der polit.
Partei "Einiges Russland“ bei u. wurde Mitglied des
Moskauer Regionalen Polit. Rats dieser Partei. Im Juni
2005 unterzeichnete er den Aufruf von russ.
Kulturschaffenden, Wissenschaftlern u. Mitgliedern der
Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Urteil gegen die
ehem. Chefs der Ölgesellschaft "Jukos". Der "Brief der 50“
erschien als Antwort auf einen anderen Brief, in dem
andere Kulturschaffende Russlands die Anerkennung s.
Mikhail Khodorkovskijs als polit. Gefangenen forderten.
2011 erklärte Kaljugin, dass er es nicht bereue, diesen
Brief unterschrieben zu haben. Im Feb. 2012 wurde er als
offizieller persönl. Unterstützer des
Präsidentschaftskandidaten s. Vladimir Putin registriert.
Er unterstützte
den
von Putin im Feb. 2022 entfesselten russ. Angriffskrieg gegen die
Ukraine u. forderte den
Ausschluss des bekannten russ. Regisseurs Mikhail Durnenkov aus der
Gewerkschaft der Theaterschaffenden wegen dessen Äusserungen
gegen den Ukrainekrieg, wobei Letzterer in Ungnade fiel u.
sich gezwungen sah, Russland zu verlassen, wonach gegen ihn
ein Strafverfahren wegen "Verleumdung der Armee" eingeleitet wurde.)
Neuster Stand 07.23 (25) Keine Garantie für Richtigkeit u.
Vollständigkeit der Angaben.
Fortsetzung s. K2
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